Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
Vom Netzwerk:
hörte ihnen zu und achtete besonders auf die Worte, die zwischen Dad und Toby fielen. Wenn Toby sprach, was selten vorkam, machte Dad eine bedächtige Miene. Den Blick kannte ich. Dad suchte nach Anhaltspunkten für Tobys empfindliche Stellen. Egal, was für einen Zoff die beiden miteinander hatten, so bald würde Dad den nicht vergessen. Toby vermutlich auch nicht. Da ich mit Dad nicht auf gutem Fuß stand, beschloss ich, Toby nach dem Vorfall in der Bar zu fragen.
    Dad fing meinen Blick auf.
    »Iss auf«, sagte er mit einer wedelnden Handbewegung in Richtung meines Tellers. »Es wird ein langer Tag.«
    Pappsatt marschierten wir um die Theke herum, während Dad die Rechnung beglich.
    Der Geschäftsführer kam langsam auf Dad zu. »Kann ich mal eine Sekunde mit dir reden?«
    »Geht schon mal raus«, sagte Dad und scheuchte uns zum Truck. »Ich komme in einer Minute.«
    Draußen knuffte Brad Toby in die Rippen. »Ich wette, er sagt jetzt zu Jim, er soll gefälligst in eine andere Toilette als seine scheißen.«
    »Fick dich«, sagte Toby.
    Wir saßen eine ganze Weile im Truck. Ich sah durch die Glastür, dass Dad lebhaft geworden war. Der Restaurantleiter schüttelte bedächtig den Kopf und deutete wiederholt auf etwas an der Kasse.
    Dad fasste in seine Gesäßtasche nach seiner Geldbörse und fischte Bargeld heraus. Er ging zur Tür hinaus, die rechte Hand erhoben, während der Restaurantleiter noch von hinten auf ihn einredete. Mit wenigen forschen Schritten erreichte Dad den Pick-up.
    »So ein verdammtes Aas!«, sagte er.
    »Was?«, fragte ich.
    »Marie. Sie hat das Konto leer geräumt. Ich habe nur noch das Bargeld in der Tasche.«
    »Wie viel?«, fragte ich.
    »Egal. Genug, um durch den Tag zu kommen. Ich lass mir was einfallen.«
    Ich dachte an das Geld in meinem Portemonnaie. Ich hatte mich an Jerrys Vorgabe gehalten. Dad wusste nichts davon, und ich hatte es nicht ausgegeben. Mir schien es richtig, Dad das Geld zu geben und unser Los zu verbessern, wenigstens etwas. Aber ich wusste, dass ich mir damit viele unangenehme Fragen einhandeln würde, und das wollte ich nicht. Außerdem hatte Jerry mir das Geld für den Notfall gegeben, und soweit ich das beurteilen konnte, blieb diese Möglichkeit noch offen. Falls Marie nichts Gutes im Schilde führte, wäre Dad bald erledigt. Vielleicht würde ich das Geld noch brauchen.
    Ich hielt den Mund und hörte mir stattdessen Dads Gefluche an, als wir zur Arbeitsstelle fuhren.
    Marie warf uns alle aus der Bahn. Dad, der in Gedanken überhaupt nicht an dem Boden klebte, auf dem wir uns gerade befanden,wollte alles schneller als sonst erledigt haben, und selbst Brad konnte seine Forderungen nicht erfüllen. Der Morgen entwickelte sich zu einer Reihe von slapstickartigen Patzern. Toby stolperte und stürzte, als er mit einem Sack voller Bohrschlammpulver herbei eilte, der dabei platzte und uns eine Staubwolke ins Gesicht fliegen ließ. Brad entging einem Rohr, das ihm durch den Schacht entgegen sauste und seinen Kopf um nur wenige Zenti meter verfehlte. Toby ließ die Hakenstangen fallen, die sich überallhin verstreuten. Jede Panne gab Dads Wut neue Nahrung.
    So sehr ich mir das auch wünschte, es gab kein Entrinnen. Als Toby und Brad ständig Mist bauten, sagte Dad: »Lass das Motorrad stehen, Mitch. Wir brauchen heute deine Hilfe.« Ich hatte wieder Schaufeldienst.
    Und dann war urplötzlich Feierabend. Als Dad das Rohr aus dem dritten Loch dieses Vormittags zog, brüllte Toby ihm zu: »Haaalt! Stopp, Jim!«
    Dad rutschte von seinem erhöhten Sitz und spähte unter den Bohrturm. Vom Bohrer war eine Schneide abgesprungen, wahrscheinlich während Dad unter großer Anstrengung damit eine Gesteinsschicht tief unter der Oberfläche durchstoßen hatte.
    »Scheiße«, sagte Dad.
    »Kannst du das reparieren?«, fragte Brad.
    »Nein, verdammt! Und Geld dafür hab ich auch nicht. Wir sind erledigt, Jungs.«
    Dad stampfte mit dem Fuß auf und spie Maries Namen aus.
    Niemand sprach auf der Rückfahrt in die Stadt. Dad fuhr wie auf Autopilot, in Gedanken war er bei dem Problem, was er in seiner Not tun sollte. Er murmelte pausenlos vor sich hin und ich konnte mir seinen Plan in etwa zusammenzureimen. Als wir Toby und Brad absetzten, weihte er uns alle ein.
    »Ich muss nach Cedar City und sehen, ob ich den Bohrer repariert kriege und etwas wegen des Geldes unternehmen kann«, sagte Dad. »Darf Mitch bei euch bleiben?«
    »Schluss für heute?«, fragte Toby.
    »Mindestens.«
    »Ich fahr

Weitere Kostenlose Bücher