Der Sohn des Sehers 03 - Renegat
gelassen. »Norgis hat auch vorgeschlagen, mich zur Airiskana zu machen.«
Tuge grinste noch breiter. »Nimm dir ein Beispiel daran, Awin. Ja, es scheint, als bliebe dir kein Vorwand, diese Ehre abzulehnen, Tiudhan Awin. Ich würde sogar sagen, du musst es tun, denn sie brauchen einen Anführer, und wenn du es nicht machst, macht es ein anderer, und du hast gesehen, wie das ausgehen kann.«
Awin nickte unglücklich.
»Werden wir dann in Tiugar wohnen?«, fragte Wela, die mit Praane zurückgekommen war.
»Das ist von alters her der Sitz des Tiudhan, Nichte«, erklärte Tuge gut gelaunt.
»Dann sind wir einverstanden«, sagte die Schmiedin lächelnd.
In der folgenden Nacht, die doch wieder nur wenige Augenblicke dauerte, wurde Awin im Kreis der Hakul auf den Schild gehoben, und Tausende Krieger riefen seinen Namen und nannten ihn Tiudhan. Erleuchtet wurde diese Erhebung dreifach: Edhils Siegel schimmerte matt und noch schwach vom Schwarzen Tor, und zu beiden Seiten der Rampe brannten die großen Scheiterhaufen der Gefallenen. Awin hatte darauf bestanden, diese beiden Ereignisse miteinander zu verbinden, damit die Hakul nie vergaßen, was hier geschehen war.
Gegen Mittag des folgenden Tages brach das Heer auf. Die Hakul ritten in Gruppen, und wer von der Rampe in die Ebene
blickte, sah endlose Scharen von Reitern, die nach Süden zogen. Norgis hatte einen Wolf geschickt, dem sie nun folgen würden. Sie selbst war schon am Morgen grußlos nach Narwa verschwunden. Sie wollte noch einige Tage im Schneeland bleiben, um Merege zu helfen, bevor sie für immer in die Nebelsümpfe zurückkehren würde. Es waren kaum Wächter übrig, und sie würden viel zu tun haben, um die Zerstörungen des Krieges zu heilen. Oben auf der Rampe verabschiedeten sich die Gefährten nacheinander von Merege, mit Worten, die knapp waren und kaum vermittelten, was sie fühlten. Nur Wela sprang noch einmal von ihrem Pferd und fiel der Kariwa um den Hals, was Merege sichtliches Unbehagen verursachte, auch wenn sie versuchte, es mit einem Lächeln zu überspielen. Awin verabschiedete sich als Letzter. Er beugte sich von dem Schimmel, den die Hakul ihm geschenkt hatten, herab, und reichte Merege stumm die Hand. Sie drückte sie mit einem festen und kühlen Händedruck. Vor seiner Erhebung zum Tiudhan hatte er ausführlich mit Merege gesprochen und doch das Gefühl, dass noch lange nicht alles gesagt war. In Awin wartete ein Meer von Worten darauf, ausgesprochen zu werden, aber er wusste, dass selbst das nicht ausreichen würde, alles zu sagen, was gesagt werden musste - und schwieg. Sie hatten beide große Aufgaben vor sich. Alles andere musste zurücktreten. Sie nickte ihm zu, und er wusste, sie hatte ihn verstanden. Als er sich schon abwandte, rief sie laut: »Awin!«
Er drehte sich noch einmal um.
»Wirst du mich besuchen? In deinen Träumen vielleicht?«
Er lächelte und nickte. Dann wendete er seinen Schimmel und schloss sich dem Zug der Hakul an. Es lag noch ein weiter Weg vor ihm.
Glossar
GÖTTER
Edhil - Schöpfer- und Sonnengott
Hüter (die erstgeborenen Götter)
Alwa - Hüterin der Quellen, Flüsse und Meere
Brond - Hüter des Feuers und der Herdglut
Fahs - Hüter der Winde, des Himmels und des Wissens
Hirth - Hüterin der Erde und der Herden
Weitere Götter
Strydh - Gott des Krieges. Der fünftgeborene Gott, der seine Geschwister, die Hüter, betrog und mit einem Schlafkraut betäubte. Gilt nun als alleiniger Herr der Welt.
Uo - Gott des Todes und im Glauben der Akkesch Herr der Unterweltstadt Ud-Sror
Uqib - Seelenverweser, Diener Uos
Tengwil - die Schicksalsweberin
Mareket - Gott der Pferde, der die Hakul nach ihrem Tod auf immergrünen Weiden erwartet
Xlifara Slahan - die Gefallene Göttin, einst Geliebte des Fahs, Herrin der Wüste Slahan
Die Behüterin - Herrin des Femewaldes
Für die Völker entlang des Dhanis sind Götter, ungeachtet ihrer Macht, grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilt:
- Alfholde, göttliche Wesen, die vom Schöpfergott den Hütern zur Hilfe gegeben wurden
- Alfskrole, Ausgeburten der Albträume Edhils.
Die Hakul wenden diese Unterteilung allerdings nur bei übernatürlichen Wesen geringerer Macht an, wie zum Beispiel Winden oder Daimonen.
Xaima (Windskrole) der Slahan
Skefer - der Peiniger, Fallwind und Überbringer schlechter Nachrichten
Nyet - der Angreifer, Sturm
Isparra - die Zerstörerin, dauerhafter Sturmwind, nicht so stark wie Nyet, aber ausdauernder
Seweti -
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