Der Sommer des glücklichen Narren
sehr. Ganz, wie Sie wollen.«
»Wollen Sie zu mir herauskommen? Ach nein, das ist nicht das Richtige. Könnten wir uns irgendwo in einem Lokal treffen?«
»Selbstverständlich. Wann würde es Ihnen passen?«
»Na, heute. Jetzt gleich.«
»Ist mir recht.«
Ein Mann von raschem Entschluß, dachte ich respektvoll. Aber so mußte man wohl sein, wenn man es im Wirtschaftsleben zu etwas bringen will. Wir einigten uns nach einigem Hin und Her auf das Bratwurstglöckl. Dort in einer Stunde. Dann war die Abendbrotzeit vorbei, es würde nicht mehr so voll sein.
Das war ein unerwarteter Erfolg. Und bestätigte wieder einmal meine Ansicht, daß Männer eben doch viel vernünftigere Menschen sind als Frauen. Ob nun Generaldirektor oder nicht, man konnte miteinander reden. Bloß die Weiber, die dazwischenstanden, mußten ausgeschaltet werden. Ob Ehefrauen, Freundinnen, Sekretärinnen oder Hausdamen, egal, sie alle komplizierten unnötig das Dasein.
Ich lief schnell hinauf zu Muni. Ich mußte mir doch wenigstens einen besseren Anzug anziehen und eine hübsche Krawatte umbinden.
»Siehst du«, sagte Muni befriedigt. »Hab' ich doch gleich gesagt. Und du hast dich so. Man weiß ja gar nicht, was der Mann eigentlich denkt. Vielleicht will er sie wiederhaben. Wäre doch möglich.«
Konrad, der Killinger
Er wollte sie wiederhaben. Das merkte ich gleich, und das machte natürlich alles für mich viel leichter.
Herr Killinger war schon da, als ich kam. Wir hatten ausgemacht, daß wir der Dame am Büfett Bescheid sagen wollten, denn wir kannten uns ja nicht und mußten doch zueinanderfinden. Als ich mich also am Büfett meldete, führte mich das Biermädel zu der Nische gleich neben der Tür.
Da saß Konrad Killinger, Generaldirektor, Herr einer großen Firma, Herr über viel Geld und Verflossener meiner Rosalind und seiner Rosy, vor einem Glas Bier und blickte mir gespannt entgegen. Er erhob sich, wir verbeugten uns, schüttelten uns dann die Hände. Dann setzten wir uns. Wir waren beide ein bißchen verlegen, aber wir fühlten uns nicht so furchtbar unbehaglich, wie es die Situation eigentlich verlangt hätte. Oder jedenfalls ich nicht. Und noch etwas erstaunte mich: Ich hatte keinerlei Antipathie gegen den sympathischen, reiferen Herrn mit den grauen Schläfen. Und das bewies deutlicher als alles andere, daß meine Gefühle Rosalind gegenüber sich doch sehr gewandelt hatten. Übrigens war er nicht ganz so attraktiv, wie Rosalind ihn mir geschildert hatte. Er war nicht größer als ich, neigte etwas zur Korpulenz, hatte aber ein gutgeschnittenes Gesicht mit einem energischen Kinn, einer großen Nase und einer interessant gebuckelten Stirn. Der Blick seiner grauen Augen war zupackend und gerade, sein Mund sah aus, als könne er durchaus entschiedene Worte sprechen. Alles in allem das imponierende Bild eines Unternehmers unserer Tage. Nein, er machte keinen schlechten Eindruck auf mich.
Ich bestellte ein Bier, Herr Killinger hatte schon eines vor sich stehen, meinte aber, wir sollten vielleicht einen Steinhäger dazu trinken, die bestellte er. Wir redeten so ein bißchen hin und her, über das Lokal, in dem wir uns befanden und das wir beide schätzten. Früher, sagte er, sei er öfter hergegangen zum Würstlessen, jetzt habe er leider wenig Zeit. Dann redeten wir über das Wetter, über die Fremden, die sich noch immer zahlreich in der Stadt befanden, und daß das ja nun bald besser werden würde. Gott sei Dank. Wir waren eben beide echte Münchner. Es war sehr schön, daß die Fremden kamen, daß ihnen München gefiel und daß sie Geld in die Stadt brachten, aber noch schöner war es, wenn sie wieder abgereist waren und man mehr unter sich war. Früher sei es ja in München überhaupt gemütlicher gewesen. Ja, nicht wahr, das finden Sie auch?
Wir fanden es beide und redeten ein bißchen von früher. Herrn Killingers Vater hatte schon den Betrieb besessen, damals war er noch klein und bescheiden, aber gut eingeführt, Herr Killinger mußte nach dem Tod seines Vaters, der im Krieg erfolgt war, die Firma übernehmen, und die Konjunktur der Nachkriegsjahre hatte dann ein großes bedeutendes Unternehmen daraus gemacht. Wie das eben so war in unserer Zeit.
Im Krieg war er auch, und das unterhielt uns eine ganze Weile auf das beste. Wir bildeten uns sogar ein, einen gemeinsamen Kameraden entdeckt zu haben.
»Der Niedermeier Franzi, natürlich. So ein dicker Schwarzer? Mein Gott, konnte der Witze erzählen. Da waren wir doch
Weitere Kostenlose Bücher