Der Sommer des glücklichen Narren
Moment sowieso nicht. Der Herr Generaldirektor hat eine Besprechung. Aber wenn Sie mir vielleicht in Umrissen sagen, worum es sich handelt, werde ich weiterberichten, und wenn Sie dann noch einmal anrufen, kann ich Ihnen vielleicht einen Termin geben.« Das kam fließend und sehr liebenswürdig, aber so, daß ich wußte, hier war eine Barriere, die ich nie übersteigen konnte. Eher bekam ich die gesamte Bundesregierung ans Telefon als den Herrn Generaldirektor Killinger.
Und es war beim besten Willen nicht möglich, Fräulein Behrends oder wer immer das war, mit dem ich sprach, auch nur in Andeutungen klarzumachen, was ich wünschte.
»Vielen Dank, Fräulein«, sagte ich. »Ich rufe noch mal an.« Und hängte ein.
So ging es nicht. Aber nun war ich immerhin so weit, daß ich nicht daran dachte, zu kapitulieren. Nun gerade nicht. Muni hatte recht. Was dachte sich der Herr eigentlich? Erst einem Mann die Frau wegnehmen und dann in der Versenkung verschwinden? Wo gab's denn so was? Und irgendwie, zum Teufel, mußte es doch möglich sein, diesen Wirtschaftswunderhelden an die Strippe zu bekommen.
Am Abend versuchte ich es in seinem Haus in Harlaching. Wieder eine Frauenstimme. Die kannte ich schon. Die gute Frau Boll. Und gleichzeitig wurde mir klar, daß die nicht daran denken würde, mir behilflich zu sein, mit Konrad zu sprechen. Die war froh, daß sie Rosalind los war. Inzwischen hatte ich einige Einzelheiten aus dem Killingerschen Haushalt so peu à peu erfahren. Rosalind und Frau Boll waren nicht gerade die dicksten Freundinnen.
Auch Frau Boll machte zunächst Ausflüchte. Immerhin hatte ich den Eindruck, sie wußte, mit wem sie sprach.
Sie druckste herum, sie könne momentan nicht stören, dies sei nicht möglich und jenes nicht.
»Hören Sie, Frau Boll«, sagte ich schließlich energisch, sie kühn mit ihrem Namen anredend. »Herr Killinger ist also zu Hause. Bitte seien Sie so gut, ihm mitzuteilen, daß ich anrufe. Für mich ist das auch nicht sehr angenehm, das werden Sie verstehen. Aber einige Kleinigkeiten sind schließlich zu regeln. Meine Frau hat noch viele Sachen dort, das wissen Sie selbst. Wir müssen schließlich einmal für Ordnung sorgen, nicht wahr?«
»Ja. Selbstverständlich, Herr Schmitt. Ich habe mir auch schon gedacht, daß dies geschehen müßte. Aber Sie können das ebensogut mit mir erledigen. Wir brauchen den Herrn Generaldirektor nicht zu belästigen.«
In mir stieg kalte Wut hoch. Wer war eigentlich dieser Protz? Was war das für eine Welt, in der ein Mann, nur weil er Geld hatte, abgeschirmt wurde wie eine Jungfrau im Harem?
»Ich möchte Sie dringend ersuchen«, sprach ich prononciert und mit einer gewissen Schärfe, »Herrn Killinger ans Telefon zu rufen. Andererseits würde ich mich genötigt sehen, meinen Anwalt mit dieser Angelegenheit zu betrauen.« Gut, daß mir das eingefallen war. »Ich glaube nicht, daß es Ihnen angenehm wäre, die Verantwortung für solche Weiterungen zu übernehmen.«
Das hatte sie beeindruckt. »Einen Moment, bitte«, sagte sie säuerlich. Und dann, o Wunder, kam doch wirklich der gute Konrad höchstpersönlich und eigenhändig ans Telefon. Er sprach wie ein ganz normaler Mensch. Wir tauschten ein paar höfliche Floskeln, beide vorsichtig und mißtrauisch.
Doch dann sagte er, ganz natürlich: »Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie angerufen haben. Ich habe mir schon die ganze Zeit überlegt, wie ich mit Rosy in Verbindung treten kann. Ich kenne ja nicht einmal Ihre Adresse da draußen. Und schließlich, Sie verstehen …«, er zögerte, »… mir ist die ganze Geschichte mehr als unangenehm. Es ist doch lächerlich, so auseinanderzugehen, man muß doch wenigstens die Dinge besprechen und …« Er stockte, ich hörte ihn ungeduldig sagen, diesmal nicht zu mir: »Ja? Ist noch was?« Also hielt sich offenbar Frau Boll, vor Neugier platzend, im Hintergrund auf. »Entschuldigen Sie«, sagte er dann. »Ja, wo waren wir? Also auf jeden Fall ist Rosy bei Ihnen.«
»Ja.« Rosy nannte er sie. Ulkig.
»Nun ja, das wußte ich ja. Es ist leider so …« Er stockte wieder. Ich hörte eine helle Stimme etwas rufen. Das war wohl Dolly, Lix' verflossene Freundin.
Konrads Stimme klang sichtlich nervös, als sie wieder zu hören war. »Sind Sie in München, Herr Schmitt?«
»Ja. Ich bin für einige Tage in der Stadt.«
»Hören Sie, wäre es nicht besser, wir würden persönlich miteinander reden? Nicht nur per Telefon?«
Ich war verblüfft. »Bitte
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