Der Sodom Kontrakt
berechnen, was nicht so einfach war: Gab man zu wenig, war man ein armer Proll, der sich nichts leisten konnte; gab man zuviel, wurde man von arroganten Kellnern als Proll eingestuft, der durch Bestechungsgelder Anerkennung erkaufen wollte.
Schneider kannte alle Feinheiten dieser Welt und brachte sie ihm bei. Dieser wunderbare Mann war wie ein Vater zu ihm. Und Schmidt war in letzter Zeit immer seltener ein unfolgsamer Sohn. Er spürte, dass er erwachsen wurde! Er war auf dem besten Weg, ein bedeutender Mann zu werden. So wie es war, war es gut. Er hatte das Schicksal eines Göttersohnes und empfand Dankbarkeit.
Schmidt steckte die Ruger ins Holster und weinte vor lauter Dankbarkeit. Am liebsten wäre er zu Schneider ins Bett gekrochen, um sich in seine Arme zu kuscheln. Aber Schneider mochte so was nicht. Schließlich war Schmidt schon ein großer Junge, und große Jungens mussten immer auf Distanz achten. Die Tränen rannen durch die Hautcanyons seines Gesichts, als er aus dem Fenster schaute. Weit hinten auf dem Hotelparkplatz stand der BMW, aus dem alle paar Minuten eine winzige Menge Öl tropfte. Davon wusste Schmidt nichts. Wenn er es gewusst hätte, wäre es ihm gleichgültig gewesen.
Als er an den bevorstehenden Job dachte, versiegten seine Tränen. Er hatte eine echte Glückssträhne: So viele Wet Jobs hintereinander. Nur im Krieg bei den Kanakern konnte man mehr Spaß haben. Aber das hier war eine andere Art Spaß. Subtiler. Schneider hatte ihn auf den Geschmack gebracht: das Ausspähen und Umschleichen des Opfers, das Abwarten des richtigen Moments- und dann zuschlagen und ein bisschen spielen. Es war ein viel größerer Reiz, als Bimbos mit einer MP niederzumähen. Viel verfeinerter, exklusiver. Eben eine kultivierte europäische Art, etwas für Gourmets. Der Mord als schöne Kunst betrachtet von Thomas deQuincy hieß ein Buch, das Schneider ihm zu lesen gegeben hatte. Er war an dem raffinierten Stil gescheitert. Er musste es noch mal versuchen. Schließlich entwickelte er sich täglich weiter, und vielleicht war er endlich reif für die grundlegende Ethik ihrer Profession. Ihr schrecklicher Ruf würde sich schneller verbreiten, als das je ein Prophet von seinem Ruf hoffen durfte.
Aber jetzt würde er erst mal das Buch über die Samurai weiter lesen. Intuitiv wusste er, dass die japanische Kriegerkaste einem Mann wie ihm viel zu geben hatte.
HENGSTEYSEE-BOMMERN. Die Sintflut hatte ihre Tätigkeit vorübergehend eingestellt, als der Morgen bleiern graute. Schwarze Wolkenfetzen trieben noch immer über den Himmel. Hinter einem Gestrüpp saßen Gill über einem Feldweg. Monika war seinen Anweisungen stumm gefolgt und erholte sich zunehmend. Sie trug zu große Hosen, einen labberigen Pullover und hatte die Tillamokjacke eng um ihren Körper geschlungen.
Eine Hand hatte sie zur Faust geballt, in der anderen glimmte eine Zigarette. Heftig saugte sie den Rauch ein und starrte vor sich hin. Ihre Hände waren ruhig. Gill hatte schon öfters Leute unter Schock gesehen. Monika war stark, stark genug um dieses fürchterliche Erlebnis zu verdauen. Er massierte seine Hand und seinen schmerzenden Arm, der in einen mit Alkohol getränkten Verband steckte. “Wir bringen Sie nach Hause.”
Sie nickte nur.
“Es kann nicht mehr lange dauern, bis mein Freund hier ist.”
Sie nickte wieder. “Wird wohl das Beste sein.”
“Was?”
“Nach Hause. Dass ich nach Hause gehe.”
“Sie sind sicher. Es kann nichts mehr passieren.”
“Ich weiß. Danke. Danke für...”
“Einige Naturvölker glauben, dass man im Jenseits nur glücklich wird, wenn man alle Organe mitbringt. Ich glaube, Sie können jetzt loslassen. Geschlechtlichen Freuden wird er im Nirwana nicht nachkommen können.”
Zögernd öffnete Monika die Faust und ließ den verkrumpelten Pimmel ihres Vergewaltigers auf den Waldboden fallen. Sie trat ihn ins nasse Moos. Sie rückte näher an Gill heran, der einen Arm um sie legte. “Ich bin nicht weniger wert als vorher.”
“Sie sind mehr wert, weil Sie etwas sehr Schlimmes ertragen mussten und damit fertig werden. Die Summe unserer Erfahrungen und wie wir mit ihnen umgehen, bestimmt unseren Wert, nicht die Scheußlichkeiten, die wir aushalten müssen. Sie sind nicht befleckt, Sie haben etwas erlebt, das Sie nie vergessen werden. Je schneller Sie es akzeptieren, um so schneller werden Sie damit fertig.”
“Das war ja eine richtige Rede. Machen Sie nebenher noch die Briefkastentante in einer
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