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Der Sommer der Schmetterlinge

Der Sommer der Schmetterlinge

Titel: Der Sommer der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lisboa
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geworden war, Eduarda mit den hellen Augen, die gerade schlief und einen Traum träumte, in dem dieses Lied erklang: Do you miss me, Miss Misery, like you say you do .
    Eine Fledermaus flog dicht an Clarice vorbei, ein schneller Schatten vor dem dunkler werdenden Himmel. Dann noch eine und noch eine – oder war es immer dieselbe? Sie hob den Blick und sah die ersten Sterne am Himmel funkeln. Dieser Moment hatte immer etwas Besonderes. Sie lehnte sich an die Stalltür und beobachtete, wie die Sterne sich langsam vervielfachten. So langsam.
    Als sie zum Haus zurückkehrte, fand sie weder Maria Inês noch Tomás vor. Eduarda saß allein im Wohnzimmer, die Haare noch feucht von der Dusche, der Raum war erfüllt von Lavendelduft.
    Ich dachte, meine Mutter ist bei dir, sagte Eduarda.
    Nein. Sie ist bei Tomás.
    Eduada nickte und sagte: Dieser Mann, den sie hier auf der Fazenda außer dir treffen wollte.
    Ja.
    Wo sind sie hin?
    Keine Ahnung.
    Essen wir schon, oder warten wir auf sie?
    Wie du möchtest.
    Dann warten wir noch ein bisschen, okay?
    Okay.
    Erst viel später kam Maria Inês zurück. Es war bereitsnach elf. Sie sagte nichts und entschuldigte sich auch nicht. Sie ging in die Küche und wärmte sich etwas in einem Topf auf, denn auf der Fazenda gab es keine Mikrowelle. Ohne Fragen zu stellen, leistete Clarice ihr Gesellschaft, während Eduarda mit ihrer Gitarre im Wohnzimmer saß, Akkorde griff und mit ihrer dünnen Stimme Do you miss me, Miss Misery, like you say you do sang.
    Der Steinbruch schlief, und es schliefen die bunten Schmetterlinge.
    Nicht weit entfernt aber war jemand, der nicht schlafen konnte. Ein Mann, der mit hellen Augen in die Nacht starrte.
    Diesen Pfad war Clarice so oft gegangen, dass sie ihn mit verbundenen Augen hätte zurücklegen können. Auch damals schon, als Kind. Und selbst nachdem sich alles geändert hatte, blieb der Weg derselbe. Wurde nicht breiter, wurde nicht schmaler, sondern bewahrte sorgfältig seinen Charakter. Der Boden machte verschiedene Phasen durch: In der Regenzeit bildeten sich Furchen und kleine Seen, an denen sich später Dutzende von Schmetterlingen versammelten. In der Trockenzeit wurde er hart und rissig. Fast immer war er mit Pferdeäpfeln beschmutzt, manchmal auch mit dem Kot von Ziegen. Aber es blieb dieselbe Erde, derselbe Weg.
    Nachts sah er schöner aus, sanfter, mitunter erinnerte er an die Oberfläche des Mondes, die Steine warfen das milchige, surreale Licht zurück. Nebenan auf der Weide, hinter der Einfriedung aus Stacheldraht, schliefen dieKühe. Fast alles schlief, während Clarice den vertrauten Pfad entlangging, der bis an die Tür eines ehemaligen Landarbeiterhauses führte. Sie hatte es nicht eilig.
    Maria Inês und Eduarda hatten sich in ihre Zimmer zurückgezogen, ob sie nun schliefen oder nicht. Zuvor hatte Clarice mit Maria Inês am Esstisch gesessen und gelächelt, als sie merkte, dass es letztlich doch schön war, sie wieder dazuhaben. Die Pendeluhr hatte Mitternacht geschlagen. Zwölf Glockenschläge, und es erschien kein gelber Teufel, kein Aschenputtel musste überstürzt fliehen. Dann schlug die Uhr eins. Und noch später trat Clarice hinaus. In die Nacht. Um eine offene Tür zu suchen und zu finden.
    In seinem Haus, dem ehemaligen Landarbeiterhaus, brannte Licht. Es brannte Licht, und die offene Tür war wie ein Leuchtfeuer mitten in der Nacht. Mitten in der Welt.
    Clarice blieb am Eingang stehen, auf dem alten Teppich aus Stoffresten, und sagte: Ich habe gewusst, dass du noch nicht schläfst.
    Ich glaube, ich werde auch nicht mehr schlafen, erwiderte Tomás.
    Kann ich mir denken.
    Komm rein. Wir können uns einen Tee kochen. Ich habe noch eine Dose, die Cândido von einer Reise mitgebracht hat. Möchtest du?
    Ja.
    Sie gingen in die Küche, Clarice füllte den verbeulten Aluminiumkessel mit Wasser und meinte: Maria Inês sagt,man soll lieber Töpfe aus rostfreiem Stahl benutzen. Oder aus Eisen oder Ton. Aluminium kann Demenz hervorrufen, du weißt schon, Alzheimer. Es lagert sich mit der Zeit im Gehirn ab oder so. Hast du das gewusst?
    Nein, antwortete Tomás. Aber ich habe sowieso nur Aluminiumtöpfe.
    Er nahm die beigefarbene Teedose. Earl Grey. Ohne Brille konnte er die winzigen Buchstaben nicht mehr lesen, die erklärten: By appointment to Her Majesty Queen Elizabeth II. Tea and coffee merchants R. Twining & Co. Ltd. London . Sie stellte das Wasser auf den Herd. Tomás besaß keine speziellen Gerätschaften, um Tee zu kochen. Also

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