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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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musste, die Nerven behielt und genau zu erkennen gab, wann er für Hilfe von außen wirklich dankbar war.
    „Einundsechzig von diesen lebenden Leichen“, sinnierte Eichhorn, nachdem er sich geduldig die Geschichte, von Bianca grob zusammengefasst, angehört hatte. „Das klingt ja eigentlich noch nach einer Situation, die sich meistern lassen dürfte.“
    „Unterschätzen Sie das nicht“, warnte Bianca. „Mit dem ersten lebenden Toten habe ich mich schon vor ein paar Tagen herumprügeln dürfen und das hat mir zu einem ordentlichen Rippenbruch verholfen. Dann kommt dazu, dass die Leichen nicht nur hier auf diesem Ort beschränkt sind. Wir sind unterwegs noch auf eine Wasserleiche gestoßen, die hinter uns her war.“
    Bianca erzählte die Geschichte mit dem Tümpel, wobei sie den Grund dieses Ausflugs großzügig modifizierte und den Punkt mit den Köpfen schlichtweg ausließ.
    „Und es werden sicherlich noch mehr Menschen in den nächsten Stunden sterben“, gab Anna zu bedenken – in erster Linie, um von dem unangenehmen Thema mit dem Tümpel abzulenken, bevor sich noch jemand verplapperte. Eichhorn war zwar wirklich ein sehr netter Mensch, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er Polizist war und dass sie – man konnte es drehen und wenden, wie man wollte – eine Straftat begangen hatten.
    „Ich wundere mich, dass noch niemand von uns etwas von der Sache hier mitbekommen hat“, sagte Eichhorn. „Ich meine, wenn es schon in den letzten Tagen zu Zwischenfällen kam, wieso werden wir erst jetzt darauf aufmerksam, wenn die Sache hier eskaliert?“
    „Erstens“, begann Bianca. „Selbst wenn wir uns gemeldet hätten, wären wir doch mit einiger Sicherheit für bekloppt erklärt worden, wenn wir die Geschichte in dieser Form einem Polizisten weitererzählt hätten.“
    „Da muss ich Ihnen recht geben“, erklärte Eichhorn unumwunden.
    „Außerdem gibt es bereits zwei Polizisten, die davon wissen. Einer ist Kommissar Kellermann. Den konnten wir direkt einweihen, weil er einen lebenden Toten gesehen hatte.“
    „Kellermann?“ Eichhorn hob die Augenbrauen. „Der ist gut. Zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber gut.“
    „Seine gewöhnungsbedürftigste Eigenschaft ist im Moment die, dass er tot ist“, sagte Bianca seufzend und berichtete knapp, was vorgefallen war. Kovacs ergänzte noch ein paar medizinische Details, damit sich Eichhorn ein Bild davon machen konnte, wie gefährlich es mitunter sein konnte, wenn jemand von den Untoten verletzt wurde.
    Eichhorn machte sich einige Notizen und äußerte unverbindlich, dass ihm der Tod von Kellermann sehr leid tat.
    „Wer ist denn der zweite Kollege?“, fragte Eichhorn.
    „Ein gewisser Inspektor Holzacher“, antwortete Bianca.
    „Oh Gott, Sie Ärmste“, rief Eichhorn lachend aus. „Da haben Sie aber nicht gerade die Koryphäe der deutschen Polizei erwischt, um es mal vorsichtig auszudrücken.“
    „Der Kerl ist unfähig!“, polterte Bianca. „Und ein Arschloch!“
    „Dem habe ich nichts hinzuzufügen“, antwortete Holzacher grinsend. „Aber wie dem auch sei. Mit ihm haben Sie vorerst nicht viel zu tun. Der hat sich heute für die nächsten zwei bis drei Wochen krank gemeldet. Keine Ahnung was er mal wieder hat.“
    „Dicke Eier“, sagte Bianca glucksend.
    „Wie bitte?“
    Bianca erzählte kurz von ihrer Begegnung mit Holzacher bei den geköpften Rockern und berichtete anschließend von der Begegnung am heutigen Nachmittag.
    „Und dann haben Sie ihm also die Familienjuwelen massiert“, fragte Eichhorn breit grinsend nach.
    „So in etwa.“
    „Als Polizist müsste ich jetzt eine Anzeige aufnehmen. Denn was Sie getan haben, darf ich so gar nicht durchgehen lassen. Zu dumm für den Kollegen Holzacher, dass ich zu dem Zeitpunkt, wo Sie mir davon berichtet hatten, gerade meine Mittagspause hatte und Privatmann war. Erzählen Sie es aber keinem Kollegen weiter. Es gibt keinen von uns, der Holzacher wirklich leiden kann, und in Wirklichkeit steht er auch schon ganz oben auf der Abschussliste, aber es gibt Vorschriften und es gibt auch Kollegen, die diese punktgenau befolgen.“
    „Danke“, sagte Bianca. „Werde ich mir merken.“
    „Na gut.“ Eichhorn rieb sich die Handflächen am Hosenbein trocken. „Was ist Ihre Einschätzung? Was sollen wir jetzt tun?“
    „Im Moment können Sie, glaube ich, nicht viel tun. Sorgen Sie dafür, dass der lebende Teil der Bevölkerung hier dem toten Teil nicht zu nahe kommt und stellen Sie

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