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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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ihren Alltag auf The Eagles zu bringen; zu Tode gelangweilt und unglücklich schlich sie herum. Mr Wither (dessen Tage wohl ausgefüllt waren mit der Sorge um sein Geld und den Gesprächen mit dem Major-General Breis-Cumwitt, Grübeleien darüber, wie viel Geld dieser oder jener haben mochte und was er damit anstellte, der Kontrolle über Frau und Töchter und der Verhinderung unnötiger Ausgaben) hatte keine Ahnung, was Viola mit ihrer Zeit anfing. Aber in den letzten drei Tagen hatte er sie jedes Mal in die Bibliothek gehen und in den Büchern herumblättern sehen. Meist verzog sie dabei das Gesicht, was Mr Wither sehr verärgerte, erweckte es doch den Anschein, dass seine Bücher nicht gut genug für sie waren.
    Am vierten Tag ließ Mr Wither ihr fünf Minuten Zeit zu blättern und das Gesicht zu verziehen, dann erhob er sich leise aus seinem Sessel und huschte durch die Eingangshalle.
    »Mein Gott!«, rief Viola aus und ließ MEINE HUNDE UND ICH von Millie Countess of Scatterby fallen. »Mr Wither, Sie haben mir vielleicht einen Schrecken eingejagt!«
    »Na, suchst dir was zum Lesen aus, wie?«, erkundigte sich Mr Wither mit dem Lächeln, das er stets aufsetzte, wenn er Leute dazu bringen wollte, etwas zu tun, das ihnen missfiel. »Wir haben hier ja jede Menge Auswahl! Schon ein bisschen eingelebt? Fühlt man sich schon ein wenig heimisch?«
    »Ja, danke, Mr Wither«, murmelte Viola. Sie starrte ihn an und dachte verzweifelt daran, wie Shirley ihr eingeschärft hatte: »Lass dich bloß nicht von dem alten Klops einschüchtern.«
    »Wie wär’s dann jetzt mit unserem kleinen Gespräch?« Er bewegte sich lockend Richtung Ausgang, ähnlich wie Pan, wenn er, mit einem Auge auf einer nervösen Nymphe, einladend auf den nahen Wald deutet.
    Sie schluckte, murmelte etwas und folgte ihm.
    Sie war noch nie in seinem Kabäuschen gewesen. Es war fürchterlich klein, vor allem, nachdem Mr Wither die Tür zugemacht hatte. Er tätschelte einladend den schäbigen Sessel und entschuldigte sich für die Abwesenheit des höllischen Feuers. »Aber heute ist schließlich ein warmer Tag, oder? Lohnt doch kaum, den Kamin anzumachen, nicht wahr?«
    Viola nickte. Um sich Mut zu machen, fläzte sie sich in den Sessel. Dies verärgerte Mr Wither. Wer so herumlümmelte, würde dem, was er zu sagen hatte, kaum seine volle Aufmerksamkeit schenken.
    »Du weißt natürlich, worüber ich mit dir reden will«, begann er in einem bewusst munteren Ton, der sich jedoch erschreckend unnatürlich anhörte und den Eindruck erweckte, er könne jeden Moment einen Schlaganfall bekommen. Dabei beugte er sich nach vorn und fixierte sie mit einem schmerzhaften Grinsen. »Geld.« Sein Ton war ehrfürchtig. »Ein kleines, aber wichtiges Wort.«
    Viola gab einen erstickten Laut von sich und schluckte. Die schläfrigen grauen Augen weit aufgerissen wie ein junges Kätzchen stieß sie hervor: »Ich kann für mich selbst aufkommen!«
    »Ha! Ha!«, rief Mr Wither aus und tätschelte kopfschüttelnd ihr Knie. (Aber wieso eigentlich nicht? Sie nahm sowieso zu viel Butter. Er war erleichtert, dass sie offenbar für sich selbst aufkommen konnte. Aber dazu später).
    »Nicht doch. Natürlich ist es immer eine zusätzliche Belastung für das Haushaltsbuch, wenn es ein zusätzliches Mäulchen zu stopfen gibt, besonders wenn dieses Mäulchen ein junges Mäulchen ist, ha, ha! Aber so schlimm ist es noch nicht, Viola, ha, ha! Nein (obwohl dein Vorschlag gar nicht so unvernünftig ist; wir sollten ihn uns für die Zukunft merken), darüber wollte ich nicht mit dir reden. Es geht um dein Geld. Theodores Geld.« Mit gesenkter Stimme und einem Blick, als wäre sie eine Heiligenstatue, sagte er: »Na, wie viel hast du denn, meine Liebe?«
    Stille.
    »Gar nichts.« Viola giggelte nervös. Sie zog ein Woolworth-Taschentuch hervor und schnäuzte sich. Auf einmal funkelten ihre grauen Augen fröhlich, als sie ihn über das bunte Taschentuch hinweg ansah.
    Sie hatte schreckliche Angst, aber Shirley würde schallend lachen, wenn sie ihr das hier erzählte!
    »Du hast gar nichts ?«
    Mr Wither wirkte wie vom Blitz getroffen. Mit offenem Mund starrte er sie an.
    »Doch. Nein. Ich meine. Na ja, ich habe …«
    »Wieso sagst du dann, dass du für dich selbst aufkommen kannst?«, unterbrach Mr Wither. Vielleicht machte sie Witze. Leute taten das manchmal. Ein schlechter Scherz, ein hinterhältiger Scherz, aber ein Scherz.
    »Ich wollte sagen, dass ich eine Zeitlang für mich selbst

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