Der Sommer des glücklichen Narren
nach ihrem Kopf geht. Bitte schön, sie kann zunächst bei mir wohnen. Das kannst du ihr anbieten. Es ist ihr zwar nicht gut genug, aber bis sie genügend Geld verdient, um sich eine eigene Wohnung zu leisten, kann sie gern hier bleiben. Zunächst muß sie sowieso hereinkommen, damit Lix nicht allein ist.« Muni machte eine Spannungspause und fuhr fort: »Ich verreise nämlich.«
»Du verreist?« fragte ich erstaunt.
»Ja. Ich mache eine Kur in Badgastein.« Das klang sehr stolz und sehr unternehmungslustig.
»Das ist ja toll«, sagte ich. »Hast du im Lotto gewonnen?«
»Ich habe gespart. Ich möchte auch einmal verreisen. Die Frau Wendlinger aus der Nummer neun … die kennst du doch?«
»Ja.«
»Also die fährt jedes Jahr im Herbst nach Badgastein. Und sie kennt da eine hübsche Pension, da ist es gar nicht teuer. Die geben eine Pauschale, weiß du. Der Schwiegersohn der Frau Wendlinger fährt uns mit dem Wagen hin, da kostet es keine Bahnfahrt. Sie hat gesagt, ich soll mitfahren. Voriges Jahr hat sie es schon gesagt. Dieses Jahr fahre ich mit.«
Sehr schön. Nichts gegen zu sagen.
»Ich finde es großartig«, sagte ich. »Eine blendende Idee. Ich habe dir immer gesagt, du sollst mal in Urlaub fahren. Du wolltest nie.«
»Jetzt will ich«, sagte Muni entschlossen. »Und daß du es weißt, ich bleibe drei Wochen.«
»Wunderbar. Und wann geht die Reise los?«
»Am fünfzehnten September. Die Frau Wendlinger sagt, das wäre eine schöne Zeit da oben in den Bergen. Das Wetter wäre dann meist sehr schön. Na, ich werd's ja sehen. Sie ist jedenfalls immer ganz begeistert.«
Meine Frauen sorgten für Überraschungen, das war mir nichts Neues. Auf jeden Fall würde so eine Kur Muni gut bekommen. Ich würde ihr auch noch hundert Mark dazugeben. Obwohl ich sicher war, daß Muni genügend Geld beieinander hatte. Sonst würde sie nicht verreisen, soweit kannte ich sie.
Also mußte Rosalind sowieso mit in die Stadt. Lix konnte nicht allein bleiben. Das erleichterte mich sehr. Offen gestanden, ich hatte Angst davor gehabt, mit Rosalind allein zu bleiben. Ehrliche Angst. Aus diesem und aus jenem Grunde. Nun würde ich auf alle Fälle drei Wochen lang meine Ruhe haben. Und Rosalind Zeit genug, sich nach Arbeit umzusehen. Aber letzteres dachte ich nur sehr zaghaft. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Rosalind das wirklich tun würde.
Wir aßen zu Abend, gut und reichlich, wie immer bei Muni. Und dann hatte sie eine großartige Idee.
»Weißt du, was ich täte an deiner Stelle«, sagte sie ganz nebenhin.
»Was denn?«
»Ich würde mal mit diesem Herrn Killinger sprechen.«
»Ich? Mit Killinger sprechen?«
»Warum denn nicht? Ich sehe nicht ein, warum sich der so stillschweigend aus der Affäre ziehen kann. Es wäre doch interessant, seine Meinung zu dem Fall zu hören.«
»Ich denke nicht daran«, sagte ich. »Was geht mich das an? Ich wüßte gar nicht, was ich mit dem Mann reden soll. Und in welcher Eigenschaft ich da auftreten sollte.«
»Er hat dir Rosalind weggenommen, nicht? Dann hat er sie dir wiedergeschickt. Das sind doch keine Manieren. Er könnte ja wenigstens mal eine Erklärung dazu abgeben. So vornehm wird er ja nicht sein, daß man das nicht von ihm verlangen kann.«
»Also das schlag dir aus dem Kopf. Das tu' ich auf keinen Fall.«
»Überleg dir's mal«, meinte Muni ruhig. »Ich an deiner Stelle täte es.«
Telefonieren kann man nicht mit jedem
Ich konnte lange nicht einschlafen, weil ich wirklich darüber nachdachte. Nächsten Morgen beim Frühstück fing Muni wieder davon an. Und bis zum Mittagessen hatte sie mich so weit, daß ich sagte: »Na schön, ich kann ja mal anrufen.«
Es fiel mir nicht leicht. Ich rief in der Firma an, wurde mit dem Sekretariat verbunden und hatte schließlich eine kühle, sachliche Mädchenstimme am Telefon. Da erst fiel mir ein, daß das eventuell Fräulein Behrends sein könnte.
»Hier ist Schmitt«, sagte ich. »Ich möchte gern Herrn Killinger sprechen.«
So formlos hatte wohl noch keiner versucht, den Herrn Generaldirektor zu erreichen. Ich merkte der kleinen Verwunderungspause auf der anderen Seite geradezu körperlich an, wie ich mich danebenbenahm.
»Wer ist dort?« fragte die Stimme zurück.
»Schmitt.«
»Ah ja. Und – in welcher Angelegenheit wollen Sie den Herrn Generaldirektor sprechen?«
»Privat.«
»Ah so. Ja, das wird schlecht gehen. Sie müßten mir schon in etwa eine Andeutung machen. Außerdem geht es im
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