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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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schuldest? Weißt du, das Geld könnte ich gut brauchen. Ich habe dich einzig und allein deswegen noch nicht vor Gericht gezerrt, weil ich nicht will, dass die Kinder unsere Streitereien mitbekommen. Ich dachte, du würdest deinen Anteil sowieso noch leisten, und es wiedergutmachen, wenn sie aufs College kommen. Also steck dir dein geregeltes Leben und deine finanzielle Sicherheit sonst wohin. Und sag Jeremy und Bianca auch gleich, dass die Antwort ›nein‹ lautet. Jetzt muss ich arbeiten …«
    »Wie immer. Du musst immerzu arbeiten.«
    »Jemand muss schließlich die Rechnungen bezahlen«, sagte sie, »und das tut der Vater der Kinder mit seinem geregelten Leben und der finanziellen Sicherheit bestimmt nicht, oder?« Im Rückspiegel sah sie Cort Brewster über den Platz zu einem Hintereingang gehen. Er warf nicht mal einen Blick in ihre Richtung, ein schlechtes Zeichen. Sonst winkten sie einander zur Begrüßung zu. Ihr Magen zog sich zusammen.
    Lucky nahm ihre Angriffe nicht einfach hin. »Weißt du, Regan, Bianca hat recht. Du kannst wahrhaftig ein Miststück sein.«
    »Das ist nichts Neues.« Doch er hatte sie gekränkt. Indem er ihre Tochter in den Streit hineinzog, sie dort traf, wo es am meisten schmerzte. Doch sie gab nicht nach. »Sorge dafür, dass die Kinder heute Abend beide zu Hause sind. Jeremy hat Pflichten zu erfüllen, und dabei könntest du mir eigentlich den Rücken stärken. Er ist letzte Nacht verhaftet worden. Er war im Unrecht. Und wenn du Bianca zu Hause absetzt, hinterlasse mir einen Scheck. Mindestens tausend. Nein … sagen wir, zweitausend, und fang endlich an, deine Schulden abzutragen, oder, verlass dich drauf, ich zerre dich vor Gericht. Fröhliche Weihnachten!« Sie drückte das Gespräch weg und spürte, dass sie innerlich zitterte. Kein Mensch auf der Welt brachte sie so aus der Fassung wie Lucky Pescoli. Nicht mal sein niedliches Frauchen konnte sie so reizen. Vor die Wahl gestellt, würde sie wahrscheinlich lieber einen Abend mit dem Dummerchen verbringen als mit Lucky.
    Sie stieg aus dem Wagen und kochte noch immer vor Wut, als sie durch die Winterkälte zum Hintereingang des Gebäudes marschierte.
     
    Alvarez hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Und irgendetwas war faul. Absolut faul, dachte sie, als sie auf den Parkplatz des Reviers fuhr und eine Gruppe von Nachrichtenreportern zusammengedrängt vorm Haupteingang stehen sah. Die Lieferwagen hatten sie auf dem Besucherparkplatz abgestellt. Der Fall hatte frischen Wind bekommen, und die Presse war informiert. Sie wussten, dass MacGregor als »Hauptverdächtiger« verhaftet und dann am frühen Morgen wieder freigelassen worden war.
    Sie parkte auf dem Angestelltenplatz und ging zum Hintereingang, um den Reportern vor dem Haus nicht begegnen zu müssen. Kopfschmerzen drohten, ihre Nase begann zu laufen, doch um nichts in der Welt wollte sie sich jetzt einen Erkältungsvirus einfangen, nur wenige Tage vor Weihnachten, mitten in einem ungelösten Fall.
    Und die Feiertage würden es in sich haben.
    Trotz des Friedens und guten Willens der Weihnachtszeit kam es immer zu Familienstreitigkeiten, Selbstmorden und Urlaub unter den Kollegen, die mit ihren Lieben feiern wollten. Sie konnte es sich nicht leisten, weniger als hundert Prozent fit zu sein. Nicht jetzt. Sie hatte viel zu viel zu tun.
    Im Büro des Sheriffs ging es zu wie im Irrenhaus. Alles, was Beine hatte, war im Dienst. Telefone klingelten, Stiefel scharrten über den Boden. Irgendwo spie ein Kopierer summend Papier aus, und über allem schwebten kaum wahrnehmbar eingespielte Orchesterversionen von Weihnachtsklassikern.
    Selena zog ihre Jacke aus, begab sich an ihren Arbeitsplatz, rief E-Mail und Nachrichten ab und suchte dann, immer noch schniefend, den Pausenraum auf, wo sie sich einen heißen Tee zubereitete. Ihre Großmutter schwor auf heißen Tee mit Zitrone und Honig; ihr Großvater reicherte das Hausmittelchen immer noch mit ein, zwei Schuss Whiskey oder Tequila an, je nachdem, was gerade griffbereit war und Grandma Rosaritas wachsamem Auge entging. Sie tunkte den Teebeutel ins heiße Wasser und ging zu Pescolis Schreibtisch.
    Regan blätterte in einem dicken Stapel Labor- und Autopsieberichten, Zeugenaussagen und Notizen. »Ich kann es nicht glauben, dass MacGregor nicht der Mörder ist«, knurrte sie. »Jetzt stehen wir wieder ganz am Anfang.«
    »Das kommt vor«, sagte Alvarez, genauso enttäuscht wie ihre Partnerin.
    Pescoli rollte auf ihrem Stuhl zurück und

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