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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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stand auf und ging zwischen den weißen Möbeln hin und her. »Können Sie nicht einfach zugeben, dass Sie geschummelt haben?« »Na gut.« »Na gut? Nehmen Sie das so leicht?« »Ich kann nichts leicht nehmen, bevor ich nicht weiß, wie schwer es ist.« Dr. Feelgood setzte sich wieder und schaute mich lange an, offenbar eine Angewohnheit der Einwohner dieses Staates. »Chris, Ihnen ist klar, was das für die Gruppe bedeutet. Sie haben sie zum Narren gehalten. Ist das immer so mit Ihnen, halten Sie alle zum Narren und machen sich über sie lustig?« »Alles, was ich anstelle, wird zur Unterhaltung.« »Machen Sie sich lustig über sie?«, wiederholte Dr. Feelgood. »Es war nicht so gemeint.« »Woher sollen die anderen wissen, dass es nicht so gemeint war?« »Sie müssen mir einfach glauben.« »Ihnen einfach glauben. Sind Sie Gedankenleser, Chris?« »Nein, das würde ich nicht sagen.« »Aber Sie gehen davon aus, dass die anderen Bewohner Ihre Gedanken lesen sollen?« »Jetzt verstehe ich das nicht ganz.« »Sie gehen davon aus, dass die anderen Bewohner glauben, dass Sie keine Scherze mit ihnen treiben?« »Ja?« »Was tun Sie, damit Ihnen geglaubt werden kann?« »Sie müssen mir ganz einfach glauben.« »Warum sollen sie Ihren Worten glauben, wenn Sie in Ihren Handlungen lügen?« Das kam mir bekannt vor, und ich wollte nichts hören, was mir bekannt vorkam. Ich blieb ihm eine Antwort schuldig. Dieser einfache Satz verhöhnte mich, in diesem Moment hätte ich etwas kaputtschlagen können, denn ich wusste natürlich, dass er recht hatte, seine Frage war wahr. Meine Worte und meine Handlungen spielten in verschiedenen Mannschaften. Jetzt war es an mir aufzustehen, aber ich lief nicht hin und her, es war für mich vollauf genug, still zu stehen. »Leben und Lernen! Komm mir nicht mit diesem Scheißgerede!« »Scheißgerede?« »Ja, Scheißgerede! Leben und Lernen! Diese verfluchte Stufe! Diese verfluchte dunkle Stufe auf der Leiter!« »Ja, was ist damit?« »Was damit ist? Wenn du es endlich geschafft hast, hochzuklettern, findest du nichts anderes als ein kaputtes Dach!« Dr. Feelgood lächelte. »Jetzt sind Sie derjenige, der in Bildern spricht«, sagte er. »Tut mir leid.« »Tut Ihnen leid?« »Ich frage mich nur, ob es möglich ist, gut zu schreiben, selbst wenn man böse ist.« Dr. Feelgood zeigte sein übliches Schweigen. Doch dann musste er aufgeben. »Sie haben gesagt, es war nicht so gemeint? Wie war es dann gemeint?« »Dass alle ihr Bestes geben sollten.« »Ihr Bestes? Ist Schummeln Ihr Bestes?« »Das hätten alle ganz genauso gemacht.« »Abgesehen davon, dass die meisten, wenn nicht alle, Amerikanisch können. Wir wären nach zwei Wörtern entlarvt worden.« »Das ist der Vorteil einer kleinen Sprache«, sagte ich.
    Es gab keinen Weg drum herum. Ich musste es also gestehen. Während des Wrap-up am gleichen Abend, wenn also im Plenum der Tag zusammengefasst werden sollte, und der Einzige, der nicht kam, war der Führerhund Bob, nachdem also alle fertig geheult hatten, bat ich ums Wort. »Liebe Bewohner«, sagte ich. »Wie ihr wisst, spreche ich nicht so gut Englisch, deshalb übt bitte Nachsicht mit mir. Was ich sagen will, es gibt einen norwegischen Ausdruck, der heißt å legge seg flat.« Sofort bemerkte ich misstrauische Blicke, ich hatte mich bereits in Verlegenheit gebracht, mich in mein eigenes schlechtes Licht gerückt, selbst hier, in Sheppard P, hatte ich meine Glaubwürdigkeit verloren, mein sprachliches Ansehen sozusagen. Dennoch fuhr ich fort: »Und das ist, glaubt mir, kein Ausdruck, den ich zu diesem Anlass erfunden habe. Å legge seg flat bedeutet, dass diejenigen, die man beleidigt hat, belogen, gequält, geärgert, über die man sich lustig gemacht hat, auf die man keine Rücksicht genommen oder die man verlacht hat, auf dir mit Spikesschuhen herumtrampeln und dich hinterher als Fußmatte benutzen dürfen.« Ich wurde von Dr. Feel unterbrochen. »Schön, Chris. Aber wir bestrafen hier niemanden. Und Sie sollen sich nicht in den Staub werfen, wie Sie es nennen. Wir möchten nur Ihre Version hören. Wir wollen daraus etwas lernen.« Doch bevor ich darauf etwas hätte sagen können, ergriff Gimmy Jimmy, der einen Motorradunfall erlitten hatte, als er die Idee, von New York nach Los Angeles mit den Händen auf dem Rücken zu fahren, verwirklichte, und damit nicht genug: im Krankenhaus wurde er Morphinist, und jetzt lief er nur mit einer Hand auf dem Rücken herum, die Welt schreitet

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