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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hätte. Und jetzt hatte sie lediglich den Eindruck erweckt,
ebenfalls eine bösartige Klatschtante zu sein. Wilson war schon auf dem Weg zum
Streifenwagen, in Begleitung von Max. Sie hatten nicht einmal Zeit für einen
Abschiedskuß gehabt.
     
     

Kapitel
18
     
     
     
     
     
     
    V or sechs Monaten wäre Sarah
wohl ins Haus gelaufen, hätte sich auf dem Sofa zusammengerollt und richtig
ausgeweint. Aber inzwischen war sie stärker geworden, und außerdem hatte sie
immer noch die Autoschlüssel von Max. Zehn Minuten später war sie bei den Rivkins.
    Miriam stand allein in der
Küche und rührte in einem dampfenden Topf mit Nudeln. »Hallo, Sarah. Gerade
rechtzeitig zum Tee. Warum siehst du denn so bedrückt aus? Ist Max denn nicht
bei dir?«
    »Nein, sie haben ihn aufs
Polizeirevier gebracht. Miriam, sag schnell, wo ist dein Onkel?«
    »Mike hat ihn in die Stadt
gefahren, weil er sich das Wall Street Journal kaufen wollte.«
    »Wie lang ist das her?«
    »Kurz bevor ich mit den Nudeln
angefangen habe. Ich mache gerade Kascha Varniskes. Vor etwa 15 Minuten vielleicht.
Sie müßten eigentlich jede Minute zurück sein, es sei denn, sie wollten noch
haltmachen, um — hast du gerade gesagt, Max sei auf dem Polizeirevier? Ich
glaube, dann rufe ich am besten bei Freddy an.«
    Miriam lief zum Wandtelefon und
wählte die Nummer des einzigen Ladens in Ireson Town, in dem man sowohl das Wall
Street Journal als auch eine halbwegs akzeptable Zigarre kaufen konnte.
    »Freddy, hier ist Mrs. Rivkin.
Sind mein Sohn und mein Onkel zufällig noch da? Dann bestellen Sie ihnen bitte,
sie sollen sich beeilen und schnellstens zurückkommen. Das Haus brennt.«
    Sie legte wieder auf und
kicherte verlegen. »Ach du liebe Zeit, warum habe ich das bloß gesagt? Jede
Wette, daß Freddy auf der Stelle die Feuerwehr anruft. Sarah, setz dich bitte,
bevor du zusammenbrichst. Iß doch was.«
    Sarah wollte gerade sagen: »Ich
kann nicht«, als ihr einfiel, daß sie seit dem Frühstück keinen Bissen mehr zu
sich genommen hatte, abgesehen von dem Glas Tomatensaft bei Miffy. Vielleicht
würde sie sich ein wenig sicherer auf den Beinen fühlen, wenn sie etwas im
Magen hatte. Als Miriam schließlich eine Tasse heißen Tee und ein Sandwich mit
Geflügelleberpastete vor sie hinstellte, aß sie ein wenig. Doch dann fiel ihr
ein, daß Max auch kein Mittagessen gehabt hatte, und sie schob den Teller
wieder fort.
    Miriam beobachtete sie besorgt.
»Magst du keine Geflügelleber?«
    »Doch. Aber — oh, Miriam!«
    Auf keinen Fall wollte sie zu
weinen anfangen. Dazu war jetzt keine Zeit. Sie mußte unbedingt einen klaren
Kopf behalten und genau erklären, was passiert war. Doch alles, was sie sagen
konnte, war: »Max und ich werden heiraten.«
    » Mazeltow! Herzlichen
Glückwunsch! Wie bald denn schon?«
    »Ich weiß nicht.« Sarah trank
einen Schluck heißen Tee, um sich zu beruhigen.«Das ist das Problem. Zuerst muß
ich ihn aus dem Gefängnis holen.«
    »Wie meinst du das, aus dem
Gefängnis? Was hat er denn angestellt?«
    »Nichts, das ist es ja gerade.
Irgend jemand versucht, es so aussehen zu lassen, als ob Max den Raubüberfall
begangen und Alice B. und Miffy umgebracht hat.«
    »Was für eine Miffy? Wovon
sprichst du überhaupt?«
    Sarah erzählte ihr stockend die
ganze Geschichte, während sie versuchte, das Sandwich hinunterzuwürgen, und
sich immer wieder mit einem Papiertaschentuch die Tränen abwischte, wenn sie
ihre Fassung verlor. Miriam rührte weiter in ihren Nudeln, mit wütendem Gesicht
und zusammengepreßten Lippen.
    »Jetzt weißt du alles.« Sarah
versuchte noch einmal, an dem Sandwich zu knabbern. »Tut mir leid, Miriam. Es
schmeckt sehr gut, aber ich kann jetzt einfach nichts essen.«
    »Du bist wirklich total
vernarrt in ihn, nicht?«
    »Allerdings.«
    Miriam trug die Nudeln zur
Spüle und ließ sie dort abtropfen, wobei sie ihr Gesicht von dem aufsteigenden
Dampf abwandte. Dann kam sie zu Sarah an den Tisch, ließ sich schwerfällig ihr gegenüber
auf einen Stuhl sinken und sah plötzlich um Jahre gealtert aus.
    »Ich wußte genau, daß du es
sein würdest, schon im ersten Augenblick, als er hierher zur Tankstelle kam und
nach dir suchte, nachdem dein erster Mann —« Sie schüttelte den Kopf. »Mein
kleines Brüderchen. Mein Gott, was wird Ma bloß dazu sagen?«
    »Ich weiß genau, was sie sagen
wird, Miriam. Dasselbe, was sie alle im Yachtclub über mich sagen. Warum hat er
nicht eine nehmen können, die zu ihm paßt? Aber wir

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