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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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Erklärungen und Lösungen für die Situation zu entwickeln.
    Anna werkelte eine Zeitlang in der Küche herum und machte ein paar belegte Brote. Auch wenn niemand wirklich Appetit hatte, war nicht zu verleugnen, dass keiner der Anwesenden seit dem letzten Frühstück etwas zu sich genommen hatte und dass ein kleiner Snack sicherlich kein Fehler sein mochte.
    Außerdem verbrachte sie viel Zeit in ihren Privaträumen, um die Wunden ihrer Stigmata zu versorgen. Dabei stellte sie beunruhigt fest, dass diese Wunden immer größer wurden. Wenn kein Wunder geschah, würde sie in wenigen Tagen ihre Hände vergessen können.
    Anna hatte gerade die Wunden desinfiziert und frische Verbände angelegt, als ihr Handy klingelte. Über das Festnetz waren nach wie vor keine Anrufe zu erwarten, da das Telefonnetz durch den Unfall weiterhin lahmgelegt war.
    Sie beantwortete den Anruf und nahm die nächste Hiobsbotschaft in Empfang. Ihr Freund Kurt, der neben Werner als Totengräber die unverwesten Leichen entdeckt hatte, war nach dieser Entdeckung ohnehin kaum noch ansprechbar gewesen. Jetzt hatte ihn seine Schwester erhängt im Dachboden aufgefunden.
    Als sie zurück zu den anderen ging, hätte sie am liebsten alle Anwesenden aus dem Gastraum geworfen. Stattdessen gab sie sich einen Ruck und ging zu Bianca, um ihr davon zu erzählen.
    Berghausen selbst war wie ausgestorben. Lediglich Zombies und Polizisten waren auf den Straßen unterwegs.
    In den Häusern starben nach wie vor Menschen, die wenig später ihre Heime verließen, um sich zu den anderen lebenden Toten auf dem Hexenhügel zu gesellen.
    In Annas Gasthof war die Stimmung auf dem Tiefpunkt. 

Kapitel 6
    Das Massaker
    1.
Als das langsam einsetzende Morgengrauen den neuen Tag ankündigte, war den meisten klar, dass dieser Tag der schlimmste werden konnte, den dieser Ort je erlebt hatte.
    Die Straßen waren wie leergefegt. Auch lebende Tote sah man nicht. Einige Polizisten beobachteten die Umgebung. Obgleich Werktag war, ging niemand zur Arbeit, niemand verrichtete sein Tagwerk, auch spielende Kinder würde man an diesem Tag vergeblich suchen. Es war, als würde dieser Ort kein lebendes Wesen mehr beherbergen. In Wahrheit verschanzten sich alle Menschen in ihren Häusern und harrten ängstlich der Dinge, die da kommen sollten.
    Die größte Angst der Menschen resultierte aus der Tatsache, dass die Grenzen dessen, was nach Maßgabe des gesunden Menschenverstandes passieren durfte, vollständig aus den Angeln gehoben wurden. Niemand vermochte zu sagen, welches Grauen auf diesen einst beschaulichen Ort noch hereinbrechen würde.
    Berghausen war zwar nie die Touristenmetropole schlechthin gewesen, aber dennoch genoss dieser Ort bei den Sommer- wie Wintergästen einen guten Ruf. Dieser war bis auf Weiteres dahin – darin waren sich alle einig. Hinzu kam noch, dass bereits jetzt viele den Entschluss gefasst hatten, dem Ort bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu verlassen. Die ersten beiden Häuser wurden bereits jetzt im Internet bei verschiedenen Online-Auktionen zur Versteigerung feilgeboten.
    Auch die Anwesenden in Annas Pension waren in diesen Augenblicken nicht in der Verfassung, Zukunftspläne zu schmieden. Anna selbst hatte sich leise weinend hinter die Theke verzogen. Alle anderen waren taktvoll genug, sie erst einmal in ihrer Trauer alleine zu lassen. Klaus und Dr. Kovacs brüteten vor sich hin und versuchten, einen Ausweg aus dieser abstrusen Situation zu finden. Konstruktive Ideen hatte aber niemand zu bieten.
    Bianca arbeitete sich immer noch durch das Buch. Sie war mittlerweile auf der letzten Seite angelangt und machte sich fleißig Notizen. Schließlich war sie so weit, dass sie das Buch beiseitelegen und ihre Notizen in einen halbwegs verdaulichen Fließtext übertragen konnte. Je weiter sie kam, desto weniger gefiel ihr das, was sie gerade zusammenfasste.
    2.
Was zu viel war, war zu viel. Bürgermeister Staudinger hatte nun endgültig die Nase voll. Er hatte die Verantwortung für diesen Ort und dieser Verantwortung musste er nun gerecht werden.
    Lange – vielleicht schon zu lange – hatte er hinausgezögert, was er eigentlich tun musste. Er war neben dem Pfarrer und zwei weiteren Menschen derjenige, der zu den Eingeweihten zählte. Der Pfarrer war tot, die beiden anderen Eingeweihten waren offenkundig zu feige, das zu tun, was getan werden musste – also oblag es nun ihm, dafür zu sorgen, dass Berghausen wieder zu dem friedlichen Ort wurde, für den er

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