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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Dialogen immer die Sanftheit bewundert, mit der Sokrates die Zustimmung seiner Zuhörer zu seinen Prämissen erreicht.
    Jane sagte: «Ich weiß davon nichts. Willst du auf irgend etwas Bestimmtes hinaus oder willst du mich provozieren, oder was?»
    «Eine ökumenische Mischung vielleicht?» warf ich ein. «Erzähl mir von Männern, die du kennst. Was ist aus dem Pazifisten geworden? Wie sind deine Gefühle Ned Bork gegenüber?»
    «Er ist furchtbar jung.»
    «Dafür um so kräftiger. Und grenzenlos in seinem Verständnis, findest du nicht? Gefällt dir nicht seine Sorte Jesus? Denn Arme habt ihr nicht unbedingt allzeit bei euch. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern eine Friedensdemonstration.»
    «Das ist hübsch.»
    Die Schwerkraft ihrer warmen Masse zog mich fort von Ned. Ihre Bemerkung über den «Spaß, mit jedem ins Bett zu gehen», hatte sie mit einer köstlichen, durchdringbaren Substanz angefüllt, mit vielen winzig kleinen möglichen Körpern. Und als ich mich abmühte, sie zu mir herumzuwälzen, meinte Jane soziologisch: «Es ist so ungerecht. Frauen verbringen ihre Tage mit körperlicher Arbeit, während Männer wie du, die am Schreibtisch sitzen oder sich über andere Leute den Kopf zerbrechen, nachts aufdrehen, um ihre angestaute Energie zu entladen.»
    «Ja», sagte ich, «aber du hast zwei x-Chromosomen und ich nur eines.»
    Zu Ned sagte ich: «Diese Predigt ging reichlich weit, fand ich.»
    «Wieso, Sir?» Betroffen legte er den Kopf zurück, so daß seine Lippen, rosarot und weiblich, durch seinen Bart sichtbar wurden.
    «Glaubst du wirklich», fragte ich ihn, «daß eine Oligarchie von Schwarzen, amerikanischen Mexikanern und ausgestiegenen Collegestudenten ein besseres System zustande brächte – Ende des Zitats – als der Aufsichtsrat von Exxon?»
    «Es käme auf einen Versuch an. Schlimmer kann es doch gar nicht werden.»
    «Das ist es, worin ihr Blumenkinder euch meiner – überflüssig zu sagen – unmaßgeblichen Meinung nach irrt. Es könnte sehr viel schlimmer werden. Es ist schlimmer gewesen, und es wird, schätze ich, wieder schlimmer werden.»
    «Enthebt diese Erwartung deiner Meinung nach die Kirche gegenwärtig der Pflicht, die relative Verbesserungsfähigkeit der Welt zu verkünden?»
    «Enthebt diese Verbesserungsfähigkeit deiner Meinung nach die Kirche ihrer Aufgabe, der Welt, wie sie ist, zu dienen? Oder direkter gefragt: Hindert dich deine Auffassung vom Geschäftsmann in unserer Gemeinde als einem Agenten eines bösen Systems, seiner unsterblichen Seele geistlichen Beistand zu leisten?»
    «Christus sagt: Es ist leichter, daß ein Kamel – und so weiter.»
    «Er hat auch gesagt: Richtet nicht – und so weiter. Betrachten wir die Reichen ebenso wie die Armen ohne Sentimentalität. Würden ihre Güter umgekehrt verteilt, dann würden die einen handeln, wie jetzt die andern handeln. Die materielle Welt ist, geistlich gesehen, ein großes Hasard-Fußballspiel. Wo immer wir dort hingestellt sind, unsere Aufgabe ist es, Zeugen zu sein und einen Ausweg aus dem Zusammenstoß von Zeit und Materie anzubieten. Dein Platz ist hier, und du bist mir unterstellt. Ich wünsche nicht noch einmal von meiner Kanzel Parolen der Neuen Linken zu hören.»
    «Aber das einfache Mitgefühl –» setzte Ned an.
    «Mitgefühl ist nichts Einfaches. Genau darin bist du so ketzerisch herablassend. Du wendest dein einfaches Mitgefühl denen zu, die du für einfach hältst. Liebe deinen Nächsten. Liebe, was nahe, nicht was fern ist. Liebe den Reichen, den Wohlhabenden, den Weißen; liebe den armen Vorortbewohner, den es hierherzieht, weil er dunkel ahnt, daß er hier einen anderen schwachen Verbündeten findet in seinem gefahrvollen Kampf, vor Dieben zu bewahren, was andere Diebe für ihn gewonnen haben. Wenn diese Gesellschaft dir verbrecherisch vorkommt, dann denke an den Verbrecher am Kreuz. Vergiß einen Moment lang diesen Moloch sozialer Veränderungen und bete zu dem wahren Gott, dem Gott über allen Veränderungen, dem Gott, der Rom und die Christenheit zerstörte, dem Gott, der das neue Jerusalem der vollkommenen Gleichheit und Gerechtigkeit eifersüchtig Seinem eigenen Reich vorbehält – bete zu Ihm, daß du, wenn deine Bußzeit bei mir abgelaufen ist, an eine Gemeinde in einem Slum berufen werden mögest, damit du dort dein Mitgefühl an dem Wetzstein anderer Verhältnisse schärfen kannst. Überall, Ned, treibt uns die Welt zur Verzweiflung, so daß wir Gott zu vergessen

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