Der Sokrates-Club
hat.«, sagt Paul.
Was für eine Rolle spielt die Erinnerung für euch? Ist sie wichtig?
Die Kinder reden durcheinander: » Ja!«, » Klar!«
Dann bemerkt Paul: » Wenn man nicht mehr denken kann, ist man tot.«
Wenn euch jemand fragt: Wer bist du? Was würdet ihr sagen?
» Ich bin ein Löwe!«, sagt Michael und macht sein Löwengesicht. » Whaouuu!«, brüllt er.
» Ich bin leider Schüler!«, wirft David ein. » Aber ich wäre lieber Mittelstürmer beim FC Bayern!«
» Du kannst doch gar nicht Fußball spielen«, sagt Lilly.
» Kann ich wohl«, zischt David.
Die anderen lachen, dann sagt Juliette: » Also ich bin Tochter!«
» Und ich Sohn!«
» Und ich Bruder!«
Spielst du das? Das Tochter-Sein?
» Nein! Das bin ich einfach. Also, von Geburt an.«
Und wie ist das zum Beispiel mit einer Klavierspielerin? Ist sie das auch von Geburt an?
» Nein, die muss das lernen. Ganz viel muss sie lernen, damit sie Klavierspielerin sein kann.«
Es gibt also Rollen, die hat man von Geburt an, und manche, die lernt man, richtig?
» Ja, aber wenn jemand nicht begabt ist für das Klavierspielen, dann kann er das auch nicht lernen!«, sagt Michael. » Also mein Cousin zum Beispiel. Der spielt jetzt seit zehn Jahren Cello oder so, und jedes Jahr an Weihnachten spielt er uns was vor. Das ist so scheußlich, dass wir uns heimlich die Ohren zuhalten müssen. Meine Mama sagt, das wird nichts mehr mit dem Cellospielen und dem Sebastian.«
Die Kinder lachen.
Und wie ist das mit dir, David, bist du gleichzeitig Schüler und Sohn?
David kratzt sich am Ellebogen: » Ja, irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht. Ich meine, wenn ich in der Schule bin, dann ist meine Mama doch gar nicht da. Dann kann ich ihr auch nicht zeigen, dass ich ihr Sohn bin.«
Von was hängt es ab, welche Rolle ihr gerade spielt?
» Das hängt davon ab, wer da ist!«, sagt Paul.
» Ja, oder was eben gerade gebraucht wird. Zum Beispiel der Superman, also der ist nur dann Superman, wenn er gerade jemanden rettet. Dann dreht der sich so ganz schnell, und dann ist er Superman.«
Lilly rollt mit den Augen. Supermänner, die sich schnell im Kreis drehen, findet sie doof.
An was erkennt man, wer gerade welche Rolle spielt?
» An dem, was die Leute machen!«, sagt Paul.
Am Verhalten, meinst du?
» Ja, genau. Der Polizist, der teilt eben Strafzettel aus. Das muss er machen.«
Du meinst, es gibt bestimmte Regeln für jede Rolle?
» Ja. Eine Meerjungfrau zum Beispiel kann keine Strafzettel verteilen«, erklärt Lilly.
Alle prusten los, weil sie sich vorstellen, wie eine Meerjungfrau im Ozean den Verkehr regelt.
» Ich bin der Sohn von der Mama«, sagt David. » Der Papa wohnt ja nicht mehr bei uns.«
Was glaubt ihr, macht euch als Menschen aus?
» Also ich bin alles, was ich weiß!«, sagt David selbstbewusst.
» Und ich bin alles, was Gott mich gemacht hat«, sagt Michael. » Das habe ich im Kommunionsunterricht gelernt, und meine Mama sagt das auch!« Dann blickt er nachdenklich auf den Boden. » Vielleicht bin ich lieber das, was ich liebe, also meine Familie, meine Mama. Das gehört doch alles zu mir!« (Mehr wissen)
» Ich hab eine Idee. Der Name ist wichtig!«, sagt Michael.
Da kann ich euch was erzählen. Ich wurde mit vier Jahren einfach umbenannt. Ich hieß bis dahin » Thomas« und dann » Julian«.
» Das ist aber komisch«, meint Paul.
Und? Was glaubt ihr? Bin ich dann zu einem anderen Menschen geworden?
Juliette schüttelt entschieden den Kopf. » Man ist immer man selbst. Man kann nicht anders, man muss man selbst sein!«, sagt Juliette.
» Und ich glaube, logisches Denken ist wichtig«, sagt Paul.
Warum glaubst du das?
» Weil ich doch denken muss. Sonst weiß ich doch nichts.«
» Also ich, ich bin alles, was ich mir wünsche«, sagt Lilly. (Mehr wissen)
» Ich wünsche mir, später ganz viel Geld zu haben!«, ruft Paul plötzlich.
Und warum?
» Weil ich dann den Hunden helfen könnte, die kein Zuhause haben.«
» Ich wünsche mir, dass ein Lama bei uns im Garten lebt«, sagt Lilly.
» Das ist doch ein blöder Wunsch!«, sagt David.
» Und warum?«, fragt Lilly vorwurfsvoll.
» Weil das doch gar nicht geht!«
» Aber ich kann es mir vorstellen«, sagt Lilly trotzig.
Wenn du es dir vorstellst, glaubst du dann auch daran?
» Das ist nicht das Gleiche«, sagt Paul nachdenklich. » Also glauben und vorstellen, meine ich.«
Ich denke, da hast du recht. Man kann nur an etwas glauben, von dem man annimmt, dass es
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