Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
zurückgezogen.
Wie auch jetzt.
»Warum lachen Sie?«, knurrte er. »Mag sein, dass ich Ihren Bruder nicht besonders schätze, aber ihn auszulachen ist auch nicht besonders nett.«
»Das mache ich doch gar nicht!«, protestierte sie. »Ich lache, weil sich nichts geändert hat. Ich könnte ebenso gut noch immer zwölf Jahre alt sein. Jason schwärmt nach wie vor für Penelope, und ich verstecke mich in einem Gebüsch und hole mir Schürfwunden.« Sie schaute sich um. »Warum verstecken wir uns eigentlich immer noch?«
Sie lächelte ihn an. Ihre Augen glänzten vom vielen Lachen und strahlten glücklich.
In ihrem Haar hatte sich ein Blatt verfangen. Am Ellbogen hatte sie einen Schmutzfleck. Und das Begehren nach ihr raubte Byrne die Beherrschung.
Zum Teufel damit. »Deshalb«, sagte er und küsste sie.
Hart und schnell. Ihr überraschter leiser Aufschrei wurde zu einem leisen Stöhnen.
Es war unglaublich erregend.
Er gab sie frei, bevor sie weiter protestieren konnte. So schockiert wie sie aussah, hatte sie das wohl auch tun wollen.
»Warum … warum hast du das getan?«, wisperte sie.
Er zuckte die Schultern. »Weil es das wert war«, wisperte er zurück und grinste in die Dunkelheit. Ja, zum Teufel, das war es wert gewesen.
Sie hätte ihm eine Ohrfeige verpassen können. Sie hätte beleidigt davonrauschen können; er hätte sie nicht gehindert. Aber wie auch immer ihre Reaktion gewesen wäre, das Schicksal wollte es nicht, dass sie es jemals erfuhren. Denn in diesem Moment näherten sich Schritte, und es erklangen Stimmen – und was Jane und Byrne hörten, war noch interessanter als die letzte Unterhaltung, die sie belauscht hatten.
Das Gebüsch erwies sich in dieser Nacht als ausgesprochen nützlich.
»Hast du das auch gesehen?«, flüsterte die erste Stimme hastig. »Gold, Brillanten …« Zu wem die Stimme gehörte, war nicht zu erkennen, aber der Mann sprach mit dem hiesigen harten Akzent. »So viele Leute – auf der Straße raus aus dem Dorf können wir bestimmt gute Beute machen, das sag ich dir.«
Zwei Männer gingen jetzt am Gebüsch vorbei. Byrne versuchte vergeblich, durch das Dickicht etwas zu erkennen. So großartig es als Versteck auch war, wenn man etwas sehen wollte, erwies sich das dichte Laub als Nachteil.
Obwohl Byrne sich anstrengte, verstand er nicht, was der andere Mann erwiderte. Die Männer hatten sich inzwischen zu weit entfernt, und ihre Stimmen verschmolzen mit der Musik, die vom Fest herüberwehte.
Byrne räusperte sich. »Nun, dieses Versteck erweist sich als informativer, als ich anfangs gedacht hatte.«
»Das kann man wohl sagen. Habe ich eben wirklich die Straßenräuber gehört?«
»Möglicherweise.« Byrne wagte es, den Kopf zu heben und über den Rand des Gebüsches in die Richtung zu schauen, in der die Männer verschwunden waren – in Richtung der Dorfmitte. Aber es war zu dunkel, um Genaueres erkennen zu können.
»Du solltest ihnen folgen und sie dingfest machen!«, rief Jane.
»Unter welcher Anklage? Weil sie sich darüber unterhalten haben, dass heute Nacht viele Leute auf der Straße unterwegs sein werden, die aus dem Dorf hinausführt? Du hast doch selbst gesagt, dass wir Beweise brauchen.« Byrne starrte in die Dunkelheit und auf den schwarzen Schlund der Straße. »Ich nehme die Verfolgung auf.«
»Ich komme mit«, bot Jane sich an.
»Auf keinen Fall. Was würde dein Vater sagen, dass seine beiden Kinder das Fest ohne ihn verlassen haben? Und was würden erst die Dörfler dazu sagen?«
»Oh! Du hast natürlich recht. Ich sollte wirklich zurückkehren … wie lange sind wir eigentlich schon hier draußen?«
»Erst seit ein paar Minuten«, versicherte Byrne, als sie sich vorsichtig erhoben. Für sein Bein fühlte es sich an, als hätte er ein paar Stunden in der Hocke verbracht.
Er wartete, bis Jane sich das Kleid glatt gestrichen und geprüft hatte, ob ihre Frisur noch saß
»Habe ich was übersehen?«, erkundigte sie sich, während sie sich auch noch den Schmutzfleck vom Ellbogen rieb.
Byrne konnte nicht widerstehen. Er streckte die Hand aus und zog ein kleines Blatt aus den kupferfarbenen Locken hinter ihrem Ohr. »Du bist perfekt«, sagte er.
Das zauberte ihr ein Lächeln auf die Lippen. Und weil sie lächelte, und weil er spürte, wie sehr sein Verlangen ihn zu ihr zog und ihm einflüsterte, er solle seine guten Vorsätze vergessen, ließ er diese Worte für diesen Abend das Letzte sein, was er zu ihr sagte.
Er wandte sich ab und ging
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