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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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die Stirn kraus. Driftwood schüttelte den Kopf. Kotze kratze
sich mit einem Fuß hinterm Ohr. Augenblicklich erlosch das grüne Leuchten. Als
Kjeirs Schmerz verging, kehrte die Wut zurück.
    „Hört ihr
euch doch das Gefasel der alten Krähe an. Jedes Jahr aufs Neue dieselbe Leier.
Tut dies, lasst das. Und denkt an die Welt da draußen. Mindere Kreaturen und
wertloses Leben überall! Wir sind die Herren dieser Welt! Wir sind die
Erstgeborenen! Erst Neunseen, dann das Nachtschattental. Und dann die Welt!“ Er
rannte über die Anhöhe und verschwand mit einem Sprung in der Dunkelheit.
     
    Die Alben
warteten einige Augenblicke, ob es ruhig blieb. „Was war das denn für ein
Trottel?“, bemerkte Driftwood und begann vorsichtig den Abstieg.
    Socke sprang
zu Boden. „War das ein Mensch?“, wunderte er sich.
    „Natürlich
war das ein Mensch“, meinte Driftwood. „Wer trampelt denn sonst so durchs
Gelände? Als Ortskundiger total ungeeignet. Völlig durchgedreht.“
    „Aber die
Augen, die Haare. Und die drahtige Gestalt. Fast wie ein Elb.“
    Kotze
begrüßte Socke mit ausgelassenen Hüpfern. Driftwood schaute skeptisch von einem
Ast herab.
    „Socke,
bitte. Er stapft durch die Landschaft wie ein paarungswilliges Grimmsschwein.
Er stolpert, er tritt viel zu große Steine und brüllt rum. Ein Elb, na klar.
Und warum hat er Kotze nicht gesehen? Ein blinder Elb?“
    „Zunächst mal“,
wandte Socke ein, „besteht auch für Elben die Möglichkeit des Erblindens durch
Verletzung oder Krankheit.“
    Driftwood
erreichte den Boden und seufzte. „Ja, natürlich. Und weiter?“
    Socke
schritt auf und ab, während er sprach. „Abgesehen davon sahen wir ja eindeutig
am Verhalten des Wanderers, dass er nicht blind war. Natürlich hätte er Kotze
sehen müssen. Daher folgende Theorie: Kotze begann erst zu leuchten, als der
Wanderer böse wurde. Das schien Kotze nicht zu mögen. Ich mochte das übrigens
auch nicht. Ich glaube, dass Kotze ein Signalfeuer besitzt. Ein freundliches
Feuer, nur für freundliche Augen sichtbar.“
    „Und wie,
mein schlauer Freund, soll er an diese Fähigkeit gekommen sein?“
    „Das liegt
doch auf der Pfote. Durch unser Einmischen ist er zu einem Wesen der Magusch
geworden. Bei seiner Erweckung haben wir Magusch auf ihn übertragen. Da er
weder spricht, noch sonst irgendwas tut, um sie zu steuern, sucht sich die
Magusch einen natürlichen Weg nach draußen. Als Kotze bemerkte, dass wir
verschwunden sind, und er den Zusammenhang zu dem Wanderer hergestellt hatte,
wollte er uns warnen. Als er aber erkannte, dass von diesem Fremden keine
Gefahr ausgeht, erlosch das Leuchten wieder. Natürlich war Kotze auch ohne das
Leuchten nicht unsichtbar, aber der Wanderer war einfach zu unaufmerksam.“
    „Nicht
schlecht, Socke, nicht schlecht“, nickte Driftwood anerkennend. „Nicht zu
vergessen, was der Wanderer redete. Das klang mir schon nach
Welteroberungsplänen. Und da, bei aller Bescheidenheit, bin ich Spezialist.
Große Ziele für einen, der sich im Gebüsch verheddert.“
    „Das
Gebüsch! Das Cape!“ Socke rannte zum Rand des Plateaus. Das Cape lag immer noch
im feuchten Matsch.
    „Socke,
pfui, lass das liegen. Ich kauf dir ein Neues.“ „Drift, verstehst du denn
nicht. Das ist unser Schlüssel zur Stadt. Wenn der junge Wanderer aus der Stadt
kommt, darf er auch wieder rein.“ Socke hielt das Cape prüfend vor sich. „Für
uns beide wird es zu knapp. Und für einen ist es zu groß.“
    „Brrr“,
machte Kotze.
    „Das könnte
gehen“, murmelte Driftwood.
    „Nein!“
entschied Socke prompt, „vergiss es! Ich weiß genau, was du vorhast. Ich werde
dich nicht allein mit Kotze in die Stadt gehen lassen!“ Socke verbarg das Cape
hinter seinem Rücken. „Was soll ich tun? Hier im Dunkeln sitzen und hoffen,
dass du nicht erwischt wirst? Und was mach ich, wenn du nicht wiederkommst?“ Er
schaute betreten zu Boden. Driftwood legte ihm eine Pfote auf die Schulter.
„Möchtest du mit Kotze gehen?“, fragte er.
    Kotze
schaute auf, als er seinen Namen hörte.
    „Nein“,
sagte Socke, „möchte ich nicht. Obwohl ich könnte“, fügte er schnell hinzu.
    „Natürlich
könntest du das, Freund Socke. Natürlich könntest du. Lass uns das Ganze in
Gedanken durchspielen. Wir sind zwei, nein, drei. Das sollten wir nutzen. Jedes
Auge und jede Pfote sind nützlich. Wenn wir eine Möglichkeit hätten, in Kontakt
zu bleiben. Du hast von hier oben eine gute Sicht auf die Stadt und könntest
mir helfen,

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