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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Tag über unter dem Strohdach aufgehalten. Ihn schien die Fahrt auf dem Fluss noch viel mehr zu beunruhigen als die Hakul. Jetzt fiel auch Awin auf, dass aus keiner der kleinen Hütten eine Rauchfahne aufstieg. Das war es, was ihn gestört hatte. Das Dorf lag da wie ausgestorben. Die Hakul wurden aufmerksam, und die Akradhai tauschten besorgte Blicke. Pallwe gab Anweisungen, und seine Knechte begannen, das Floß näher ans Ufer zu bringen.
    »Was hat das zu bedeuten, Meister Pallwe?«, rief Jeswin.
    »Nachsehen«, lautete die einsilbige Antwort.
    Sie glitten näher ans Ufer. Einige Schilfboote waren dort
hinaufgezogen worden. Dann rief Dare, dass jemand dort war. Jetzt entdeckte auch Awin die einsame Gestalt. Sie stand nahe der Uferböschung zwischen den Booten. Er sah noch einmal hin. Ein zerrissener grauer Umhang, geschmückt mit bunten Tüchern und Federn, verhüllte eine hochgewachsene, stolze Gestalt.
    Tuge neben ihm fluchte und rief: »Wo kommt die denn her?«
    Awin hielt das für eine sehr berechtigte Frage, denn dort, inmitten des verlassenen Dorfes, stand Isparra und schien auf sie zu warten.
    »Um Marekets willen! Bleib auf dem Fluss, Pallwe!«, rief Tuge.
    »Isparra, Isparra!«, murmelten die Hakul aufgeregt. Die meisten von ihnen hatten sie bei Borre nur aus großer Entfernung gesehen. Nun stand sie keinen Steinwurf von ihnen entfernt am Ufer und ließ sie ohne Regung näher kommen.
    Awin zögerte. Die Windskrole schien auf sie zu warten. Das hatte etwas zu bedeuten. Das Floß glitt schon an Isparra vorbei. Pallwe schien dem Rat des Bogners folgen zu wollen. Aber Awin hielt das für falsch. »Ans Ufer, Pallwe, ans Ufer!«, rief er laut.
    Die Hakul verstummten, die Flößer zögerten, aber dann nickte Pallwe, und sie stemmten sich mit ihren langen Stangen ächzend gegen die Strömung. Schließlich schob sich das Floß knirschend ans Ufer.
    »Kümmert euch um die Pferde«, rief Jeswin, und das war angebracht, denn die harte Anlandung hatte die Tiere erschreckt, und das Gatter wankte bedenklich. Mit großen Augen starrten Akradhai und Hakul gemeinsam auf die Windskrole, die immer noch dort stand, wo sie sie zuerst gesehen hatten. Ihr grauer Mantel hing in Fetzen, und der seltsame
Schmuck, den sie daran befestigt hatte, hob sich von den Lumpen ab, aber immer noch wirkte sie stolz und schön.
    »Ich grüße euch, tapfere Reiter«, flüsterte sie, und obwohl Awin schon wusste, dass Isparra zu jedem von ihnen sprechen konnte, ohne die Stimme zu erheben, jagte es ihm wieder einen Schauer über den Rücken. Er sprang an Land. Merege folgte ihm, und auch Jeswin schloss sich ihnen zögernd an. Isparra machte keine Anstalten, ihnen entgegenzugehen. Das ist vielleicht auch besser, bevor die Pferde oder die Männer Reißaus nehmen , dachte Awin.
    »Bleibt ruhig, ihr Männer!«, rief er laut, um die Krieger und Flößer zu beruhigen.
    »Bei Hirth!«, rief Praane und sprang an Land.
    Awin sah ihm an, wie viel Mut er dazu aufbringen musste. Zu viert gingen sie der Unsterblichen entgegen.
    »Ich hörte, dass ihr auf dem Fluss seid«, flüsterte der Wind. Praane stöhnte. Für ihn war es das erste Mal, dass er Isparras Stimme hörte.
    »Und du hast auf uns gewartet?«, fragte Awin.
    »Ist das nicht offensichtlich, junger Seher?«
    Awin nickte grimmig. Immer noch wich sie Fragen aus. »Ich nehme an, du erwartest unsere Hilfe«, sagte er. Sie waren inzwischen nah genug, um mit ihr zu reden, aber Isparra flüsterte weiter.
    »Ich erwarte, dass ihr klug seid«, hauchte es.
    »Yeku sagt, wenn Hakul klug wären, hätten sie nicht gehalten«, sagte Mahuk Raschtar, der ihnen unbemerkt gefolgt war.
    Isparras Augen verengten sich. »Ich höre ihn. Schon seine Stimme klingt nach Lüge. Er soll mich nicht reizen.«
    »Was also führt dich hierher, ehrwürdige Isparra?«, fragte Awin vorsichtig. Immer noch war er sicher, dass sie etwas vor
ihm verbarg, etwas, das er unbedingt in Erfahrung bringen musste. Er betrachtete sie verstohlen. In ihr Gesicht hatte sich ein Zug von Müdigkeit eingegraben. Müdigkeit? Bei einer Unsterblichen?
    »Dieses Gefährt. Ich will es nutzen«, sagte Isparra.
    »Du willst uns begleiten?«, fragte Awin. Er wollte sie hinhalten, bis er mehr wusste.
    Isparra musterte ihn, als sähe sie ihn zum ersten Mal, dann sagte sie: »Ich spüre eine Veränderung. Deine Gabe, sie ist zurückgekehrt.«
    Awin nickte.
    »Weißt du, was mit den Leuten hier geschehen ist, ehrwürdige Isparra?«, fragte Merege

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