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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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doch so sehr meine Frau war (siehe die etymologische Fußnote oben), das massige Bündel – das abgebrochene Zelt – meiner gescheiterten Laufbahn auf ihren Kopf. Nun, sie war dickhüftig und zäh und konnte es verkraften. Babies und Schuld – die Frauen sind zum Schleppen gebaut.
    Die Zeit hatte für meinen Vater aufgehört – ob ich einen Monat fortblieb oder eine Stunde lang nicht da war, für ihn war es das gleiche. Ich war eine wiederkehrende Erscheinung, die einen Kurzschluß in seinem Hirn auslöste. «Ras, der rastlose Racker!» begrüßte er mich herzlich. «Immer noch auf sein Unglück aus. Wann war das, daß du Lena Horsmans dicken Zopf ins Tintenfaß tauchtest und sie den Kopf schüttelte, so daß die Tinte auf das ganze Leinhemd spritzte, das unsere Mutter für den Sonntagsstaat geflickt hatte? Los, lach! Wenn je der Gerechtigkeit Genüge getan wurde – sie hat uns erzählt, wie du sie nach Hundeart genommen hast, comme les chiens, ihren kleinen derrière hochgestreckt zur Demonstration wie eine doppelte Portion glace vanille, he? O nein, wir können nicht immer Heilige sein, der Herr würde sich sterblich langweilen. Die Überfahrt war eine einzige Kotzerei, und mir graut vor der Rückreise.»
    «Daddy, bitte, hör dir an, was ich dir zu sagen habe.»
    Er sah mich mit erschreckend winzigen Augen an. «Was kümmert dich», sagte er mit beginnender Empörung, «die Hauptstadt von Bangladesch? Was geht es dich an, ob Bebe Rebozo einen richtigen Namen hat? Diese falsche Fröhlichkeit unter so vielen Mitteln, was glaubst du, wen du damit täuschen kannst? Ich bat um saubere Wände und einen Blick auf den See, und du bietest mir unanständige Kohlezeichnungen und Vorhänge, die dichter zugezogen sind als eine Bärenfalle. Ich weiß, manche Leute nennen das Kunst. Ich nenne es Gotteslästerung und Insubordination; ich habe ein Recht auf meine Machtinstrumente.» Er beugte sich so erregt vor, daß sein großer wolliger Kopf nach vorn geschleudert wurde und ich Angst hatte, er würde ihm von den Schultern rollen. Zusammen mit solchen Vertraulichkeiten entströmte seinem Mund ein fleischiger Geruch von dem Mittagessen, das er gerade zu sich genommen hatte. «Ich habe einen Sohn», erklärte er mir, «dessen Pflicht es ist, Narren wie dich einzusperren.»
    «Daddy, ich bin dein Sohn. Ich bin’s, Tommy. Man schickt mich weg. Sie sagen, ich hätte das geistliche Amt entehrt.»
    Seine kleinen Augen blinzelten wie von einer Flamme versengt und schienen dann klar zu werden. «Nun, das hast du ohne Zweifel», sagte er müde, mit einer dem Moment angemessenen Stimme, die den Versuch, ihre vielen anderen Sphären zu füllen, aufgege ben hatte. «Das ist ohne Zweifel das Blut deiner Mutter, es mußte sich bemerkbar machen. Sie war eine Hure, verstehst du? Ich vergoß Tränen, um sie zu bändigen; ich versuchte es mit Vernunft und Leidenschaft, mit Vertrauen und guten Taten, aber sie brauchte mehr weltliche Güter und Freuden, als ich ihr geben konnte, und so wandte sie sich von meinem Bett ab, dir und deinen indolenten Freunden zu, und versank im Schmutz ererbten Reichtums.»
    «Nein», flehte ich, verzweifelt bemüht, ihn in der Wirklichkeit festzuhalten, meiner Wirklichkeit, die nur er vergeben konnte. «Ich bin dein Sohn. Irgend etwas ist schiefgegangen. Ich habe keinen Glauben. Oder vielmehr, ich habe zwar einen Glauben, aber er läßt sich offenbar nicht anwenden.»
    Er hörte meinen Aufschrei, und innen in seinem hohlen Kopf rang etwas, um seinen Verstand am Davongleiten zu hindern. «Ich gab ihr alles», erklärte er mir langsam – und seine Stimme mißtraute den Worten, vermochte aber keine besseren zu bilden –, «was ich ihr an Annehmlichkeiten geben konnte. Wärst du nicht erschienen, hätte sie sich damit wohl zufriedengegeben.»
    Er verteidigte sich mir gegenüber. Ich ging auf diese Andeutung einer Verbundenheit zwischen uns ein. «Was sollen wir tun», fragte ich, «damit sie bei uns bleibt?» Ich berührte seine Hand, seine alte, mit Altersflecken bedeckte Hand, mit der meinen, die weniger gefleckt war und erst alt wurde. Seine Haut war kalt. «Daddy, ich habe Angst. Sag mir, was ich tun soll. Was soll werden aus mir. Ich wollte besser werden als du.»
    «So etwas gibt es nicht», sagte er mit einer Stimme, die in irgendeine sechste Sphäre, jenseits aller Empörung vorgedrungen war, und eisig durchzuckte mich der Gedanke – nicht ein dem Gehirn, sondern ein dem Blut entstammender Gedanke –, daß

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