Der Sommermörder
nach Zitronenseife und Erde, Gras und Bier. Ich befreite uns von der feuchten Bettdecke. Fred streckte sich auf dem schmalen Bett genüsslich aus, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und grinste mich an.
»Das war schön«, flüsterte ich.
»Danke«, antwortete er.
»Das ist nicht die Antwort, die von dir erwartet wird«, erwiderte ich. »Die richtige Antwort lautet: ›Ja, das war schön.‹ Etwas in der Art.«
Er schüttelte den Kopf. »Hast du je zuvor so guten Sex gehabt?«
Gegen meinen Willen musste ich kichern. »Meinst du das jetzt ernst? Du möchtest wohl, dass ich sage: ›O Fred, ich hatte ja keine Ahnung, dass es so sein kann!‹«
»Halt den Mund! Halt verdammt noch mal den Mund!«
Ich sah ihn an. Er lächelte nicht. Ich hatte tatsächlich seine Gefühle verletzt. Er machte einen gedemütigten, wütenden Eindruck. Männer.
Ich setzte mich auf, schüttelte zwei Zigaretten aus der Packung, die neben dem Bett auf dem Boden lag, zündete beide an und reichte eine davon Fred. »Ich hatte noch nie Sex mit einem Gärtner.«
Er zog einmal kräftig daran und blies einen hübschen Rauchkringel in die Luft, der dort einen Moment hängen zu bleiben schien, ehe er sich auflöste. »Ich bin kein Gärtner, ich arbeite lediglich für einen. Ich helfe aus.«
»Genauso gut könnte ich sagen: Ich bin keine Lehrerin, ich unterrichte bloß.«
Er blies einen weiteren Rauchkringel in die Luft und sah ihm nach. »Du bist tatsächlich Lehrerin. Ich dagegen werde mich von diesem Job verabschieden, sobald ich kann.«
»Oh.« Ich spürte, wie Ärger in mir hochstieg.
»Herzlichen Dank für die Belehrung. Darf man dann fragen, ob du schon mal Sex mit einer Lehrerin hattest?«
Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Auf seinem Gesicht breitete sich ein anzügliches Grinsen aus.
»Zumindest nicht mit einer so berühmten Lehrerin.«
Darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Den ganzen Abend hatte ich getrunken, gekichert und getanzt, mich bewusst zugeschüttet, um nicht mehr nachdenken zu müssen. Ich hatte die Nase voll von blöden Witzen über Wassermelonen, von Zeitungsartikeln, in denen ich als kleine blonde Zoë bezeichnet wurde, und seltsamen Briefen auf meiner Fußmatte. Ich wollte nichts mehr hören von Leuten, die an mich dachten oder gar von mir träumten, obwohl sie mir nie begegnet waren. Vielleicht stand in diesem Moment jemand draußen vor der Wohnung, starrte zu meinem offenen Fenster hinauf und wartete darauf, dass Fred ginge. Schlagartig fühlte ich mich wieder nüchtern.
Ich ließ meine Zigarette in das Glas neben dem Bett fallen, wo sie zischend erlosch. »Die letzten Briefe, die ich bekommen habe …«
»Ignoriere sie einfach«, fiel mir Fred forsch ins Wort. Er schloss die Augen. »Was machst du dieses Wochenende?«
»Sie haben mir Angst eingejagt. Sie klangen … oh, ich weiß auch nicht, irgendwie zielgerichtet.«
»Mmm.« Er streichelte mir leicht übers Haar. »Wir haben für Samstag ein Picknick geplant. Irgendwo auf dem Land. Hättest du Lust mitzukommen?«
»Seid ihr eigentlich immer als Gruppe unterwegs?«
Er beugte sich vor und küsste meine Brüste. »Manche Sachen schaffe ich auch allein. Also, wo liegt das Problem?«
»Vergiss es.« Einen Moment lang schwiegen wir beide.
»Würdest du heute Nacht bei mir bleiben, Fred? Ich meine, die ganze Nacht. Natürlich nur, wenn du magst.«
Es war, als hätte ich verkündet, dass unter dem Kissen eine Bombe liege. Er riss die Augen auf und fuhr hoch.
»Tut mir Leid«, sagte er. »Ich muss morgen in aller Herrgottsfrühe bei einer alten Dame in Wimbledon antreten.« Er sprang in seine Boxershorts und dann in die Hose. Unglaublich, wie schnell er sich anziehen konnte.
Er hatte bereits das Hemd zugeknöpft, die Socken übergestreift und seine Schuhe unter dem Bett hervorgeholt. Während er auf den Stuhl zusteuerte, über dem seine Jacke hing, tastete er die Hosentaschen ab, um sicherzustellen, dass ihm das Kleingeld nicht herausgefallen war.
»Deine Uhr«, bemerkte ich trocken.
»Danke. Verdammt, schon so spät! Ich ruf dich morgen an, wegen Wochenende und so.«
»Klar.«
»Lass dir keine grauen Haare wachsen.« Er streichelte mir übers Gesicht, küsste meinen Hals. »Gute Nacht, schöne Frau.«
»Gute Nacht.«
Nachdem er gegangen war, stand ich auf und schloss trotz der drückenden Hitze das Wohnzimmerfenster. Der Raum erschien mir beklemmender denn je. Ich blickte auf die Holloway Road hinaus. In ein paar Stunden würde
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