Der Sommer, der nur uns gehoerte
und dass ich mir ja weiterhin alle Möglichkeiten offenhielt. Das war auch alles richtig. Aber vor allem war richtig, dass ich in seiner Nähe sein wollte. Zu jeder Jahreszeit, nicht nur im Sommer.
Und jetzt lagen wir hier nebeneinander in meinem Wohnheimbett. Er war ein Sophomore, während für mich gerade das Freshman-Jahr zu Ende ging. Es war wirklich verrückt, wie das alles mit uns gekommen war. Wir kannten uns, solange wir lebten, und deshalb waren wir einerseits selbst überrascht von den Ereignissen, andererseits fühlte es sich so an, als hätte es einfach so kommen müssen.
2
Jeremiahs Verbindung machte eine Party zum Ende des Collegejahres. In weniger als einer Woche würden wir alle in die Sommerferien aufbrechen und erst Ende August wieder zurück sein. Immer war der Sommer meine liebste Jahreszeit gewesen, doch als es jetzt endlich so weit war, dass ich nach Hause fahren konnte, sah ich dem Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Ich hatte mich daran gewöhnt, Jeremiah jeden Morgen unten beim Frühstück zu treffen und spätabends in seinem Verbindungshaus mit ihm zusammen meine Wäsche zu erledigen. Er war richtig gut darin, meine T-Shirts zu falten.
Er würde diesen Sommer wieder ein Praktikum in der Firma seines Vaters machen, während ich wie schon im letzten Jahr bei Behrs, einem Familienrestaurant, kellnern würde. Zwischendurch wollten wir uns, sooft es ging, im Sommerhaus in Cousins treffen. Im vergangenen Sommer hatten wir es kein einziges Mal dorthin geschafft, weil wir beide so viel gearbeitet hatten. Ich hatte jede Schicht übernommen, die ich ergattern konnte, um Geld fürs College zu sparen. Doch die ganze Zeit über hatte ich eine Leere in mir gespürt â es war der erste Sommer, den ich nicht in Cousins verbrachte.
Einige wenige Glühwürmchen waren schon unterwegs. Es wurde gerade dunkel, und der Abend war nicht allzu heiÃ. Ich hatte Schuhe mit hohen Absätzen an, was blöd von mir war, da ich mich im letzten Moment ganz spontan entschlossen hatte, nicht den Bus zu nehmen, sondern zu laufen. Vermutlich war es das letzte Mal für lange Zeit, dass ich an einem so schönen Abend zu Fuà über den Campus gehen würde.
Ich hatte Anika und unsere Freundin Shay eingeladen, aber Anika wollte zu einer Party ihrer Tanzgruppe, und Shay war bereits mit allen Prüfungen fertig und zu ihrer Familie nach Texas geflogen. Und Taylor konnte auch nicht kommen, da ihre Studentinnenverbindung heute zusammen mit einer der Verbindungen der Jungen feierte. Also waren wir allein, meine wunden FüÃe und ich.
Ich hatte Jeremiah eine SMS geschrieben, dass ich auf dem Weg sei, aber zu FuÃ, deshalb würde ich noch eine Weile brauchen. Ich musste immer wieder stehen bleiben, weil die Riemchen meiner Schuhe an den Fersen einschnitten. High Heels waren einfach bescheuert, entschied ich.
Auf halber Strecke sah ich ihn, er saà auf meiner Lieblingsbank. Als er mich bemerkte, stand er auf: »Ãberraschung!«
»Du hättest mir nicht entgegenkommen müssen«, sagte ich. Gleichzeitig war ich sehr froh, dass er da war. Ich setzte mich.
»Du siehst heià aus«, sagte er.
Obwohl wir jetzt schon zwei Jahre zusammen waren, wurde ich immer noch schnell rot, wenn er so etwas sagte. »Danke«, sagte ich. Ich trug ein weiÃes Sommerkleid mit blauen Blümchen und Rüschenträgern, das ich mir von Anika geliehen hatte.
»Dein Kleid erinnert irgendwie an The Sound of Music , aber es ist echt heiÃ.«
»Danke«, sagte ich noch einmal. Sah ich etwa aus wie Fräulein Maria aus dem Musical? Das wäre allerdings nicht so toll. Ich strich die Rüschen ein bisschen glatt.
Ein paar Jungs, die ich nicht kannte, blieben stehen und begrüÃten Jeremiah, aber ich blieb sitzen und gönnte meinen FüÃen noch etwas Ruhe.
Als die Jungs weg waren, fragte Jeremiah: »Bist du so weit?«
Ich stöhnte auf. »Meine FüÃe bringen mich noch um. High Heels sind blöd.«
Jeremiah bückte sich tief und sagte: »Sitz auf, Mädchen.«
Kichernd kletterte ich auf seinen Rücken. Ich musste immer kichern, wenn er mich »Mädchen« nannte, ich konnte nichts dagegen machen. Es war einfach komisch.
Er schob mich hoch, und ich legte ihm die Arme um den Hals. »Kommt dein Dad am Montag?«, fragte Jeremiah, als er mich über den groÃen Rasen
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