Der Sodom Kontrakt
würde der Telefongott ihn anrufen und ihm die Aufträge geben. Im Grunde war doch alles ganz simpel: Das Opfer beobachten, die Verhaltensweisen rauskriegen, einen Plan machen und im günstigen Moment zuschlagen. Er konnte auch viel mehr Kontrakte ausführen. Schneider war immer so vorsichtig. Auch, wenn es völlig unnötig war... Schneider gehörte zu einer älteren Generation; er war betulich und langsam. Er selbst hingegen war ein Punk. Wild und frei, nicht zu zähmen. Ein Mann, der die Zukunft noch vor sich hatte, ein Techno-Killer. Das gefiel ihm: Techno-Kid, der Wilde ohne Gesetze! Prima! Er musste darüber nachdenken. Das Kissen war zerfetzt, Federn schwebten durch das Hotelzimmer.
Er hörte Schneider sagen: “Ich bringe den Wagen, und mein Partner übernimmt die Entsorgung.” Dann beendete er das Gespräch und kam in Schmidts Zimmer, unbeeindruckt von dem Chaos, das Schmidt angerichtet hatte.
“Glauben Sie, Sie sind reif, einen Kontrakt allein und selbstständig auszuführen?”
In Schmidts Gesicht ging die Sonne auf. Der Wink des Schicksals. Er würde Gott beweisen, dass er ohne Schneider arbeiten konnte. Und dann würde Schneider sterben, wie es einem sokratischen Lehrer gebührte. Alles war schön.
“Aber ja, Herr Schneider. Ich warte schon lange auf eine Gelegenheit, zu beweisen, dass ich Ihre Lektionen begriffen habe.” Oh, wie scheinheilig! Oh, wie raffiniert!
“Ich muss den BMW loswerden. Bei Lamberts Entführung könnte man ihn gesehen haben.”
“Bekomme ich jetzt ein eigenes Auto?”
“Mal sehen. Zu Ihrem Einsatz bringe ich Sie in die Landezone.”
DORTMUND. Staatsanwalt Gutermann war überlastet. Seit Wochen musste er mit zu wenig Schlaf auskommen. Aber das war der Preis für seinen Ruf: Gutermann war der härteste Staatsanwalt der Region, und seine Verurteilungsquote erstaunlich. Er machte keine Kompromisse und konnte bei jedem Richter punkten, selbst bei den liberalsten. Die Polizei liebte ihn. Zwar war er ungeheuer anspruchsvoll und man musste ihm wasserdichte Ermittlungen vorlegen, aber er brachte die Verbrecher auch in den Knast und setzte meist das Strafhöchstmaß durch. Was seiner Meinung nach, auch das schätzten die Polizeibeamten an ihm, noch viel zu gering war.
Wilcke hatte sein Anliegen vorgetragen.
“Was brauchen Sie denn noch? Man hat einen Indianer genau in dem Block des Stadions gesehen, in dem mein wichtigster Zeuge ermordet wurde.”
“Aber wir haben keinen Beweis, dass Klaus Danner ihm den Auftrag dazu gegeben hat. Er saß zu dem Zeitpunkt in U-Haft und hatte lediglich Kontakt mit seinem Anwalt.”
“Ein Typ wie Danner hat doch Notfallpläne. Ich bin sicher, dass er schon vor langer Zeit mit seinem indianischen Killer abgesprochen hat, was in einer solchen Situation zu unternehmen ist.”
“Das ist kein Beweis. Das wissen Sie so gut wie ich.”
“Aber Danner ist der einzige, der von dem Mord an meinem Zeugen profitiert.”
“Das habe ich schon berücksichtigt. Und damit kann man auch etwas anfangen. Allerdings muss ich einen vernünftigen Richter und einen guten Tag haben, um damit durchzukommen.”
“Ich habe Kubeks schriftliche Aussage. Die bricht Danner das Genick.”
“Die Kinderpornographie ist der Punkt. Mit Kinderpornographie kann ich verschiedene Löcher in der Anklagekette stopfen. Aber drei Videos sind ein bisschen wenig.”
“Also, ich finde es zynisch, da quantitative statt qualitative Maßstäbe anzulegen.”
Gutermann lächelte. Er legte die Zähne in seinem spitzen Wolfsgesicht frei. “Ein guter Satz. Den darf ich doch verwenden?”
“Sie dürfen alles verwenden, wenn Sie nur Karibik-Klaus von der Piste nehmen. Ich schreibe Ihnen Reden, wenn es sein muss. Übrigens: Was ist an dem Gerücht, dass Sie für den Landtag kandidieren werden?”
“Für den Bundestag. Obwohl ich parteilos bin, hat man es mir nahegelegt. Einen sicheren Listenplatz.”
“Großartig. Vielleicht werden Sie in der nächsten Koalition Innen- oder Justizminister.”
“Ich muss mich erst mal mit dem Amt eines Staatssekretärs begnügen.”
“Egal. Wir - die gesamte Polizei - brauchen einen Mann wie Sie in Bonn.”
“In Berlin.”
“Klar, in Berlin. Was ist nun?”
Gutermann seufzte. “Nehmen Sie die Akte noch mal mit. Machen Sie sie wasserdicht. Schreiben Sie mir Ihre persönlichen Schlussfolgerungen gesondert auf, ohne Durchschlag. Gehen Sie alles noch mal durch. Setzen Sie jeden Fakt in Beziehung zur Beweiskette gegen Danner. Wenn Sie das
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