Der Sohn des Verräters - 21
ihnen gingen Lady Javanna und Dom Gabriel Lanart-Alton. Die Wangen seiner Mutter waren vor unterdrückter Wut gerötet, und ihre blauen Augen sprühten vor Entschlossenheit. Sie war in ihrem bevorzugten Grünton gekleidet, mit einer goldenen Krause unter dem Kinn.
Javanne starte Dom Damon wütend an, fast als versuchte sie ihn durch Willenskraft dazu zu zwingen, beiseite zu treten und ihr den Vortritt zu lassen, aber der alte Aldaran war nicht im Geringsten bereit zu weichen. Er behandelte Javanne stets wie eine Bäuerin, nicht wie eine Hastur. Allerdings war Dom Damon zu allen Frauen so grob, auch zu Marguerida, und Mikhail war froh, einen großen Teil der Schuld an Giselas Störmanövern auf ihren Vater zurückführen zu können. Was für ein Glück, dass sich seine Schwägerin in letzter Zeit so gut benahm, viel mit Katherine Aldaran zusammen war und keinen Ärger machte. Robert Aldaran warf ihm einen resignierten Blick zu, während er Javanne erlaubte, vor ihm in den Kristallsaal zu schreiten. Er wirkte hager in seinem schlichten braunen übergewand und peinlich berührt dazu. Warum mussten sie beide nur so unmögliche Eltern haben?
Der Blickwechsel ermutigte Mikhail. Robert war sehr vernünftig und in den letzten Jahren im Rat zu einem der stärksten Verbündeten von Regis und Mikhail geworden, wobei er oft gegen Dom Damon Partei ergriff. Angesichts der Abneigung und des Misstrauens, mit denen man der Domäne Aldaran seit Generationen unabänderlich begegnete, war das außerordentlich bemerkenswert, wie Mikhail sehr wohl wusste. Die wechselnden Allianzen zwischen den einzelnen Domänen waren etwas, worüber er immer wieder erstaunt den Kopf schüttelte. Er konnte nie zuverlässig vorhersagen, wie sie aussehen würden.
Er musste wieder an Dom Francisco Ridenow denken und an eine andere Versammlung im Kristallsaal, bei der Regis vor fast siebzehn Jahren beschlossen hatte, den Rat der Comyn neu zu beleben. Damals war Dom Francisco Mikhails Freund gewesen, aber nun war er ein Gegner – und Schuld daran hatte nur Varzil! Als Mikhail und Marguerida mit der großen Matrix des sagenumwobenen Laran aus der Vergangenheit zurückgekommen waren, hatte sich alles geändert. Dom Francisco hatte die Ansicht vertreten, die Matrix müsse an der Hand eines Ridenow sitzen. Es kümmerte ihn nicht, dass man sie nicht weitergeben konnte und vermutlich auch nicht gewaltsam entfernen, ohne sowohl ihren Träger als auch den, der sie an sich nehmen wollte, zu töten. Mikhails eigene Matrix war in die größere integriert, abgestimmt auf seine ganz persönliche Energie, solange er lebte. Das alles machte jedoch keinen Unterschied für Francisco – er fand, die Matrix sei ein Familienerbstück der Domäne Ridenow, und er, Francisco müsste sie eigentlich tragen. Im Lichte von Dom Francisco Ridenows ziemlich bewegter Vergangenheit konnte Mikhail nur froh sein, dass es bisher keinen Versuch gegeben hatte, ihn aus dem Weg zu räumen.
Immerhin verdächtigte man Francisco, beim Tod seiner Rivalen um die Herrschaft über die Domäne – eines Onkels und zweier Brüder – die Hand im Spiel gehabt zu haben. Doch nun, nach Regis’ Tod, würde sich vielleicht auch das ändern. Dom Francisco wollte einfach nicht glauben, dass nur Mikhail die Matrix führen konnte, da sie in einen Ring eingelassen war und nicht um den Hals getragen wurde, wie sonst üblich. Was, wenn Francisco beschloss, es sei nun an der Zeit, den begehrten Schatz in die gepflegten Hände zu bekommen?
Mikhail schüttelte den Kopf, um diese hässlichen Gedanken zu verscheuchen. Er begann die Sorgen zu verstehen, die seinem Onkel die letzten Lebensjahre vergällt hatten, die Ängste, die ihn zermürbt hatten, obwohl er von treuen Freunden umgeben war. Regis hatte die Sharra-Rebellion überlebt, ebenso wie den Versuch der Weltenzerstörer, den Planeten zu vernicht en. Diese Erfahrungen hatten seine Weltsicht in späteren Jahren entscheidend beeinflusst. Mikhail hatte kein Verlangen, seinem verstorbenen Onkel nachzueifern, indem er einen Verfolgungswahn entwickelte oder übertrieben vorsichtig wurde, aber Dom Francisco war durchaus jemand, der ihm zu denken gab. Er wollte jedoch keinesfalls vor seiner Fantasie in die Knie gehen, so verlockend es auch war. Doch es fiel ihm schwer, und er hätte das Oberhaupt der Domäne Ridenow lieber an seiner Seite gehabt als gegen sich.
Was Varzil nicht vorausgesehen hatte, als er den Ring ins Darkover der Gegenwart schickte, war der
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