Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
sind wohl kaum allein«, betonte Jane, »und ich bin überzeugt, dass mein Ruf es genauso überleben wird, mit Ihnen hier draußen zu sein, wie Ihrer es überleben wird, sich mit mir da drinnen gezeigt zu haben.« Sie lächelte ihn an, sog tief die Nachtluft ein und entspannte sich, als sie wieder ausatmete. »Wobei eine Zeit lang die Frage offen war, ob Sie es da drinnen überleben.«
Leise lachend stimmte er ihr zu. »Einen Moment lang hing alles am seidenen Faden.«
Sie schwiegen eine Weile … nicht unbehaglich, sondern um die milde Luft zu genießen und auf die Geräusche in ihrer Nähe zu lauschen. Wie angenehm es ist, ein paar Sekunden zu schweigen, ging es Jane durch den Sinn. Normalerweise war ihr Alltag von Geräuschen überflutet – normalerweise genoss sie es auch und empfand Stille als bedrückend, fast als erstickend. Aber wie angenehm, mit jemandem gemeinsam zu schweigen!
In diesem Augenblick hörten sie das Geraschel im Gebüsch weiter vorn, das spitzbübische Gekicher der beiden Jungen, die viel länger aufgeblieben waren als erlaubt. Jane konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber Byrne … sie konnte beobachten, wie er lauschte. Er bewegte weder Kopf noch Blick, aber sie sah, wie er die Augen zusammenkniff und dass seine grimmige Miene zurückkehrte.
»Jetzt!«, war das einzige Wort, das sie verstand, just bevor sie die beiden kleinen Gestalten, die zwei rote Kugeln mit großer Geschwindigkeit in die Luft schleuderten, aus dem Gebüsch stürmen sah.
Oh nein, bitte nicht.
Im Bruchteil der Sekunde vor dem Aufschlag versuchte Jane sich zu ducken, versuchte auszuweichen. Zu spät. Sie krümmte sich, bedeckte ihre Augen …
Und erhaschte einen blitzschnellen Blick auf Mr Worths Hände, mit denen er die Wurfgeschosse auffing.
»Verflixt!«, hörte Jane Michael Wilton sagen – jetzt gab es kein Verstecken mehr, der Junge hatte sich erschrocken aus dem Gebüsch aufgerichtet. »Er hat sie gefangen!«
»Er muss der Straßenräuber sein«, lispelte sein kleiner Bruder Joshua, der wie in Ehrfurcht erstarrt schien. Byrne wandte den Kopf, nur ganz leicht, sodass er den Jungen in die Augen schauen konnte. Dann zog er die Brauen ein ganz kleines Stück nach oben. Und wenn Jane es nicht besser gewusst hätte, hätte sie schwören können, dass er knurrte.
»Lauf!«, schrie Michael. Zusammen mit Joshua rannte er in Windeseile zum Haus der Wiltons zurück – und sie ließen nur eine Staubfahne zurück.
Byrne richtete sich auf und drehte sich zu ihr. »Apfel gefällig?«, fragte er und bot ihr eine der roten Kugeln an. Jane war zwar nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen oder etwas zu sagen, griff aber nach dem Apfel. »Ziemlich fest«, bemerkte er, als er hineinbiss, »und süß. Als ich noch ein Kind war, haben wir zum Werfen immer die verfaulten Äpfel genommen. Wenn die aufprallen, explodieren sie förmlich und richten eine schöne Sauerei an. Diese hier verursachen eher Kopfschmerzen, als dass sie die Kleidung ruinieren.«
»Sie haben sie aufgefangen«, stieß Jane aus, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden und auch ihr Herzschlag sich einigermaßen beruhigt hatte.
»Ja.«
»Sie haben sie aufgefangen «, wiederholte sie.
»Um Himmels willen, ja, Madam – ich konnte doch hören, wie die Jungs im Gebüsch geraschelt haben … ich war selbst mal Junge. Ich hatte das Gefühl, dass Unfug im Anmarsch ist.« Er bückte sich und schwankte ein wenig, als er sich den Stock schnappte, der zu Boden gefallen war – er hatte ihn losgelassen, um das Obst vom Himmel zu pflücken, wie Jane noch immer beeindruckt dachte.
»Ein paar Fähigkeiten von damals sind übrig geblieben«, brummte er.
»Aber wie …«, fing Jane wieder an, doch er schüttelte den Kopf.
»Niemals würde ich irgendwelche Geschäftsgeheimnisse verraten.« Fröhlich biss er in seinen Apfel.
»Ich sollte in den Saal gehen und es Sir Wilton berichten«, bemerkte Jane und drehte den Apfel in ihrer Hand hin und her. »Er besitzt die Dreistigkeit, Sie abzuweisen, aber was hat er eigentlich für Söhne? Es sind die größten Unfugmacher im Dorf seit …«
»Seit?«, drängte er neugierig und biss wieder in seinen Apfel.
»Seit mir.« Sie lächelte verschmitzt.
In seinen Augen blitzte die boshafte Neugier. »Nun, einmal davon abgesehen, dass Sie im Alter von fünf Jahren nackt über genau diesen Dorfplatz gerannt sind, was haben Sie sonst noch angestellt in Ihrer Jugend?«, fragte er. Eine unerwartete Drehung verwandelte sein
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