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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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des Sonnengottes oder die ähnlich verheißungsvollen Paradiese anderer gütiger Götter zu verdienen.
    Die einzige Hoffnung für ein Kind, so etwas zu vollbringen, besteht darin, sich zu opfern, das heißt, von den Eltern geopfert zu werden, um die Rachsucht, den Hunger oder die Eitelkeit der einen oder anderen Gottheit zu befriedigen.
    Doch kein Priester hätte ein so nutzloses Geschöpf wie Ehécatl als Opfer angenommen, und sei es auch nur für den geringsten aller Götter.
    Ein erwachsener Mann kann in das von ihm gewünschte Paradies eingehen, wenn er im Krieg oder auf dem Altar eines Gottes stirbt oder eine außergewöhnliche Tat vollbringt, die das Wohlgefallen der Götter findet. Auch eine erwachsene Frau kann als Opfer einer Gottheit sterben. Und manche Frauen vollbringen ebenso lobenswerte Taten wie die Männer.
    Doch die meisten haben ihren Platz in Tonatiucan oder Tlálocan oder wo auch immer bereits dadurch verdient, daß sie die Mütter von Kindern sind, deren Tonáli sie dazu bestimmt, Krieger, Opfer oder ihrerseits Mütter zu werden.
    Orne Ehécatl konnte das alles niemals sein. Deshalb wußte ich, daß Citlali voll Sorge über ihre Aussichten nach dem Tod nachdachte.
     
     

11
     
    Einige Monate nach unserer Begegnung auf dem Markt kam der Händler Pololoá aus Xoconóchco wieder in die Stadt. Ein Tamerni trug wie versprochen einen großen Sack Salpeter ›die erste Ausbeute‹ auf dem Rücken. Er übergab mir das Geschenk mit großer Geste und befahl dem Träger sogar, die Last zu mir nach Hause zu bringen. Dort widmete ich jeden freien Augenblick meinen Versuchen, mischte das schwarze, das weiße und das gelbe Pulver in unterschiedlichen Verhältnissen und führte Aufzeichnungen über jeden Versuch. Ich hatte jetzt sehr viel mehr freie Zeit, denn sowohl Pochotl als auch ich waren aus dem Dienst in der Kathedrale entlassen worden.
    »Es liegt daran, daß die Kirche einen neuen Papst in Rom hat«, erklärte der Notarius Alonso entschuldigend. »Der alte Papst, Clemens VII. ist gestorben. Sein Nachfolger heißt Paul III. Wir sind gerade von seinem Amtsantritt und von seinen ersten Weisungen für den katholischen Klerus in der ganzen Welt unterrichtet worden.« Ich sagte: »Das klingt nicht so, als würdet Ihr Euch über die Nachricht freuen, Cuati Alonso.« Er verzog mißmutig das Gesicht. »Die Kirche verlangt, daß jeder Priester unverheiratet, keusch und ehrenhaft lebt oder zumindest den Schein wahrt. Das sollte auch für den Papst gelten, denn er ist der höchste Priester.
    Aber es ist allgemein bekannt, daß er seinen Aufstieg in der Kirchenhierarchie bereits als Vater Farnese mit lamiendo el culo del patron‹ begonnen hat, um einen Ausdruck des gemeinen Volkes zu gebrauchen. Das heißt, er hat seine Schwester, Julia die Schöne, dem damaligen Papst Alexander VI. ins Bett gelegt und sich dadurch wichtige Beförderungen verschafft. Papst Paul hat keineswegs ein keusches Leben geführt. Er hat zahlreiche Kinder und Enkelkinder. Einen Enkelsohn hat er sofort nach seiner Wahl zum Kardinal ernannt. Dieser Enkel ist vierzehn Jahre alt.«
    »Interessant«, sagte ich, obwohl ich es nicht sonderlich interessant fand. »Was hat das alles mit uns hier zu tun?«
    »Papst Paul hat unter anderem angeordnet, daß alle Diözesen ihre Ausgaben einschränken. Das bedeutet, wir können selbst einen so bescheidenen Luxus wie deine Arbeit hier an den Códices nicht mehr finanzieren. Außerdem hat sich der Papst ausdrücklich wegen der, wie er es nennt, ›Verschwendung‹ von Gold und Silber für ›Luxus‹ an Bischof Zumárraga gewandt. Er verlangt von dem Bischof, daß alles Gold und Silber, das die Kirche in Neuspanien erworben hat, unter den weniger gut ausgestatteten Bistümern aufzuteilen ist.«
    »Und Ihr zweifelt daran, daß das Gold und Silber die weniger gut ausgestatteten Bistümen erreicht?«
    Alonso stieß lange und geräuschvoll den Atem aus. »Zweifellos bin ich geneigt, dem neuen Papst wegen der Dinge, die ich über seinen Lebenswandel weiß, zu mißtrauen. Das mit dem Gold und Silber klingt für jeden, der mit den Gepflogenheiten Roms vertraut ist, so, als beanspruche Papst Paul III. seinen eigenen fünften Anteil von den Schätzen Neuspaniens.« Er seufzte. »Wie auch immer. Deshalb muß Pochotl aufhören, seine wundervollen Goldschmiedearbeiten für uns anzufertigen, und du kannst mir nicht mehr bei den Übersetzungen helfen.«
    Ich sah ihn lächelnd an. »Wir wissen beide, Cuati Alonso, daß

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