Der Sommer der toten Puppen
er den Kopf zurück, schloss die Augen und seufzte. Als er sie wieder aufschlug, fing er an und sprach, langsam, fast erleichtert.
»Marc war unglaublich sauer auf seinen Onkel, weil der sich geweigert hatte, ihm den Namen des Betreuers zu nennen. Dann kam ihm diese absurde Idee ...« Er macht eine Pause. »Sie wissen schon alles, oder? Ich nehme an, Sie haben in Ginas Zimmer den Stick gefunden.«
Leire wusste nicht, wovon er sprach, aber sie pflichtete bei:
»Ich hatte Glück. Als du weg warst, habe ich ihn mitgenommen.«
»Dann haben Sie es ja gesehen. Die Fotos von Natàlia brauchten nur noch auf den Computer seines Onkels übertragen zu werden. Einerseits wäre es lustig gewesen: das Gesicht des tüchtigen Paters Castells, wie er den Rechner hochfährt und die Fotos eines nackten Mädchens sieht, dazu noch ein paar weitere, die Marc aus dem Internet hatte. Marc hat sich richtig ins Zeug gelegt für die Fotos, einmal hat er abends, als sie schlief, jede Menge von dem Mädchen gemacht. Wussten Sie, dass kleine Chinesinnen bei Pädophilen der Hit sind?«
Leire versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie nervös und angewidert sie war. Im Geiste knüpfte sie Fäden zusammen, dachte voraus, um nicht zu patzen. Aber dann schaltete sich Salgado ein:
»Wenn jemand davon erfahren hätte, wäre es für ihn nicht leicht gewesen, die Fotos zu erklären.«
»Und die Soutane hätte ihm ausnahmsweise einmal nicht geholfen. Im Gegenteil, die Gerüchte, wären gleich losgegangen«, nahm Leire den Faden auf.
»Gerüchte, wie ihr sie in der Schule über eine Lehrerin verbreitet habt.«
Aleix lächelte spitz.
»Ja. Diese Schlampe. Ich habe ein Profil von ihr im Internet gefunden, die Tugend in Person, das schwöre ich Ihnen. Ich habe die Fotos geklaut, ein bisschen mit Photoshop gespielt, um gewisse Reize zu betonen, und dann einen anderen Text geschrieben und alles an ihre sämtlichen Kontakte geschickt. Und nicht nur ihre privaten. Selbst den Schulleiter habe ich in Kopie gesetzt. Das war genial!«
»Und dasselbe wollte Marc mit den E-Mail-Kontakten von Pater Castells und den Fotos von Natàlia machen«, sagte Héctor.
»Mehr oder weniger. Eigentlich wollte Marc nur damit drohen. Und da er das ein oder andere von mir gelernt hatte, konnte er das Passwort für den Account seines Onkels knacken. Sein Plan war einfach. Erst die Datei mit den Fotos auf den Computer von Pater Castells laden, ihn dann, nach den Feiertagen, anrufen und ihm die Pistole auf die Brust setzen: Entweder er sagte ihm den Namen, den er wissen wollte, oder die schändlichen Fotos, die der entsetzte Fèlix erst in diesem Moment auf seinem Computer sähe, würden an alle seine Kontakte geschickt. Da er das Passwort und den Stick mit den Fotos hatte, konnte Marc es von zuhause aus tun. Können Sie sich die Gesichter von Enric, Glòria, den Freunden des Priesters, seinen Kollegen vorstellen, wie sie auf einmal eine E-Mail von Castells mit den Fotos seiner nackten Nichte erhalten?«
»Das ist pervers«, sagte Leire. »Und das wollte er einem Mann antun, der ihn aufgezogen hatte, der für ihn wie ein Vater gewesen war?«
Aleix tat gleichgültig.
»Marcs Vermutung war, dass Fèlix geredet hätte. In seiner Verzweiflung hätte er ihm den Namen verraten. Und dann hätte Marc seine Drohung nicht wahrmachen müssen. Jedenfalls fand er nichts dabei, ihm einen Schrecken einzujagen, schließlich hatte er jemanden gedeckt.«
»Und du dachtest, er käme damit durch?«
Der Junge nickte.
»Natürlich konnte der Plan grandios scheitern, Fèlix konnte alles abstreiten, aber ... Was dieses Thema betrifft, sind es keine guten Zeiten für Pfarrer. Er hätte seinen Ruf nicht aufs Spiel gesetzt, um Edu zu schützen ... Ich habe versucht, Marc die Risiken vor Augen zu führen und ihn umzustimmen. Immer wieder habe ich ihm gesagt, dass das keine Kleinigkeit mehr ist. Und dass er und Gina, wenn die Wahrheit herauskommen würde, ziemlichen Ärger bekämen. Wenigstens konnte ich ihn davon überzeugen, seinen Plan ein paar Tage aufzuschieben. Ich habe ihm gesagt, wir müssten alles gut überdenken, um keinen Fehler zu machen, und ihn dazu bewegt, alles bis nach der Eignungsprüfung ruhen zu lassen. Er hat das Thema nicht wieder angesprochen, aber von Gina wusste ich, dass er den Plan hinter meinem Rücken weiterbetrieb.«
»Und das konntest du nicht zulassen ... Also hast du Gina überredet, den Stick an sich zu nehmen«, fuhr Héctor mit der Befragung fort.
»Das war
Weitere Kostenlose Bücher