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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Schneeland führt durch die Salzmarsch. Es wäre besser, Karno zu meiden.«
    »Vielleicht haben wir aber auch Glück, und Eri hat die Stadt genommen«, mischte sich Lamban ein und warf damit einen Schatten auf die Unterhaltung, der zu ihrem Ende führte.
    Die Hakul begannen, sich auf dem Floß einzurichten. Nach den langen und ermüdenden Ritten und Märschen der vergangenen Tage lagen die meisten träge im Schatten und verdösten den Tag. Nur Awin fühlte eine seltsame Unruhe. Er musste immer wieder an seinen Traum zurückdenken, und auch das Gespräch mit Merege vom Vorabend ging ihm nicht aus dem Sinn. Sie konnte ihre Geliebten töten, noch dazu, ohne es zu wollen - das war etwas, was er verdauen musste. Er hatte noch viele Fragen, aber er hob sie für später auf. Merege saß auf einem der äußersten Baumstämme und ließ die Beine im Wasser baumeln. Offenbar hatte sie weit weniger Angst vor dem unberechenbaren Strom als die Hakul. Er dachte auch über das nach, was Praane über die Stadt gesagt hatte.
    »Sag, Praane, diese Fischer, sie befahren das offene Meer?«, fragte er schließlich.
    »So ist es, Yaman Awin. Aber meist halten sie sich in Sichtweite des Landes, denn das Eismeer ist rau und hat schon so manches Boot verschlungen. Warum fragst du?«
    Aber Awin gab nur eine ausweichende Antwort. Ein Plan reifte in ihm, aber noch war er nicht sicher, ob er durchführbar war. Sie glitten über den Strom, nicht sehr schnell, aber ohne
zu rasten - was, wenn sie den Weg ins Schneeland auf gleiche Weise zurücklegen würden? Nicht auf einem Floß, das war ihm klar - aber wenn es in Karno Boote gab? So konnten sie das Heer vielleicht überholen. Noch wollte er nicht mit Jeswin oder Tuge darüber sprechen. Er sah den beiden Männern an, dass sie sich auf dem Wasser unwohl fühlten, aber er hoffte, dass sie nach drei Tagen bequemer und schneller Reise ihre Abneigung überwunden haben würden. Erst dann würde er mit seinem Vorschlag herausrücken. Er fragte sich, ob die Boote groß genug waren, auch Pferde aufzunehmen.
    Diese Gedanken beschäftigten Awin eine Weile, aber irgendwann schlief er ein. Ein seltsamer Traum kam zu ihm. Er stand auf einem staubigen Platz und sprach mit einer Frau, die er nicht recht erkennen konnte. Eine Feder wehte über den Platz. Plötzlich entlud sich über ihm ein Unwetter, und schwerer Hagel prasselte auf ihn nieder. Awin schreckte hoch. Er brauchte eine Weile, um zu begreifen, wo er war. Immer noch glitten sie ruhig über die Jurma, und über ihnen breitete sich ein wolkenloser Frühsommerhimmel aus. Es war später Nachmittag. Der Traum war ein böses Vorzeichen. Wieder einmal. Curru hätte sicher etwas darüber zu sagen gewusst. Hagel und Feder? Awin schüttelte sich, um die Beklemmung loszuwerden. Das war sicher eine Warnung, aber was bedeutete sie? Er hatte in den langen Wochen seiner Blindheit fast vergessen, wie schwierig Träume manchmal zu deuten waren, und wie bedrückend sie sein konnten.
    Tuge nickte ihm zu. Er wirkte beunruhigt. »Du kannst mich misstrauisch nennen, Awin, aber ich finde, das geht zu glatt.«
    Awin stand auf und sah sich um. Aus einem unbestimmbaren Grund teilte er die Einschätzung des Bogners. Auf der Westseite des Flusses verschwand der Wald, und ödes, sumpfiges Heckenland erstreckte sich in unübersehbare Ferne. Auf
der Ostseite zeigten sich kleine Hügel, dazwischen Wälder und Felder. Awin entdeckte auch einzelne Gehöfte. Der Krieg schien sich ein Stück vom Fluss entfernt gehalten zu haben, denn die Höfe und Siedlungen wirkten unversehrt.
    Von Pallwe erfuhr Awin, dass er vorhatte, bei Einbruch der Nacht anzulegen. »Stromschnellen«, sagte der Floßmeister nur, als Awin nach dem Grund dafür fragte. Wieder erläuterte Nokke, was Pallwe damit meinte: »Bald erreichen wir ein Dorf. Es liegt etwas oberhalb der Stromschnellen, die er meint. Sie sind tückisch, und er will nicht wagen, sie in der Nacht zu überqueren, Yaman. Er würde wohl im Dorf Halt machen, doch fürchtet er, dass er nicht willkommen ist, wenn er euch als ungeladene Gäste mitbringt. Also werden wir ein gutes Stück unterhalb des Dorfes für die Nachtstunden anlegen.«
     
    Der Abend war schon weit fortgeschritten, als sie endlich besagtes Dorf erreichten. Es wirkte friedlich, aber Awins Unruhe, die den ganzen Tag über nicht von ihm gewichen war, wuchs schlagartig an. Er konnte riechen, dass etwas nicht stimmte.
    »Kein Rauch«, sagte Mahuk plötzlich. Der Ussar hatte sich den ganzen

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