Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Fuß des Herdenbaums. Blut rann in schmalen Rinnsalen über dessen Rinde.
» Es war keine gute Idee hierzubleiben«, sagte Lirandil.
» Ich hoffe nur, der Grund, aus dem diese Orks Euch verfolgen, ist den Tod so vieler wert«, entgegnete Arvan finster.
» Das ist er«, behauptete Lirandil. Es geht um das Schicksal ganz Athranors, und es werden nicht die letzten Toten sein, die wir zu beklagen haben!
Arvan zuckte bei der Gedankenbotschaft des Elben förmlich zusammen. Er sah Lirandil an, und der Fährtensucher erwiderte den Blick.
Die Orks näherten sich langsam. Lirandil und die beiden letzten Halblinge stellten sich Rücken an Rücken.
Sobald der Erste von ihnen angreift, werden sich alle auf uns stürzen, und es wird schnell vorüber sein, dachte Arvan, während ihm das Herz bis in die Kehle schlug. Ranken, helft mir!, sandte er einen verzweifelten Gedankenbefehl aus, doch dann sah er, dass viele der Pflanzen, die bereits seinem Ruf gefolgt waren, durch die Klingen der Orks erheblich gekürzt von den Ästen hingen und nichts mehr ausrichten konnten. Manche bewegten sich noch und erinnerten dabei an Schlangen. Aber sie waren nicht zahlreich genug, um die drei Kämpfer noch wirksam unterstützen zu können.
Einer der Orks wagte einen Ausfall.
Lirandil schnellte vor und hieb ihm die mit messerscharfen Obsidiansplittern bestückte Keule aus der Hand. Der Ork zog sich zurück, riss einen Wurfdolch hervor und schleuderte ihn nach Lirandil, doch der wehrte ihn mit einem aufwärtsgerichteten Schwertstreich und dem sicheren Blick eines Elben ab. Klirrend flog der Dolch ins Nichts.
Der Ork knurrte.
Da bemerkte Arvan, wie durch Lirandil ein Ruck ging. Der Elb verharrte, schien zu lauschen, dann sagte er: » Wir bekommen Hilfe!«
Wie er aus all dem Geschrei und Lärm auch nur irgendetwas heraushören konnte, war Arvan schleierhaft. Wahrscheinlich kann man das nur nachvollziehen, wenn man über die scharfen Sinne der Elben verfügt, ging es ihm durch den Sinn.
Der Ork, dessen Wurfdolch Lirandil gerade abgewehrt hatte, riss einem seiner Gefährten die Axt aus der Pranke, brüllte laut und stürzte erneut voller Wut auf Lirandil zu. Die anderen Orks nahmen es als Signal, ebenfalls anzugreifen.
Da fiel ein Pflanzengeflecht aus dem hohen Geäst wie ein Fangnetz auf einen der Orks, der sich daraufhin mit wilden Bewegungen zu befreien versuchte.
Arvan musste den Schlag einer langen, sehr breiten und stark gebogenen Schwertklinge abwehren. Er erwartete bereits den nächsten Schlag, da traf den Ork etwas von der Seite her. Es war eine Herdenbaumkastanie, die an seiner Schläfe zerplatzte, und ihre ätzenden Dämpfe wurden freigesetzt. Der Ork brüllte auf, als ihn sodann ein ganzer Hagel Schleudergeschosse traf.
Schwarze Steine, Kugeln aus Blei und Herdenbaumkastanien prasselten auf einmal von überall her auf die Orks ein, auch auf jene, die nicht den Baum erklommen hatten und sich auch gar nicht mehr darum bemühten, weil das Gedränge dort oben ohnehin viel zu groß war. Die Hornechse ihres Anführers brüllte laut auf.
Arvan kreuzte mit einem der Orks ein letztes Mal die Klinge, bevor auch dieser Gegner von einem Schleudergeschoss getroffen wurde. Es handelte sich um eine Bleikugel; sie fuhr ihm in den Schädel, durchschlug den Knochen und trat zwischen Unter- und Oberkiefer wieder aus. Der Ork spuckte Arvan einen Schwall von Blut entgegen, ehe er rücklings niedersank.
» Bleibt stehen«, rief Lirandil Arvan und Neldo zu. » Selbst die wohlgeübten Schleuderer aus dem Stamm von Brado dem Flüchter könnten den Falschen treffen, wenn ihr euch unbedacht bewegt!« Als Arvan doch einen Schritt nach vorn machte, packte ihn der Elb energisch an der Schulter. » Fordere das Schicksal nicht heraus, Mensch! Halblinge haben schließlich keine Elbenaugen!«
Nur einen Fingerbreit zischte ein Geschoss an Arvans Gesicht vorbei und traf einen der Orks mit tödlicher Wucht.
Unter den Unholden brach Panik aus. Als sie schließlich begriffen, dass sich von allen Seiten Schleuderer aus dem Halblingvolk an sie herangeschlichen hatten und von den Wipfeln der umliegenden Bäume aus auf sie zielten, waren bereits Dutzende von ihnen tot.
Die Hornechse des Anführers war ebenfalls getroffen worden. Die ätzenden Dämpfe machten das Tier halb blind, und die Schwarzen Steine sowie Kugeln aus Blei, die die Halblinge verschossen, schlugen tief in sein Fleisch, ohne die Echse jedoch gleich zu töten.
Wahnsinnig vor Schmerz ging die
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