Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)
dann nirgends“, murmelte er.
Driftwood schüttelte sich. „Alles nur wegen der Elben. Eine Schande ist das. Und eigentlich, ich meine, streng genommen hatten wir mit der ganzen Geschichte doch fast nichts zu tun. Leider etwas schwer zu erklären, wenn dich ein ganzes Dorf mit Mistgabeln verfolgt.“
Socke schauderte, als wäre ihm kalt. „Meinst du wirklich, sie sind alle tot? Auch die Halblinge? Und das ganze Nachtvolk?“
„ Ich hab wirklich keine Ahnung. Aber die Halblangen waren ja auch ein Haufen von … .“
Sockes strenger Blick brachte Driftwood zum Schweigen. „Lass uns packen“, sagte er pikiert, nahm die Suppenschüssel vom Boden und verschwand im Unterholz in Richtung Fluss.
„ Ach, Söckchen“, flüsterte Driftwood, als er allein war, „ich weiß doch auch nicht mehr als du.“ Er schaute in die dunklen Bäume hinauf, deren Laub sich wie schwarze Laken rauschend schüttelte. „Wir brauchen endlich mal ein paar Antworten!“ Mit einer Pfote griff er in den Pelz auf seiner Brust. Er zog einen eiförmigen Stein hervor.
Was sagte der Meister noch? Dieser Stein ist voller Magusch. Zur rechten Zeit wird er euch den Weg weisen. Den Weg wohin? Was soll ich mit dem verfluchten …?
Er holte weit aus, und wollte den Stein gerade ins Dickicht werfen, als plötzlich eine bekannte Stimme erklang.
„ Driftwood.“
Driftwood ließ blitzschnell den Stein im Fell verschwinden.
„ Meister? Seid Ihr das?“ Er schaute sich um.
„ Ich bin hier unten.“
Driftwood sah, dass sich in der Glut des Lagerfeuers ein Gesicht andeutete. Die Augen waren glühende Holzkohlen.
„ Ach ja, hehe, da seid Ihr ja. Wieso denn da? Wo wart Ihr denn den ganzen Frühling? Socke hat sich wirklich gesorgt.“
„ Ich habe geruht. Eure Erweckung hat mich viel Kraft gekostet.“
„ Das kann ich mir gut vorstellen. Riesig, wie ich bin.“
„ Ja, sicher. Wie ging es voran? Hast du was herausgefunden? Und wo ist Socke?“
„ Äh, was meint Ihr?“
„ Driftwood, meine Zeit ist knapp“, mahnte der Grüne, der jetzt gerade überhaupt nicht grün war.
„ Ja, ja. Socke ist am Fluss.“
„ Und?“
„ Ich denke, er spült das Geschirr.“
„ Driftwood!“
„ Was denn? Ach so. Nein, bedauere, hab ich nicht.“
„ Die Karten? Sie sollten dir helfen, dich zu erinnern.“
„ Die Karten sind unnütz. Socke und ich haben das ganze Frühjahr die Berge und das Umland durchstreift. Ihr habt keine Ahnung, Meister – bei allem Respekt – wie es da draußen aussieht. Hier im Gebirge ist alles verlassen. Und jenseits der Berge ist nichts mehr, wie es war. Wo habt Ihr die Karten eigentlich die ganze Zeit versteckt?“
„ Das geht dich nichts an. Dann beginnt die Suche hier. Was ist mit dem Stein?“
„ Meister, wisst Ihr, ob noch mehr von uns da draußen sind? Oder die anderen? Alle fort? Socke fragt ständig“, fügte er flüstern hinzu.
„ Ich weiß nicht mehr als du, mein Freund. Noch nicht! Aber ich spüre, dass wir nicht alleine bleiben. Ist der Fuchs zurück?“
Driftwood verschränkte die Arme vor der Brust. „Bei dem hatte ich gleich kein gutes Gefühl. Dieser komische Schleicher. Natürlich ist er nicht zurück!“
„ Geduld, Driftwood, Geduld.“
„ Geduld, Meister? Es lag noch Schnee, als er auszog. Und es wird wieder Schnee fallen, eher er zurückkommt. Hat sich vom Acker gemacht, da wette ich drauf. Ihr seid einfach zu gutgläubig.“
„ Ich hoffe, ihm ist nichts zugestoßen. Sein Auftrag brachte ihn auf die Fährte des Nachtbringers.“
„ Papperlapapp.“ Driftwood winkte ab.
Die glühenden Holzscheite begannen rauschend, in sich zusammenzufallen.
„ Meine Zeit wird knapp. Hör mir zu! Beginnt hier. Sucht Verbündete. Lauft nicht ziellos durch die Wälder. Denkt nach. Betrachte den Stein. Erinnere dich! Es steckt alles in deinem Kopf! So war es gedacht. Seid umsichtig, wenn ihr nach Neunseen geht. Die Stadt wird bewacht. Nicht jede alte Feindschaft ist mit der Zeit verflogen. Höre auf Socke. Und hütet euch vor …“
Mit einem Zischen brach das letzte verkohlte Holzscheit entzwei. Driftwood blieb allein zurück. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf.
Und hütet euch vor Zisch? Was soll das denn schon wieder?
Er setzte sich mit einem Schnauben auf den kargen Waldboden. Plötzlich stand Socke neben ihm. Nachtalben, und besonders Socke mit seinen Samtpfoten, können sich lautlos durch die Dunkelheit bewegen, wenn sie wollen.
„ Mit wem hast du gesprochen?“ Er stapelte die
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