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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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aufkommen könnte.«
    »Eine Zeitlang?«, brummelte Mr Wither und schüttelte wie betäubt den Kopf. »Was soll das heißen?«
    »Na ja, eine Zeitlang eben. Ein bisschen. Ich hab noch zwölf Pfund.«
    »Hä?«
    »Ich hab zwölf Pfund«, wiederholte sie und starrte mürrisch in die gähnende schwarze Öffnung des Kamins.
    »Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Und wo ist das Geld?«, fragte Mr Wither barsch. Zwölf Pfund waren zwölf Pfund, auch darum musste man sich ordentlich kümmern. Ein Mädchen wie Viola ließ es vielleicht irgendwo herumliegen – im Bad, im Auto oder sonst wo.
    »Oben.«
    »Wo oben?«
    »In meiner Handtasche.«
    Mr Wither machte den Mund auf. Klappte ihn zu, presste die Lippen fest zusammen. Machte ihn wieder auf.
    »Willst du damit sagen, dass du nur noch zwölf Pfund übrig hast? Von dem Geld, das dir dein Vater hinterlassen hat?«
    Sie nickte mürrisch.
    »Viel hat er mir gar nicht hinterlassen.«
    »Wie viel?«
    Schweigen.
    »Wie viel hat dir dein Vater hinterlassen, Viola? Raus mit der Sprache, das ist sehr wichtig!«
    »Fünfzig Pfund.«
    »Pro Jahr, meinst du? Fünfzig Pfund pro Jahr?«
    »Nein, fünfzig Pfund eben.«
    »Aber … das Geschäft … der Laden«, rief Mr Wither. »Mein Sohn hat doch gesagt … Ich hatte angenommen, dass deinem Vater die Hälfte gehört hat.«
    »Ja, das stimmt, aber er hat seinen Anteil nach und nach an Mr Burgess verkauft.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Es ist so«, schniefte sie, »Dad war ein richtiger Theaternarr; er war ein leidenschaftlicher Amateurschauspieler und hat eine Menge für die Chesterbourne Players getan, neue Bühnenbeleuchtung und all so was, und dafür ging das Geld drauf. Nicht gleich, natürlich, über einen langen Zeitraum hinweg. Jahre. In meiner Kindheit ging’s uns richtig gut. Ich bin auf die Highschool gegangen und dort geblieben, bis ich sechzehn war. Aber Dad … ich fürchte, er hatte nie viel Geschäftssinn. Er hätte gleich zum Theater gehen sollen, das haben alle gesagt. Und Mr BURGESS ist grässlich, das sagen alle. Hart wie Eisen, das sagt Miss Catty… alle sagen das. Wenn Sie mich fragen: Er hat Dad einfach übers Ohr gehauen.«
    Sie wischte sich zitternd die Tränen ab.
    Mr Wither schwieg eine ganze Weile. Er fand ihre Heulerei zwar peinlich, aber keineswegs unberechtigt. Und er ließ ihr Zeit, sich wieder zu fassen. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, ziemlich böse auf sie zu sein. Und fürchterlich enttäuscht.
    Nun, es gab ja noch Teddys Geld; davon war bis jetzt noch nicht die Rede gewesen. Die Vorzeichen waren nicht gut, aber Mr Wither wischte die Bedenken entschlossen beiseite. Vielleicht war’s nicht so schlimm, wie ihm schwante. Vielleicht hatte sie gemeint, sie habe nur noch zwölf Pfund in bar .
    Schließlich sagte er:
    »Und Theodores Geld? Wie viel hat dir mein Sohn hinterlassen?«
    Sie seufzte. »Neunzig Pfund.«
    »Pro Jahr? Neunzig Pfund pro Jahr?«
    »Nein, auf der Bank.«
    »Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Aber«, rief Mr Wither voller Verzweiflung aus, »Theodore hat doch zwanzig Jahre lang mindestens fünf Pfund pro Woche verdient. Und von mir hat er im letzten Jahr eine Apanage von achtzig Pfund bekommen! Und nach seiner Heirat ist sein Gehalt auf sieben Pfund pro Woche erhöht worden.«
    »Sieben Pfund pro Woche?«, sagte sie interessiert. »Ich hatte mich oft gefragt, wie viel es wohl ist, aber dass es so viel war, hätte ich nicht gedacht.«
    Dazu sagte Mr Wither nichts. Er fand es völlig in Ordnung, die Ehefrau über das Einkommen im Dunkeln zu lassen.
    »Aber wo ist das ganze Geld hin ?«, rief er aus. Er beugte sich mit knarrenden Gelenken vor und starrte sie mit hervorquellenden Augen an. »Wofür hat er es denn ausgegeben? Er hätte leicht hundert Pfund pro Jahr sparen können. Er ist doch nie ausgegangen. Er war kein liederlicher oder vergnügungssüchtiger Mensch. Du musst doch wissen, wo das ganze Geld geblieben ist?«
    »Also, da war die Miete, das waren 28 Shilling und sechs Pence pro Woche. Ich bekam dreißig Shilling für den Haushalt, dann noch die Putzfrau. Und mein Taschengeld, fünf Shilling pro Woche …«
    Viel zu viel, dachte Mr Wither. Völlig überflüssig.
    »… dann Fahrgeld, Lunches und Haarprodukte …«
    »Haarprodukte?«, rief Mr Wither entsetzt aus. Was war bloß los mit seinen Kindern? Waren sie alle von ihren Haaren besessen? Tina jammerte auch andauernd über ihre Haare und wollte Geld dafür. Und jetzt schien es, als ob Theodore ganze vier Pfund pro Woche

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