Der Sodom Kontrakt
Herr Gill wollte sich heute bei Ihnen melden, um...”
“Das hat er schon getan. Ich treffe mich in einer Stunde mit ihm.”
“Oh? Aber er hat mir ausdrücklich gesagt, ich sollte heute einen Termin mit Ihnen machen. Wegen der besonderen Situation, in der Herr Gill unglücklicherweise ist.”
“Er hat mich selbst angerufen.”
“Schön. Auch gut. Dann steht der Termin in Bochum, im...”
“Wieso Bochum? Wir haben uns an der Hohensyburg verabredet. In den Neuen Ruhrterrassen. Soll ich jetzt nach Bochum?”
“Aber nein. Wie dumm von mir. Natürlich will er sich mit Ihnen an der Hohensyburg treffen. Ich habe das durcheinandergebracht - mit einem anderen Termin. Ja, manchmal weiß die Rechte nicht, was die Linke tut. Ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung. Da war mein Anruf ja völlig überflüssig.”
“Völlig.”
“Ich habe noch ein Bitte...”
“Und was?”
“Erzählen Sie Herrn Gill bitte nichts von meinem Anruf. Ich bin erst kurze Zeit in seiner... ähm... Agentur und habe wohl heute alles falsch gemacht. Aber die fürchterliche Geschichte... wird ja bald geklärt sein. Das alles hat mich etwas durcheinandergebracht. Ich möchte nicht den Eindruck absoluter Unfähigkeit erwecken...”
“Ist schon gut. Von mir erfährt er nichts. Ich habe kein Interesse daran.”
“Zu liebenswürdig. Vielen Dank. Und auf Wiederhören.”
“Wiederhören.”
Schneider beendete das Gespräch. “Das kleine Comic-Schwein hat nicht gelogen. Gill will mit ihr Kontakt aufnehmen.”
“Und was machen wir jetzt?”
“Da muss ich erst mal telefonieren. Ich glaube nicht, dass man großen Wert auf die weitere Existenz einer Schlampe legt.”
“Sie ist ja auch nicht mehr die jüngste...”
“Was ist Jugend? Ein Kapital, das mit jedem Tag abnimmt.”
HOHENSYBURG. Gill fuhr stadtauswärts über die Ruhrallee, dann die Ruhrwaldstraße an Wichlinghofen vorbei. Am Ahlenberg verließ er die Wittbräucker Straße und bog zur Hohensyburg ab. Auf der anderen Seite fiel der Berg steil ab zum Hengsteysee. Eine berüchtigte Straße führte vom See stark und kurvig ansteigend zur Burgruine. Hier rasten durchgeknallte Motorradfahrer gern direkt ins Jenseits, wie mehrere Kreuze am Straßenrand belegten. Auch einem unbequemen Wittener Lokalpolitiker der Grünen war die Hengsteystraße zum Verhängnis geworden. Unter mysteriösen und bisher ungeklärten Umständen war er vom Fahrrad gestürzt. Wahrscheinlich hatte jemand nachgeholfen. Nach der Heilung des Schädelbruchs, war er zur Freude anderer Politiker weniger idealistisch und mehr pragmatisch eingestellt gewesen. Die fast tödliche Verletzung hatte für einen realistischen Blick auf das Machbare gesorgt. Schließlich war er an den Spätfolgen doch krepiert.
Die Hohensyburg erhob sich schwarz gegen den bleiernen Himmel. Einst das wichtigste Einfallstor in sächsisches Gebiet. Hier leistete Widukind heftigsten Widerstand gegen die Franken unter Karl. Heute leisteten die Zocker aus ganz NRW erbitterten Widerstand gegen die Gesetze der Wahrscheinlichkeit, denn hier befand sich eines der modernsten und größten Spielkasinos Deutschlands. Eine gute Möglichkeit zur Geldwäsche, die gern wahrgenommen wurde.
Gill erhoffte von Monika einen Hinweis auf Harrys letzte Aktivitäten. Es war nicht nur seine Skepsis gegenüber der Polizei, die ihn selbst den Spuren nachgehen ließ. Er wollte sich auch sein Geld verdienen und Harry rächen.
Gill fuhr an den Straßenrand und nahm das Handy. Nachdem er verschiedene Stationen durchlaufen hatte, war Alexa am Apparat.
“ Ich bin es: Gill. Sie suchen mich.”
“Das ist richtig. Wir brauchen eine Aussage von Ihnen.”
“Dafür treiben Sie ein bisschen viel Aufwand, meinen Sie nicht?”
“Anfangs standen Sie unter Verdacht, Harry Brenner ermordet zu haben. Sie waren am Tatort. Dafür gibt es Zeugen.”
“Und jetzt stehe ich nicht mehr unter Verdacht? Wie kommt denn das?”
“Unsere... Experten haben Sie entlastet.”
“Sie müssen bemerkenswerte Experten haben.”
“Soll das heißen, Sie geben den Mord zu?”
“Nein. Man hat mich reingelegt. Ich habe keine Ahnung wer. Ich rufe Sie nur an, um Ihnen zu erklären, wie es war.”
“Erklären Sie.”
“Brenner bat mich um Hilfe. Ohne mir zu sagen, um was es geht. Ich hab ihn zu dieser Wohnung gebracht und zwei Stunden allein gelassen. Als ich zurückkam, hat man mich niedergeschlagen. Ich konnte nicht sehen, wer. Man hat Brenner mit meiner Pistole erschossen. Als ich
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