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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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unschuldige Menschen und veröffentliche in der Zeitung gemeine Hetzartikel über die Kommunalbeamten. Im letzten Winter habe eben dieser Heikki Mäkitalo eine Jagdhütte der Polizei im Kotkanneva-Moor zerstört. Er habe den Schornstein mit Dynamit voll gestopft, und als der explodiert sei, sei die ganze Hütte in die Luft geflogen und habe sich in unzähligen Einzelteilen über die Umgebung verteilt. Natürlich habe der Alte seine infame Tat nicht zugege­ ben, obwohl man ihn von offizieller Seite stark unter Druck gesetzt habe.
    Zwischen den Mooren und den verkümmerten niedri­ gen Wäldern am Fluss Lestijoki entdeckten die Männer nach langem Suchen endlich Heikki Mäkitalos Frontsol­ datenhof. Dieser befand sich am Ende einer schmalen Schotterstraße, auf einer Seite begrenzt von ödem Sied­ lungsland, auf der anderen von trostlosen Mooren. In dieser deprimierenden Landschaft hatte Frontsoldat Heikki Mäkitalo seinen Bauernhof angelegt, eine Sauna, ein Haus, einen Kuhstall und weitere notwendige Ge­ bäude gebaut. Er hatte Gräben gezogen, Bäume gefällt, Sümpfe trockengelegt, Heu gemäht und Rinder gezüch­ tet.
    Sie trafen den Hausherrn in der Stube an, wo er im Schaukelstuhl saß. Seine Frau Anna goss gerade die Blumen auf dem Fensterbrett. An der Wand hing eine Pendeluhr, die gemütlich tickte.
    Die Kriegsveteranen polterten fröhlich durcheinander, während sie sich die Hände schüttelten.
    »Menschenskinder, Rytkönen!«
    »Mäkitalo, verflucht!«
    Die Männer fragten sich gegenseitig aus, wie es ihnen ergangen sei. Mäkitalo erinnerte sich, dass sie zuletzt im Lapplandkrieg zusammen gewesen waren. Das war lange her. Man trank Kaffee. Die Hausfrau versprach, die Sauna zu heizen. Sorjonen erbot sich, Saunaholz und Wasser zu tragen. Rytkönen lobte Mäkitalos Frau, sie sei ein netter Mensch, außerdem recht jung im Ver­ gleich zu ihrem Mann.
    Als die Kriegsveteranen nackt auf der Schwitzbank saßen, sah Sorjonen mit Verwunderung die Narben auf ihrer Haut, unauslöschliche Folgen des Krieges. Mäkita­ los älteste Narbe ging auf den Winterkrieg zurück, die übrigen auf die Kämpfe auf der Karelischen Landenge und den Lapplandkrieg. Sorjonen sagte, er habe sich bisher den Krieg nicht so schlimm vorgestellt, es sei furchtbar, dass die Männer seine grausamen Spuren ihr Leben lang auf ihren Körpern tragen müssten.
    Doch die beiden Alten winkten ab: »Die paar Narben! Du hättest die Soldaten sehen sollen, die gefallen sind. Auf Finnlands Friedhöfen liegen die narbigsten toten Helden der ganzen Welt.«
    Zwischen den Saunagängen saßen die Männer drau­ ßen auf den Stufen und tranken den Kognak, den Ryt­ könen mitgebracht hatte. Mäkitalo erzählte, Rytkönen sei seinerzeit ein tollkühner Kämpfer gewesen. In den Abwehrkämpfen auf der Karelischen Landenge habe er mehrere russische Panzer zerstört.
    »Pah, die alten Schrottkisten…«
    »Oh doch, ich weiß es noch genau, immerhin war ich der Schreiber der Kompanie. Aber dann hast du einen Splitter in den Schädel gekriegt, war das in Vuosalmi?«
    »Genau. Es war das Geschoss einer Panzerabwehrka­ none, glaube ich, aber beschwören kann ich es nicht.«
    Mäkitalo berichtete, dass für Rytkönen der Krieg da­ mit erst einmal zu Ende gewesen sei, man habe ihn zum Sterben ins Lazarett gebracht. Doch noch im selben Herbst sei er wieder in seine Einheit zurückgekehrt, gerade rechtzeitig zum Lapplandkrieg, um die Deut­ schen zu vertreiben.
    »Wir haben gestaunt, was du für einen harten Schädel haben musst, dass du so schnell wieder ins Glied zu­ rückkehren konntest.«
    Rytkönen rieb sich die Schläfen.
    »Ja, hart ist er, der Kopf des Menschen, das muss man sagen… Ich habe mich aber den ganzen Sommer während meiner Krankheit schwindlig gefühlt. Erst im Herbst hat das Dröhnen in den Ohren aufgehört.«
    Mäkitalo berichtete, dass die Panzersoldaten an der Front nach Rytkönens Rückkehr zueinander gesagt hätten, dass die Deutschen nun nichts mehr zu lachen hätten. Sie hätten zur anderen Seite hinübergerufen, dass Verstärkung eingetroffen sei, der kriegswütige Rytkönen sei losgelassen worden, und er wolle am nächsten Tag angreifen. Die Deutschen hätten zurück­ gebrüllt, vor einem einzelnen Mann hätten sie keine Angst. Daraufhin hätte man sie aufgeklärt, Rytkönen sei ein solcher Berserker, dass die Russen seinetwegen einen Waffenstillstand ausgehandelt hätten und nach Berlin gezogen seien. Die Deutschen hätten nichts mehr

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