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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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verfolgt?
    Rytkönen ging auf den Bahnhofsvorplatz. Auf dem Parkplatz stand das Auto, das Sorjonen gemietet hatte. Rytkönen probierte alle Türen aus, doch sie waren abge­ schlossen. Er grübelte angestrengt über das Rätsel Sorjonen nach. Dann stieg er in ein Taxi und wies den Fahrer an, ihn ins beste Hotel der Stadt zu bringen. Seppo Sorjonen stand keuchend im letzten Wagen des Zuges, es war äußerst knapp gewesen. Als er sich etwas beruhigt hatte, machte er sich auf, seinen trefflichen Gefährten Taavetti Rytkönen zu suchen. Er kämmte den Zug von einem Ende zum anderen durch, spähte in die Schlafwagen, fragte den Schaffner, inspizierte den Spei­ sewagen. Er stellte sich vor jeder Toilette an. Einige waren sehr verdreckt.
    Alles vergebens. Taavetti Rytkönen war nicht zu fin-den. War der Alte womöglich aus dem Zug gefallen, vielleicht in seiner Niedergeschlagenheit hinausgesprun­ gen? Verzweifelt stieg Seppo Sorjonen in Kokkola aus, wo der Schnellzug seinen nächsten Halt hatte.
    Sorjonen verbrachte die Nacht in Kokkola. Er schlief auf Bahnhofsbänken, schlich über die Bahnsteige, drückte sich in den Stadtparks herum. Im Halbschlaf sah er immer wieder das Bild seiner eigenen Hochzeit vor sich. Irmeli hatte irgendwann einmal von einer kirchlichen Trauung gesprochen. Wegen ihres Hüftlei­ dens litt sie unter einem Gehfehler, und Sorjonen stellte sich nun vor, wie er seine humpelnde Braut durch den breiten, endlosen Mittelgang zum Altar führte. Dort würden sie ihre hinkende Ehe beginnen, neugierig von den Hochzeitsgästen beobachtet. Er schämte sich zu­ zugeben, dass er den Gedanken an eine kirchliche Trauung nach der Hüftoperation erträglicher fand. Die Braut würde durch die Operation ein, zwei Zentimeter größer werden, was nur von Vorteil war. Des Guten ist nie genug.
    Gegen Morgen stieg Sorjonen in den ersten Zug nach Süden und verließ ihn in Seinäjoki. Steif vor Müdigkeit fuhr er sein Auto zum nächstgelegenen Hotel, Lakeuden Esi-Kartano, trug sich dort ein und legte sich schlafen. Er erwachte erst kurz vor zehn Uhr und eilte zum Frühstück.
    Im Restaurant befand sich noch ein weiterer später Frühstücksgast, Vermessungsrat Taavetti Rytkönen, der zum Abschluss seiner Mahlzeit Fruchtsalat löffelte. Seppo Sorjonen trat zu ihm an den Tisch. Rytkönen blickte auf, sein Gesicht leuchtete vor Freude, als er den anderen erkannte. Sie schüttelten sich eifrig die Hand.
    »Doktor Sorjonen! Was treibt dich denn hierher? Wo hatten wir uns doch gleich zuletzt getroffen?«
    ZWEI TER T E IL
    12
    Seinäjoki gehört nicht gerade zu den beliebtesten Tou­ ristenzentren Europas, das stellten Taavetti Rytkönen und Seppo Sorjonen sehr bald fest. Eine von Alvar Aalto entworfene Kirche, Lakeuden Risti, das Kreuz der Ebene, einige Verwaltungsgebäude, der Bahnhof – das war noch das Beste, was der Reisende in Seinäjoki finden konnte.
    Das Kleinstadtmilieu minderte die Wiedersehensfreu­ de. Die Männer kamen zu dem Schluss, dass sie weiter­ reisen sollten, egal wohin. Rytkönen erinnerte sich, dass hier in Österbotten, am Oberlauf des Flusses Lestijoki, ein alter Kriegskamerad wohnte, der Landwirt und ehemalige Schreiber der Panzerkompanie, Heikki Mäki­ talo. Er schlug vor, sie könnten den Veteranen besuchen und schauen, was er so trieb. Während des Krieges hatte Mäkitalo zu den besten Männern gehört.
    Sorjonen packte die Koffer und vergaß dabei auch nicht die antike Kaffeemühle, die seit Tampere zu Ryt­ könens Ausrüstung gehörte. Am nächsten Morgen be­ zahlten sie die Hotelzimmer und fuhren zum Fluss Lestijoki. Dann ging die Fahrt weiter über Lapua, Alajär­ vi und Vimpeli nach Halsua, von dort gelangten sie ins Kirchdorf Lestijärvi. Sorjonen erkundigte sich auf dem Gemeindeamt nach der Adresse der Mäkitalos. Beim Amt für Steuerwesen bekam er eine genaue Auskunft. Der unter die Liegenschaftssteuer fallende fragliche Steuerpflichtige wohne im Dorf Sykäräinen. Er sei be­ reits in Rente, betreibe aber dennoch Feldanbau, aus purem Eigensinn, obwohl das für einen Mann seines Alters auf keinen Fall mehr empfehlenswert sei. Auf dem Gemeindeamt war Mäkitalo bestens bekannt. Inoffiziell ließ man ihm durch die zwei Besucher ausrichten, er solle endlich aus den Sümpfen herauskommen und mit seiner Frau ins Altersheim ziehen, so wie es sich für anständige Rentner gehöre. Als Landwirt bringe er mehr Ärger als Nutzen. Er schlage ohne Genehmigung Bäume, bezahle keine Steuern, verklage

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