Der Sommer der toten Puppen
sagen wir, vor ein paar Jahren, als er im Sommer hier war. Ich habe etwas auf seinem Computer gefunden. Mit Passwörtern kenne ich mich aus. Aber Sie werden es nicht beweisen können, weil nichts mehr darauf zu finden ist.« Er lächelte weiter. »Nicht die geringste Spur.«
Da bin ich dir aber dankbar, blöder Arsch, dachte Leire. Aleix, der Wichtigtuer, der immer beweisen wollte, dass er der Schlauste war. Dich Angeber kriege ich schon.
»Und als Marc aus Dublin zurückkam, fest entschlossen, den Jungen zu finden, der Iris missbraucht hatte, da hast du eins und eins zusammengezählt und gedacht, es könnte Edu sein, nicht wahr? Irgendwie wusstest du noch, dass er Betreuer im Ferienlager von Fèlix war, und deine Familie und die Castells haben sich schon immer gut verstanden. Marc erinnerte sich nicht mal an Edu, und dich kannte er auch noch nicht, als alles passierte. Und Edu lebt seit Jahren woanders ... An Orten, wo er Hilfsprojekte betreut. Und mit kleinen Mädchen spielt.«
Er hielt dreist ihrem Blick stand.
»Das haben Sie gesagt, nicht ich.«
Leire machte eine Pause. Sie kamen zum heikelsten Punkt des Ganzen, zu dem Punkt, an dem sie nicht weiterwusste und fragen musste, an dem sie geschickter sein musste als dieser eingebildete Schnösel. Sie nahm sich ein paar Sekunden Zeit, bevor sie die nächste Frage formulierte.
Im Raum nebenan sah sich ein schweigsamer und verängstigter Eduard der angespannten, harschen Stimme von Inspektor Salgado ausgesetzt. Der hatte ihm Punkt für Punkt und in allen Einzelheiten erzählt, was in Iris’ Tagebuch stand.
»Und außerdem hast du auch noch Pech gehabt«, sagte er zum Schluss. »Denn aus irgendeinem rechtlichen Grund, den ich nie verstehen werde, verjähren Missbrauchsfälle nach fünfzehn Jahren. Und seit damals sind erst dreizehn Jahre vergangen. Du weißt, was Kinderschänder im Gefängnis erwartet?«
Edu wurde bleich, es sah aus, als würde er auf seinem Stuhl zusammenschrumpfen. Ja, wer wusste das nicht.
»Aber in deinem Fall kommt es noch schlimmer, denn ich werde dafür sorgen, dass die Beamten es den Häftlingen, die sie dir in die Zelle stecken, sagen. Und dass sie bei der Gelegenheit auch gleich fallenlassen, dass du reich bist und dich dank Papis Verbindungen jahrelang der Justiz entzogen hast.« Er lachte, als er das Gesicht dieses Jämmerlings sah. »Wenn die Häftlinge etwas hassen, dann Kinderschänder und reiche Söhnchen. Ehrlich gesagt, ich möchte nicht in deiner Haut stecken, wenn drei oder vier von ihnen dich mal in die Zange nehmen ... und die Wächter woanders hinschauen.«
Er schien kurz davor, zusammenzubrechen. Sehr schön, so gefällst du mir, dachte Salgado.
»Aber klar, wenn du ein bisschen mithilfst, tue ich vielleicht das Gegenteil. Vielleicht bitte ich die Beamten, dich zu beschützen, sage ihnen, dass du ein anständiger Kerl bist, der mal einen Fehler gemacht hat.«
»Was wollen Sie wissen?«
»Was hat dir dein Bruder erzählt?«
Leire hob gerade zu ihrer nächsten Frage an, als Héctor hereinkam, langsam auf Aleix zuging und sehr leise zu ihm sagte:
»Edu hat mir eine Menge Dinge erzählt, Junge. Die Aussicht auf ein Leben hinter Gittern hat ihn gesprächig gemacht.«
Salgado setzte sich auf die Tischkante, ganz dicht neben Aleix.
»Und am Ende habe ich mir eine Meinung über dich gebildet. Möchtest du sie hören?«
Der Junge hob nur kurz die Schultern.
»Antworte, wenn ich mit dir spreche.«
»Sie sagen es mir doch sowieso, oder?«, erwiderte Aleix.
»Ja. Du bist ein schlaues Kerlchen. Sehr schlau. Zumindest in der Schule. Der Klassenbeste, immer der Anführer der Gruppe. Ein hübscher Junge aus reicher Familie. Aber im Grunde weißt du, dass in dieser Familie eine Menge Dreck unter den Teppich gekehrt wird. Die anderen sind dir egal, aber Edu ist etwas Besonderes. Für Edu hast du eine Menge getan ...«
Aleix schaute zu ihm auf.
»Edu hat mir vor Jahren sehr geholfen.«
»Ich weiß ... Deshalb konntest du nicht zulassen, dass Marcs Plan greift. Es war ein etwas hirnrissiger Plan, aber er hätte aufgehen können, und dann hätte sich dein lieber Edu mit ein paar sehr unangenehmen Dingen herumschlagenmüssen. Hast du Marc deshalb umgebracht? Damit er nicht weitermacht?«
»Nein! Ich habe es Ihnen schon hundertmal gesagt. Ich habe Marc nicht umgebracht. Weder ich noch Edu ...«
»Im Moment jedenfalls deutet alles darauf hin, dass ihr in den Knast wandert.«
Aleix sah Salgado an, dann Leire. Schließlich warf
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