Der Sodom Kontrakt

Freimaurertum wurde zu einem geeigneten Instrument, um führenden Köpfen des antikommunistischen Lagers aus Politik, Militär, Medien, Wirtschaft und Hochfinanz quer durch alle politischen Parteien und unter amerikanischer Führung zusammenzubringen. Auch Berlusconi, der plötzlich aus dem Nichts auftauchte und mit einem Haufen Geld ausgestattet war, ist P2-Logenbruder.”
    “Okay, aber Italien war immer ein besonderes Pflaster.”
    “Natürlich. Und wenn ich die P2 erwähne, wissen wir auch, dass sie direkte Verbindungen zur Mafia hatte. Die Mafia sorgte für die Wahl der christdemokratischen Politiker der P2 in ihrem Einflussbereich. Die Mafia ist mindestens so antikommunistisch ausgerichtet wie die CIA. Ha, die Mafia hat mehr Interesse an einer freien Marktwirtschaft als jede liberale Partei. Wall Street und Mafia hatten immer dieselben Ziele: Monopole schaffen. Was liegt für sie also näher, als mit jedem zusammenzuarbeiten, der einen freien Markt will? Die Mafia hat Ende des zweiten Weltkriegs für eine reibungslose Invasion der Amerikaner auf Sizilien gesorgt. Die Mafia hat der CIA bei ihren schmutzigen Aktionen gegen Kommunisten und Gewerkschaftler geholfen. Genauso wie die amerikanische Mafia mit der CIA in Kuba bei der Invasion in der Schweinebucht zusammengearbeitet hat und vorher Kennedy die Präsidentschaft besorgte. Auf die Mafia war als antikommunistischer Schutzwall immer Verlass.”
    “Aber ich rede von Deutschland. Mein Freund Harry ist in Deutschland umgebracht worden und hatte meines Wissens nicht die geringsten Kontakte zu Gladio, Geheimdiensten oder Freimaurern. Die Situation in der Bundesrepublik lässt sich nicht mit italienischen Verhältnissen vergleichen, Kleber!”
    “Das meinen viele, weil bei euch nichts rauskommt. Ich denke nur an die Ermordung des Ministerpräsidenten Barschel. Da wurde ja fast so effektiv ermittelt wie auf Sizilien. Eure Journalisten sind genauso feige wie das Volk. Nichts hasse ich mehr als eure sabbernde Hofberichtsjournaille...”
    “Jetzt übertreibst du. Es gibt bei uns sehr wohl couragierte Journalisten.”
    “Die kann ich an einer Hand abzählen: Jürgen Roth, Egmont Koch, Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgreber, Ekki Sieker und ein paar andere - aber wo schreiben sie? Bücher, die die CIA aufkauft. Oder man ködert sie mit irgendwelchen Lehrstühlen. Roth nicht, na gut. Und euer Grandseigneur Scholl-Latour wird wie ein Aussätziger behandelt, obwohl er einer der besten Journalisten der Welt ist. Dem bin ich selbst im Kongo begegnet. Viel gibt es bei euch nicht. Und Raum zum Veröffentlichen kriegen sie auch kaum. Wenn sie im Fernsehen was zeigen dürfen, dann zu Uhrzeiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. ”
    Gill wollte sich nicht in einem Nebenkriegsschauplatz verbeißen. “Also italienische Verhältnisse in Deutschland?”
    “So simpel natürlich nicht. Dafür ist eure Mentalität zu verschieden. Das heißt, wenn ich mir die korrupte Berliner Regierung und ihre Verwaltung anschaue, die Macht der Baumafia, also ein Landowsky oder ein Diepgen kann ich mir auch in Palermo vorstellen.”
    Kleber drückte die heruntergerauchte Gitane aus. “Vergleichbar in der Bedeutung der italienischen Freimaurer, was die enge Anbindung einer Elite aus Wirtschaft und Politik an Amerika angeht, ist in Deutschland der Atlantische Kreis. Veranstaltungen des Atlantischen Kreises sorgen für Treffen mit gleichgesinnten amerikanischen Vertretern aus Hochfinanz und Geheimdiensten, die ihrerseits Mitglieder der Schwesterorganisation American Club of Germany sind. Kaum einer fragt wie die FAZ, ob hier einem Demokraten nicht Bedenken gegenüber einer derart elitären Mitbestimmungsgruppe kommen sollten. Es ist eine Gruppe, in der es um Einflussnahme auf die deutsche Politik geht, die außerhalb jeglicher Kontrolle und von der Verfassung nicht vorgesehen ist. Der P2, die inzwischen in Italien verboten ist - was nicht heißt, dass es sie nicht mehr gibt -, scheint der Atlantische Kreis durchaus ähnlich zu sein. Erstaunlich ist, dass einige Opfer der Roten Armee Fraktion Mitglieder des Atlantischen Kreises waren. Und zwar ausgerechnet die, die den Interessen ihrer Organisation nicht mehr folgten. Der frühere Chef der Treuhand, Karsten Rohwedder, wurde angeblich von der RAF umgebracht, obwohl sie, falls es sie damals überhaupt noch gab, kein Interesse an seiner Ermordung gehabt haben konnte. Als Journalisten Zweifel an dieser Version äußerten, versuchte man alte