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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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mich zurechtzufinden. Ich kann mich wirklich nicht mehr an jede
Straße und Abzweigung erinnern. Und eine vermummte Gestalt, die des Nachts
durch die Straßen irrt, ist überall auffällig.“ Driftwood rieb sich
nachdenklich die Schnauze. „Denk nach! Es gab doch Magusch für so was. Komm
Socke, hilf mir.“ Sockes Miene klärte sich auf. „Dafür gab es die Baumfernphone.
Ich erinnere mich genau. Habe nächtelang mit Trödel geplaudert.“
    „Die
Baumfernphone! Socke, du bist ein Ass.“ Driftwood begann, die alte Buche
abzutasten. „Wo waren die Dinger denn noch?“
    „Find’ ich
gut, Drift“, sagte Socke, der schon weniger bedrückt wirkte. „Aber, falls wir
hier eins finden – hast du auch eine Idee, wie du mir am anderen Ende antworten
willst? Glaube nicht, dass auch ein Baum mit unter das Cape geht. Und
transportable Baumfernphone sind mir nicht bekannt.“ Zentimeter um Zentimeter
strich Driftwood die Rinde entlang. „Alles der Reihe nach, Freund Socke.
Erstmal finden.“
    Auch Kotzes
Neugier war geweckt. Er lief den Baumstamm rauf und beobachtete die tastenden
Pfoten der Alben. Der Mond verschwand schon beinahe hinter den fernen Gipfeln
der Berge. Die Nacht war fortgeschritten.
    Socke
betrachtete den Baum. Mit einem Finger tippte er an die Rinde. Dann zog er an
einem Ast. Im Baumstamm öffnete sich eine kleine, zweiflüglige Klappe. Kopfüber
hängte Kotze sich hinein. Socke schob ihn sanft beiseite.
    „Hab eins.“
    „Spitze,
Socke. Auf dich kann man zählen. Probier es aus.“ Das Baumfernphon war ganz aus
Holz. Eine runde, bewegliche Scheibe war eingelassen in einen groben Holzblock.
Die Scheibe war mit Symbolen verziert, die im Mondlicht leuchteten wie die
Augen einer Katze.
    „Ja, einige
erkenne ich wieder“, grübelte Socke. „Da sind ein Vollmond, ein Halbmond, ein
Stern und eine Sonne. Das da kenne ich nicht, sieht aber aus wie ein gefrorener
Misthaufen. Da ist eine Schweinenase. Oh ja, und dieses ist eine Mistel.“
    „Welches?“,
fragte Driftwood. „Das da?“
    „Nein. Das
ist eine Katzenpfote.“
    „Bäh,
weiter.“
    Sockes
Schwanz schwang unruhig. „Ein nackter Baum, ein Nadelbaum, ein Laubbaum. Das
ist eine Karre oder eine Kutsche. Gut, gleich hab ich es wieder.“ Er griff den
Ast, den er schon zum Öffnen der Klappe benutzt hatte, und zog ihn auf
dreifache Länge bis an sein Ohr. „Ich hab ein Freizeichen.“
    „Lass mal
hören.“ Socke hielt Driftwood den Ast ans Ohr. „Tatsache.“ Er hörte ein
Geräusch wie das Fließen von Wasser. „Weiter Socke, du hast es gleich.“
    „Puh, ist
das aufregend. Also gut. Heute ist Vollmond.“ Socke betätigte den Vollmond.
Ratternd fuhr die Wählscheibe in ihre Ausgangsposition zurück. „Der Baum trägt
Laub.“ Er wählte den Laubbaum. „Wir sitzen im Mist.“ Er wählte den Misthaufen.
„Und die Kutsche, weil sie mir bekannt vorkommt.“ Er lauschte. „Es klopft! Es
klopft!“
    „Hier bei
Trödel“, meldete sich eine Socke nicht unbekannte Stimme. Driftwood riss
triumphierend die Arme in die Luft. „Hallo? Haaaallo?“, erklang es aus dem
Hörast. Socke freute sich auch, riss sich aber zusammen. Schließlich hatte er
ja angerufen.
    „Trödel?
Bist du das?“
    „Ja, hier
Trödel. Mit wem spreche ich?“
    „Hier ist
Socke“.
    „Nein, ist
das die Möglichkeit. Socke, bist du es wirklich? Du hast ja ewig nicht
angerufen. Wie geht’s dir?“
    „Oh Trödel,
alter Freund. Es tut mir so leid, dass ich nicht von mir hören ließ. Du machst
dir ja kein Bild davon, was bei mir los war in der letzten Zeit.“
    „Ach Socke,
Schwamm drüber. Wenn ich richtig drüber nachdenke, hat eigentlich seit
Hunderten von Jahren niemand mehr angerufen. Aber, hey, komm doch zum Tee.“
    „Liebend
gern, Trödel. Wirklich. Aber heute Nacht gibt’s noch was zu tun.“
    „Treibst du
dich immer noch mit diesem Irren rum?“
    „Grüß ihn
von mir“, warf Driftwood ein.
    „Ja, Trödel,
immer noch“, sagte Socke verschmitzt. „Und einen schönen Gruß auch.“
    „Na, vielen
Dank. Dann erledigt ihr eure Geschäfte. Und, Socke, lass dich da nicht wieder
in was reinziehen. Wir sprechen morgen?“
    „Ja, wir
sprechen morgen. Gute Nacht, Trödel.“
    „Gute Nacht,
Socke. Schön von dir zu hören.“
    Dann war die
Leitung tot.
    „Was hat er
gesagt“, wollte Driftwood wissen.
    „Oh, er
lässt dich auch schön grüßen“, log Socke.
    „Schön,
dieser Trottel. Jetzt müssen wir noch einen Weg finden, wie ich aus der Stadt
mit dir

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