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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Tergoyne hat ihrer
Freundin keinen Cent hinterlassen und dies auch offensichtlich niemals
beabsichtigt. Das vorliegende und aller Wahrscheinlichkeit nach gültige
Testament wurde vor etwa 15 Jahren aufgesetzt und sieht vor, daß Miss Tergoynes
Vermögen zu gleichen Teilen auf Pauline Larrington Beaxitt, Laura Beaxitt
Larrington und Appolonia Kelling Kelling verteilt wird. Sind Ihnen diese
Personen bekannt?«
    »Pussy, Lassie und Tante Appie?
Das glaube ich nicht!«
    »Doch, das können Sie ruhig
glauben.«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Ich
bin — sprachlos. Natürlich hat Miffy gewußt, daß Alice B. selbst Geld hatte,
und vielleicht hat sie auch gedacht, da sie Alice ja die ganzen Jahre
finanziell unterstützt hat — aber trotzdem — Hätte Alice B. denn davon irgendwie
erfahren können?«
    »Wie groß ist Pertwees
Kanzlei?«
    »Nicht besonders groß, denke
ich. Ich war zwar selbst nie da, aber ich weiß, daß er sein Büro bei sich zu
Hause hat und seine Frau die meiste Schreibarbeit für ihn erledigt. Mrs. Lomax
hat ein- oder zweimal die Woche ausgeholfen, bis ihre Arthritis so schlimm
wurde, daß sie damit aufhören mußte. Ich weiß nicht, ob die Pertwees inzwischen
einen Ersatz für sie gefunden haben.«
    »Sagten Sie Mrs. Lomax? Etwa
die Frau Ihres Hausverwalters?«
    »Ja.«
    »Wie versteht sie sich mit
ihrem Neffen?«
    »Keine Ahnung. Aber ich kann
mir nicht vorstellen, daß sie etwas aus dem Büro nach draußen trägt, wenn Sie
das meinen. Das würde überhaupt nicht zu ihr passen.«
    »Wie gut kennen Sie denn diese
Mrs. Lomax?«
    Sarah überlegte einen Moment
und mußte dann gestehen: »Im Grunde nicht besonders gut. Die Familie Lomax legt
großen Wert darauf, eine gewisse Distanz zu ihren Arbeitgebern zu wahren. Ich
habe mehrfach eine Nachricht für Mr. Lomax bei ihm zu Hause hinterlassen, und
sie kommt manchmal im Kleinlaster ihres Mannes mit hierher, wenn er nur wenig
zu erledigen hat. Wir grüßen uns, ich erkundige mich nach ihrer Arthritis, sie
macht eine höfliche Bemerkung über die Fliederbüsche oder so, und damit
erschöpft sich die Konversation auch schon. Ich habe Mrs. Lomax immer für eine
intelligente, gebildete Frau gehalten, die viel auf sich hält. Aber mehr kann
ich beim besten Willen nicht über sie sagen.«
    Der Anwalt nickte. Er hatte das
schönste Haar, das Sarah je bei einem Mann seines Alters gesehen hatte, dicht,
wellig und eisengrau. In 30 Jahren würde das Haar von Max sicher genauso
aussehen. Momentan war Max allerdings in seinem Lehnstuhl eingeschlafen, sein
Kopf pendelte hin und her, und sein Mund stand ein wenig offen. Sie mußte wirklich
hoffnungslos in ihn verliebt sein, denn selbst in diesem Zustand fand sie ihn
einfach hinreißend.
    »Erzählen Sie mir von Alice
Beaxitt«, befahl der ältere Bittersohn, während Sarah ein Sofakissen unter Max’
Kopf schob.
    Das war nicht besonders schwer.
Sarah sagte ihm alles, was ihr einfiel, und vergaß auch nicht das gemeine
Verhalten, das Alice B. auf der Party Max gegenüber an den Tag gelegt hatte.
    Er schob seine Unterlippe vor
und dachte eine Weile nach. Dann sagte er: »Interessant. Aber wenn die Dame Tergoyne
wirklich nur eine schwachsinnige Säuferin war und ihre Freundin immer mit
soviel Geschick ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute gesteckt hat,
gibt das alles keinen Sinn. Wie konnte
    Miss Tergoyne dann ihr
Testament so lange geheimhalten, und warum ist Miss Beaxitt bei ihr geblieben
und hat die ganze Arbeit für sie gemacht, wenn doch nichts für sie dabei
heraussprang?«
    »Aber für Alice B. ist eine
ganze Menge dabei herausgesprungen«, erinnerte ihn Sarah. »Ich habe Ihnen ja
schon erzählt, daß Miffy immer sämtliche Rechnungen bezahlt hat. Alice B. hat
offenbar nie auch nur einen Cent von ihrem eigenen Geld ausgeben müssen, sonst
hätte sie wohl kaum ein so großes Vermögen hinterlassen. Vorausgesetzt
natürlich, es gibt das Geld wirklich, und das Testament ist nicht lediglich
einer von Alice B.s kleinen Scherzen.«
    »Das Geld gibt es tatsächlich,
sagt jedenfalls Pertwee. Also gut, Alice B. lebte sorgenfrei und kostenlos und
hatte außerdem eine schöne Summe in Reserve. Würde sie das darüber hinweggetröstet
haben, in Miss Tergoynes Testament völlig übergangen zu werden?«
    »Wohl nicht«, gab Sarah zu.
»Alice B. war eine eitle Person. Sie hat immer irgendwie versucht, im
Mittelpunkt zu stehen, und ich weiß, daß sie es gern hatte, daß man sie als
Miffys Erbin ansah. Sie war einige Jahre

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