Der Sohn des Bannsängers
nicht mehr, als du gehabt hast.« Er stand auf und ging hinaus.
»He, nicht so eilig!« rief sein Vater ihm nach.
»Du hast deine Schlange noch nicht aufgegessen«, setzte seine Mutter hinzu.
Nach dem Essen half Jon-Tom Talea beim Abwaschen. »Das wird schon wieder«, versicherte er ihr. »Er macht einfach gerade eine bestimmte Phase durch.«
»Das sagst du ständig.« Sie reichte ihm eine tropfende Schüssel. »Machen eigentlich alle Jugendlichen in deiner Welt Entwicklungen und Phasen durch? Ich persönlich glaube, ein paar ordentliche Hiebe mit dem Stock würden ihn von so manchen Problemen heilen.«
»Das ist bei uns nicht üblich. Wir bedienen uns fort- schrittlicherer Methoden, wie beispielsweise der Psychologie.«
»Kriegt man davon auch so rote Schwielen wie von Hickory?« Sie schüttelte den Kopf. »Du verhätschelst den Jungen.«
Jon-Tom sah zur Treppe. »Da bin ich anderer Meinung. Ich glaube, unsere kleine Unterhaltung eben hat ihn tief beeindruckt. Er ist ein aufgeweckter Junge, und er spielt gut.«
»Klar, aber sein Gesang ist keinen Heller wert. Er ist so schlecht, daß deine Stimme dagegen geradezu gut klingt.« Sie reichte ihm ein Tablett.
Er legte es auf die Arbeitsplatte und nahm Talea, Seifenwasser hin oder her, in die Arme. »Dafür mußt du bezahlen, Talea.«
Irgend etwas glitzerte in ihren Augen. »Es gab viele, die gesagt haben, ich würde mal die Rechnung bezahlen müssen.«
Eine Zeitlang gelang es ihnen, ihren widerspenstigen Sohn zu vergessen.
Später, als sie auf dem Küchenboden lagen, sann Jon-Tom über die Zukunft seines Sprößlings nach und sah zu viele Probleme auf sich zukommen, um sich behaglich zu fühlen. Schließlich war sein Sohn nicht gerade das, was man einen eifrigen Schüler nennen würde. Seine akademischen Unzulänglichkeiten machten Jon-Tom schwer zu schaffen, denn er selbst hatte es in seiner Heimatwelt schließlich bis zur juristischen Fakultät geschafft. Nicht daß der Junge dumm gewesen wäre. Seine Interessen lagen halt anderswo.
Talea machte sich weniger Sorgen. »Buncan wird niemals Rechtsanwalt oder Arzt werden, Jon-Tom. Wenn er eine besondere Begabung hat, dann liegt sie auf dem Gebiet der Magie.«
»Er muß sich wenigstens ein bißchen um die Schule kümmern«, meinte er. »Grundlegende Kenntnisse der Zoologie sind beispielsweise eine Grundbedingung für gute Handelsbeziehungen. Man muß wissen, worin sich die Bedürfnisse eines Gorillas von denen eines Schimpansen unterscheiden.«
Sie schlang ihm die Arme um den Hals und preßte sich an ihn. »Du machst dir zuviel Sorgen. Buncan kommt mit jedermann gut aus. Seine Klassenkameraden mögen ihn.«
»Gut miteinander auskommen ist nicht dasselbe wie einander verstehen.«
III
Buncan zog die Faust zurück doch ehe er erneut ausholen konnte, hatte der massige, halbwüchsige Schwarzbär eine Tatze auf seiner Brust und drückte ihn nach hinten. Weil er von seinem Vater die ungewöhnliche anderweltliche Größe geerbt hatte, überragte Buncan die meisten seiner Mitschüler.
Jedoch nicht Fasvunk. Wenn jemand die Bezeichnung Klassenschläger verdient hatte, dann der Bär. Wenngleich er nicht größer war als Buncan, war sein Körperbau doch erheblich kräftiger. Er rückte das gelbe Stirnband aus Echsenleder zurecht, zog die gleichfarbige Hose hoch und schwenkte beide Tatzen.
Um sie herum stand der Rest von Buncans Klasse. Archmer, der Dachs, hielt den Ball, mit dem sie Pentagon gespielt hatten.
»Komm schon, Mensch«, grollte Fasvunk. »Du meinst, du wärst was Besseres, bloß weil dein Erzeuger Bannsänger ist. Also, mich beeindruckst du damit nicht.«
Buncan baute sich schweratmend vor dem Bären auf. Er hatte keine Angst vor Fasvunk, hatte sich den Verlauf des Nachmittags allerdings anders vorgestellt.
»Ich will mich nicht mit dir prügeln, Fasvunk. Dazu hab ich keine Zeit.«
»Aber klar doch, Buncan.« Der Bär kniff die Augen zusammen. »Wie ich höre, willst du dich früher oder später mit jedem prügeln. Warum fängst du dann nicht mit mir an?« Er schnaubte und trampelte auf den Boden.
»Ich habe nie gesagt, ich wollte mich prügeln. Was meinen Vater betrifft, da hast du recht. Wenn du dich nicht in acht nimmst, wird er dich...«
»Wird er was?« unterbrach ihn Fasvunk. »Mich in einen Fisch verwandeln? Mich auf alle viere niederzwingen? Ich dachte, so was könntest du auch. Oder mußt du für jeden kleinen Zauber erst zu deinem Papi rennen?«
»Klar«, ertönte eine nasale Stimme aus
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