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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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er nicht mehr leben würde, wenn ich das nächste Mal kam. Seine Hand glitt unter der meinen hervor und legte sich auf sie und tätschelte sie abwesend. «So etwas gibt es nicht», versicherte er mir, «ehe wir ein bißchen älter geworden sind.»
     
    Auf dem Flugplatz hockte ich mich unvermittelt nieder und nahm so schnell, daß sie nicht zurückscheuen konnten, meine beiden Jungen in die Arme. Zu Martin, den ich fester gepackt hielt, da sein sehniger Körper angespannt war – vielleicht war er zornig auf mich, wegen der Dinge, die er über meinen Flug mitbekommen hatte –, sagte ich: «Sei nett zu deinem Bruder, während ich weg bin. Und nimm du selbst es nicht so schwer.» Zu Stephen sagte ich: «Laß dich nicht durch alles auf Hochtouren bringen.» Sein immer noch babyhaftes Gesicht blickte verwirrt und enttäuscht drein. Ich versuchte es ihm zu erklären. «Hör nicht Radio, statt Schularbeiten zu machen. Streite dich nicht mit deinem Bruder mehr als unbedingt nötig. Wenn ich zurückkomme, möchte ich gern von dir hören, daß du den Monat hinter dich gebracht hast, ohne Ärger zu machen.» Und ich ließ die beiden frei und stand auf und gab Jane einen Kuß. Sie war blaß, und da war eine kleine Kruste, aber die Kruste brach wie dünnes Spiegelglas zerbricht, und es gab nichts zu sagen, wie wenn man allein ist.
     
    Nett?

22
    Ach ja, noch ein Gespräch aus dem Tigerkäfig einer klaustrophobisch verbrachten Woche kommt mir wieder in den Sinn. Verschwommen. Zu viele flimmernde kaktoide Tage, zu viele Drives mit dem Eisen 8 knapp rechts neben dem Grün, zu viele verdeckte Straights, die nicht ganz reichten, liegen dazwischen. Gerry Harlow kam zu mir, in mein Büro in der Kirche. Unser offizielles Gespräch, das, bei dem er die Ultimaten bellte, mit denen Diakonat und Diözese zu vereintem Schlag ausholten (er brüllte nicht, um bei der Wahrheit zu bleiben; er «erteilte» sie, mit zusammengebissenen Zähnen oder, um noch genauer zu sein, aus langen grauen Kinnbacken heraus, deren Kaumuskeln sich fortwährend bauschten), hatte am zweiten Abend nach meinem Motel-Nachmittag im Pfarrhaus stattgefunden. Dieses hatten wir einige Tage später.
    Dieses verlief anders. Er wollte etwas. Ich war dabeigewesen, meinen Schreibtisch aufzuräumen, damit Ned als amtierender Pastor ein paar freie Schubladen hatte. Ich forderte Harlow mit einer Handbewegung auf, sich auf den Stuhl der Ratsuchenden zu setzen, und nahm selber Platz. Er sah aus wie ein Mann, der zu lange draußen im Wind gewesen ist – auf seinem Gesicht lag ein empfindlicher Hochglanz, und er beugte sich vor auf dem Stuhl und zerrte die Lippen von den Zähnen zurück wie ein Skiläufer in einer engen Kurve. Er hoffte – so seine Einleitung –, ich wüßte, daß er als Sprecher der Kirche und der Gemeinde gehandelt habe, nicht in irgendeiner privaten Eigenschaft.
    Ich sagte, selbstverständlich. Ich sagte, ich hätte seine Tüchtigkeit und die Klarheit seiner Entschlüsse bewundert.
    Das steife und männliche Palaver ging noch einige Zeit so weiter. Ich war froh, daß ich nicht um ein Darlehen bitten mußte. Der Kerl wußte, wie man den Autoritäts-Raumanzug trägt. Ich stellte mir vor, wie Frankies Haut die seine berührte, und ein Schauder überlief mich. Auch den Astronauten-Jargon beherrschte er. Die meisten von Alicias Behauptungen waren «gecheckt» worden. (Die Teenagerbraut insbesondere hatte sich mit fröhlicher Ausführlichkeit geäußert, als wäre ihre Episode mit mir ein Spiel im Fernsehen gewesen, das sie genau nacherzählte. Aber auch die hagere Geschiedene hatte sofort gestanden. Frauen können, wie ich auf diesen Seiten predigte, im Grunde nichts Unrechtes dabei finden. Ich war Harlow sogar dankbar dafür, daß er mich wieder mit einigen negativen Direktiven vom Kontrollzentrum der männlichen Mission in Kontakt gebracht hatte.) Da ich eingewilligt hätte, sagte er, in einen längeren Urlaub zu starten, sei diese «Operation», soweit er selbst betroffen sei, fürs erste ein «zugeklapptes Buch».
    Ich schlug sechs oder acht Sekunden Schweigen heraus.
    Eines aber, fuhr er fort, setze ihm offen gesagt «höllisch» zu. Harlow zögerte eine Mikrosekunde lang bei dem «höllisch», fand dann aber offenbar, daß ich es – Pastor hin, Pastor her – angesichts seiner Unterlagen verkraften könnte. Es ging darum: Alicia habe anfangs zusammen mit den anderen auch seine eigene Frau bezichtigt, Frankie. (Als ob ich ihren Namen nicht gewußt hätte! Als

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