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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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nicht mehr so schnell riskieren durfte, mit der süßen Wither allein zu sein.
    Er hielt vor dem White Rock Hotel.
    »So, da wären wir. Gute Nacht, Viola.« Er ergriff ihre Hand und schüttelte sie freundlich. Mit einem freundlichen Lächeln sagte er: »Jetzt gehen Sie rein und legen sich schlafen. Morgen geht’s Ihnen dann schon viel besser, Sie werden sehen. Und mir auch. Mondschein und Champagner … das kann gefährlich werden, wie wir gesehen haben. Also dann …« In einem unbeschreiblich kläglichen Ton fügte er hinzu: »Auf, auf, Matrose!«
    »Ich kann jetzt noch nicht ins Bett«, murrte Viola, »es ist doch erst neun.« Mürrisch stieg sie aus.
    »Na … dann lesen Sie halt noch. Adieu.«
    Aber diesmal wirklich, dachte er und schenkte der verloren dastehenden Gestalt ein entschlossenes Lächeln. Wie einsam sie dort auf der Eingangstreppe im Mondschein stand, in ihrem weißen Mantel. Mist und noch mal Mist. Wenn das nicht diese ganze leidige Angelegenheit … Wenn ich nicht aufgehört hätte, sie zu küssen, dann hätte ich sie glatt angefleht, mit mir durchzubrennen, und zum Teufel mit allem.
    Aber so etwas (dachte Victor, während er viel zu schnell durch die Nacht gen London brauste) sollte ein Mann, der bald heiraten wird, wirklich nicht denken.
    Etwas später, während er durch Colchester raste, dachte er, ich wette, SIE hat bestimmt nichts dagegen, Kinder zu bekommen.

19. KAPITEL
    Selbst die von Natur aus so sanfte Viola war nach den Vorfällen von Freitagabend empört. Zwischen ihren Weinkrämpfen am Samstag und Sonntag teilte sie ihrem Kissen mehr als einmal mit, was für ein Scheusal Victor doch sei. Ein Scheusal war er jetzt, nicht mehr ihr Ein und Alles . Sicher war es nett von ihm gewesen, ihr den ganzen Champagner zu bestellen und mit ihr rauszufahren, aber musste er unbedingt mit seiner scheußlichen Verlobung anfangen?
    Dabei war ich gerade dabei, drüber hinwegzukommen. Und da kommt er daher und rührt alles wieder auf. Und jetzt hat er mir wirklich das Herz gebrochen, und ich wünschte, ich wäre tot. Aber diesmal echt. Letztes Mal dachte ich noch, es könnte ja was Wundervolles passieren, das ich dann verpassen würde. Aber jetzt ist es passiert, und es war scheußlich, und ich wünschte, ich wäre tot.
    Aber Hotels sind nicht der geeignete Ort für Weinkrämpfe. Immer kommt irgendjemand rein, der das Bett machen oder die Handtücher wechseln will und geflissentlich so tut, als würde er die jämmerliche Gestalt auf dem Bett nicht bemerken. Da dauert es nicht lange, bis die jämmerliche Gestalt genug davon hat und aufsteht.
    Ihre Empörung half Viola, den Kopf hochzuhalten, sich in den Palmengarten zu setzen und mit brennenden Augen ein Buch zu lesen und Strandspaziergänge zu machen, obwohl es dort jetzt öde und trostlos war, weil sich das Wetter zusammengezogen hatte. Ja, selbst eine Einladung von Mr Brodhurst zum Kaffee nahm sie an. Mrs Brodhurst war überraschend nach London zurückgerufen worden, weil ihre Mutter erkrankt war, und Mr Brodhurst nutzte diese Gelegenheit, Viola für Sonntagvormittag zum Kaffee einzuladen. Er schien sie anzuhimmeln, was Viola doch ein kleiner Trost war. Er meinte, sie solle es doch mal mit Golf probieren, sie habe die Figur dafür, gertenschlank, aber wohlgerundet. Sie konnte nicht anders, als insgeheim ein wenig zu kichern. Was Shirley zu ihm gesagt hätte? Dass er ein alter Schmutzfink und Lustgreis sei oder so ähnlich.
    Aber trotz ihrer Empörung und Mr Brodhurst war sie einsam und unglücklich. Sie freute sich, als Tina am Montag wiederkam.
    Tina sah nicht aus, als hätte sie gerade ein liederliches Wochenende mit dem invaliden Mann ihrer Schulfreundin hinter sich. Sie wirkte lediglich ein wenig abwesend, so wie Viola sie erlebte, wenn ihr ein neues Stickmuster oder ein neuer Haarschnitt durch den Kopf ging. Ansonsten war sie gelassen und heiter, und sie merkte sofort, dass mit ihrer jungen Schwägerin etwas nicht stimmte. Als sie Viola mitfühlend fragte, was denn los sei, brach diese in Tränen aus und erzählte ihr die ganze unselige kleine Geschichte.
    Tina war so nett, wie man nur sein kann. Sie sagte Viola nicht, sie solle sich doch mal zusammenreißen und sich eine Beschäftigung suchen. Und sie sagte nichts allzu Hässliches über Victor, was Viola gezwungen hätte, ihn zu verteidigen. Nein, sie nahm den aufregenden, tröstlichen Standpunkt ein, Victor sei ehrlich in Viola verliebt, könne es aber nicht zugeben.
    »Aber wieso denn

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