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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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plötzlich. »Es wäre das Beste, was geschehen könnte. Es ist gut, dass unsere Stämme einander fast noch mehr hassen als die verfluchten Viramatai. Sie werden vermutlich nicht wissen, wen sie zuerst umbringen sollen, und unseren kleinen Sger vielleicht übersehen.«
    »Ich bezweifle, dass die Göttin sich ablenken lässt. Sie wird bestenfalls warten, bis die Ebene voller Leichen liegt, und dann den Rest mit ihren Stürmen und Sandsklaven vertilgen«, rief Awin.
    »Aber in dem Durcheinander können wir vielleicht in die Festung gelangen«, meinte Tuge.
    Der Wind frischte auf und ließ bräunliche Blätter auf sie herabregnen. Awin sah ihnen zu, wie sie zu Boden trudelten.
Das Bild schien ihm voll düsterer Vorbedeutung. Würden die Krieger der drei Heere in Slahans Sturm ebenso schnell fallen wie die kraftlosen Blätter in dieser leichten Brise? Er bemerkte, dass Mahuk, der bislang nur schweigend zugehört hatte, unruhig wurde.
    Awin spürte einen eigentümlichen Schauder im Nacken. »Mahuk, wie nennt man diesen Wind?«, fragte er den Raschtar. Er entdeckte einen Schwarm Krähen, der krächzend und im Zickzack über den Wald zog.
    »Er dreht. Weht von der einen, dann von der anderen Seite«, sagte Mahuk.
    Die Birken bogen sich in einer Böe und schüttelten die alten Blätter ab. »Weiß Yeku vielleicht, wie dieser Wind genannt wird?«, fragte Awin nach. Auch die anderen Hakul starrten jetzt in den Himmel, als spürten sie, dass mit dieser Brise etwas nicht stimmte.
    Der Ussar fragte seinen Stab, lauschte, kratzte sich am Hinterkopf und antwortete schließlich: »Yeku sagt, es ist ein fremder Wind.«
    Merege erhob sich aus dem Laub. »Seweti. Die Tänzerin«, stellte sie nüchtern fest.
    Awin lief ein Schauer über den Rücken. »Sie wissen, dass wir hier sind«, sagte er leise.
    Die Männer um ihn herum erfassten die Bedeutung dessen, was er da sagte. Sie rückten enger zusammen, und einige zogen ihre Schwerter. Braune Blätter regneten auf sie hinab, und die knochenweißen Birkenstämme bogen sich im Wind.
    Einer der Späher, die sie an die Waldränder gestellt hatten, kam herangestürmt: »Eine Staubwolke, da kommt eine Staubwolke auf uns zu!«
    »Macht euch kampfbereit!«, rief Harmin. »Slahan greift uns an.«

    Plötzlich fühlte Awin, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Er straffte sich und sagte: »Macht euch bereit, ihr Krieger. Aber wenn es geht, werden wir den Kampf vermeiden.«
    »Du willst, dass wir fliehen?«, fragte Harmin aufgebracht.
    »Wir ziehen uns zurück, nichts weiter. Es sind doch Hakul, die für Slahan in die Schlacht ziehen müssen, und ich will nicht gegen meine Brüder kämpfen.«
    Harmin starrte ihn an, aber dann nickte er. Awin ordnete an, dass sie dem Bachlauf folgen und sich am südlichen Waldrand sammeln sollten. Die Ussar hatten seine Befehle nicht abgewartet und waren schon verschwunden. Awin hatte das bemerkt und seine Männer einfach in die gleiche Richtung geschickt. Entlang des Baches würden sie am schnellsten vorankommen. Mit Merege bildete er den Abschluss der kleinen Schar. Als er seinen widerstrebenden Braunen durch die Bäume zog, vermeinte er, ein Lachen zu hören. Er blieb stehen. Auch Merege verharrte. Zwischen den Bäumen bewegte sich etwas. Für einen Augenblick war sich Awin sicher, eine blau gekleidete Frauengestalt zwischen den Birken gesehen zu haben. Dann war sie verschwunden.
    »Seweti, sie ist hier«, flüsterte Merege.
    »Weiter, ich will ihr nicht unter diesen Bäumen begegnen«, presste Awin heraus.
    Sie hasteten weiter. Ein kräftiger Wind schüttelte die Birken und hob die längst gefallenen Blätter wieder in die Luft. Und noch einmal war Awin, als würde er hinter diesem blassen Schleier Seweti die Tänzerin sehen.
    Am Waldrand versammelten sie sich. Der böige Wind blies ihnen Staub ins Gesicht. »Was tun wir, wenn Slahan selbst kommt? Sollen wir dann kämpfen?«, fragte Harmin. Er befestigte die Kriegsmaske an seinem Helm.
    Awin starrte in die ausdruckslose Bronzemaske. Dann sagte
er: »Sie wird nicht kommen. Sie weiß, dass der Lichtstein hier ist. Sie schickt ihre Winde und ihre Sklaven, um uns zu töten.«
    »Bist du dir da sicher, Yaman?«, rief Harmin gegen den Wind.
    »Sicher ist hier nichts mehr«, rief Awin zurück.
    Die fahle Staubwolke rollte schnell über die Ebene heran. Die Birken ächzten im Wind, und sie hörten Äste brechen.
    Jemand zupfte an Awins Mantel. Mahuk stand neben dem Pferd und kratzte sich am Hals.
    »Was gibt es?«,

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