Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)
Mitte des Saals.
„ Ich protestiere! Die Farindor haben mit der Sache nichts zu tun! Ich verlange, dass sie den Raum verlassen, bis die Angelegenheit besprochen ist!“
„ Du redest wie immer nur die Halbwahrheit, Dorn.“ Es war Findrack, der sprach. Er war der einzige Farindor, der keinen langen Bart trug. Dichte Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht. Selbst unter dem weiten Cape erahnte Grellon die breiten Schultern. Auch schien er jünger zu sein als die anderen. Sein Haar war kurz und dunkel. Seine Haut war so blass, dass sie im Kerzenlicht fahl zu leuchten schien. Und seine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. „Wir haben natürlich mit der Sache zu tun. Sind nicht wir alle gemeinsam die Behüter? Sind nicht wir, die sieben Farindor, so wie die anwesenden Neolinga, verantwortlich für die Geschicke von Neunseen? Ist nicht unser Superior Hallimasch anwesend wie der Eure Adalar? Und ist nicht ein Verbrechen in der Stadt passiert, die genau so die Unsrige ist wie die Eure?”
„ Dies hier ist kein offizielles Gerichtsverfahren. Es ist lediglich eine Anhörung, um die Unschuld meines Sohnes zu beweisen. Somit haben die Farindor hier nichts zu suchen!“
Findrack richtete seinen Blick auf Adalar. „Und was befugt dann die Neolinga, hier zu sein?”
„ Die Neolinga sind auf meinen persönlichen Wunsch hier”, verkündete Dorn.
„ Und die Farindor auf meinen”, entgegnete Hallimasch.
„ Ich protestiere! Wir wissen alle, dass das Verhältnis zwischen Farindor und Neolinga kein gutes ist. Ich will nicht, dass die Farindor sich an mir rächen, indem mein Sohn für etwas bestraft wird, das er nicht getan hat!“
„ Und wieder verrätst du dich durch deine eigenen Worte. Uns solche Boshaftigkeit zu unterstellen, zeugt nur davon, wie niederträchtig und berechnend du selbst bist.“
„ Findrack, ich bitte dich. Solche Bemerkungen führen zu nichts”, mahnte Adalar.
„ Wie wahr”, bekräftigte Hallimasch. „Ich hatte meine Gründe, die Farindor einzuladen. Jedoch war es nicht mein Ziel, dass ihr euch streitet wie die Kinder im Sandkasten. Wenn die Herren für einen Moment ihr Gemüt im Zaum halten würden. Ich möchte von einer Begebenheit berichten, die ich im Zusammenhang mit dem, was Hwarf geschehen ist, als äußerst interessant erachte. Ich möchte auch deine Meinung dazu hören, Kinsella.”
Alle Anwesenden schwiegen, und Hallimasch sprach weiter. „Es erscheint mir sehr unwahrscheinlich, dass der junge Kjeir der Täter ist. Die genauen Zusammenhänge gilt es noch zu klären. Aber ich möchte die Vermutung in den Raum stellen, dass Hwarfs tiefer Schlaf einen übernatürlichen Ursprung hat. Ich vermute, es steckt ein Fluch dahinter.”
„ Das ist Unfug! Solche Magie gibt es nicht mehr. Seit vielen Jahren schon nicht. Das weiß jedes Kind!”, erklärte Straun, der Farindor.
„ Noch gestern hätte ich dir ohne zu zögern zugestimmt, werter Straun. Aber es ist etwas im Gange im Nachtschattental. Wie sonst ist es zu erklären, dass es mir heute Morgen gelang, ein Feuer zu sprechen?“
Findrack sprang auf. „Das ist unmöglich! Die Quelle ist zerstört. Endgültig!“
„ Das ist Lüge!”, brüllte Dorn.
„ Aufschneider!”, rief einer der Neolinga.
Die Farindor steckten die Köpfe zusammen.
„ Wir brauchen Beweise”, verkündete Nopogo.
„ Meine Herren! Ruhe!”, forderte Adalar wiederholt.
Kinsella wartete, bis Ruhe eingekehrt war, bevor sie sprach. „Auch ich habe Veränderungen bemerkt. Es liegt was in der Luft. Etwas Neues und Altes zugleich. Es fällt mir schwer, das genauer zu benennen.“
„ War es das, was du in deiner Rede zum Apfelfest angedeutet hast?”, fragte Adalar.
„ Ja”.
„ Unsinn! Woher willst du das wissen?”, rief Darragh, der Neolinga.
„ Woher ich das weiß? Ich weiß es einfach. Woher weiß die Schwalbe, wo Süden ist?”
„ Weil sie … ach!”, stammelte Darragh und verstummte.
Sulock, der Farindor, wedelte aufgeregt mit einem Stift herum „Ich will Beweise! Und ich werde alles notieren”, quäkte er.
Kilian löste sich aus der Reihe der Neolinga. „Wie soll das möglich sein? Wir kennen alle die alten Geschichten. Die Quelle der Magie wurde zerstört. Oder?“
„ Eine gute Frage. Vielleicht sogar die alles entscheidende Frage”, griff Hallimasch den Faden auf. „Ich habe die Aufzeichnungen des schwarzen Laabers zurate gezogen. Er berichtet davon, dass die Anwesenheit übernatürlicher Wesen Magie mitbringt. Es umgibt sie wie
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