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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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jünger als Miffy und hat mehr auf ihre
Gesundheit geachtet, also hat sie natürlich angenommen, sie würde Miffy
überleben. Ich glaube, es hätte ihr schwer zu schaffen gemacht, wenn eines
Tages die Wahrheit herausgekommen wäre und sie als die Gedemütigte dagestanden
hätte, weil dann alle gewußt hätten, daß sie für Miffy nur eine Mischung
zwischen einer Gesellschafterin und einem Sozialfall gewesen ist. Sie wäre zwar
nicht sofort wutschnaubend davongestürmt, denn schließlich hatte das Leben mit
Miffy ja auch seine guten Seiten, aber es würde mich nicht wundern, wenn sie es
seit Jahren gewußt und ihren Groll so lange unterdrückt hätte, bis sie einen
Weg gefunden hatte, Miffy zu überlisten und sich das zu nehmen, was ihr ihrer
Meinung nach zustand. Man braucht sich nur anzusehen, wie lange Alice B. die
Information über Max für sich behalten hat und sie erst dann benutzte, als sie
den richtigen Moment für gekommen sah. Das war typisch für sie.«
    Sarah erwärmte sich immer mehr
für diese Theorie. »Wie Sie wissen, gab es hier in der Sommerkolonie eine ganze
Reihe von Einbrüchen. Angenommen, Pete Lomax hat sie begangen, und Alice B.
bekam es spitz. Sie hatte unglaublich raffinierte Methoden, an Informationen zu
kommen. Sie hätte ihn erpressen können, damit er ihr half, was sicher nicht
allzu schwer war, solange er sich einen Profit davon versprach. Vielleicht hat
sie ihn auch nur ganz richtig als jemanden eingeschätzt, der im geeigneten
Moment zum Dieb werden konnte.«
    »Mit vielleicht kommen wir aber
nicht weiter«, warf der Anwalt ein.
    Max war inzwischen aufgewacht.
»Laß Sie reden, Jake. Weiter, Sarah. Wenn Miss Beaxitt nun Pete Lomax
tatsächlich dazu überredet hätte, ihr zu helfen und Miss Tergoyne zu bestehlen?
Warum haben sie dann aber nur die Kunstwerke genommen? Silber und Schmuck hätte
man doch viel leichter Weiterverkäufen können.«
    »Stimmt. Aber Alice B. hätte es
ja nicht wegen des Geldes getan. Das hatte sie gar nicht nötig. Sie wollte
lediglich Miffy treffen, ohne dabei entdeckt zu werden. Das heißt, sie brauchte
jemanden, dem sie das Verbrechen in die Schuhe schieben konnte. Du bist der
ideale Kandidat, weil du nicht zur Clique gehörst, aber trotzdem aus der Gegend
stammst, dich gut auskennst und genau die richtigen Fachkenntnisse hast.«
    »Aber sie hat mich doch
überhaupt nicht gekannt«, protestierte Max.
    »Sie wußte aber etwas über
dich, oder nicht? Es würde mich nicht wundern, wenn sie den Plan ausgeheckt
hätte, als du im Wohnzimmer warst und sie in der Küche mit ihren Pasteten
beschäftigt war. Sie hätte Pete ganz leicht von dort aus anrufen können, um
sich für einen späteren Zeitpunkt mit ihm zu verabreden. Es würde mich nicht
einmal wundern, wenn die beiden sich auf irgendeine harmlos klingende
Codenachricht geeinigt hätten, die Alice B. dann durch eine dritte Person
ausrichten ließ.
    Dann hätte sie nichts weiter zu
tun brauchen, als dafür zu sorgen, daß Miffy einen starken Schlaftrunk bekam,
denn sie kannte ja die Inventarliste und wußte genau, welche Kunstwerke ein
Experte auswählen würde. Ich wette, die Bemerkung über deine frühere Freundin
hat sie absichtlich fallenlassen, um dich wütend zu machen. Dann hätte sie
anschließend behaupten können, du wärst zurückgekommen, um das Haus als eine
Art Racheakt auszuräumen.«
    »Klingt wie die Handlung einer
Verdi-Oper.«
    »Ich weiß, aber so war Alice B.
ja auch, theatralisch und mit viel Lärm hinter den Kulissen.«
    »Dann hat sie sich wohl selbst
erschlagen, um der Handlung mehr Dramatik zu verleihen?« knurrte Jake.
    »Natürlich nicht. Das hat sich
Pete ganz allein ausgedacht. Er wußte genau, daß er vor ihrer scharfen Zunge
nicht sicher sein würde, solange Alice B. noch am Leben war, und er ist ein
gewalttätiger Mann. Es war bestimmt leicht, sie umzubringen, denn mit einem
Angriff auf sich selbst hatte sie sicher nicht gerechnet. Alice B. war immer
selbst die Angreiferin, nie das Opfer, und dann kämpfte sie ja auch mit Worten
und nicht mit Waffen. Indem er sie aus dem Weg räumte, hätte sich Pete nicht
nur von einer drohenden Gefahr befreit, sondern auch die Beute ganz für sich
allein gehabt.«
    »Und wie soll ein Mann wie er
einen Haufen gestohlener Bilder weiterverkaufen?« fragte Max sanft.
    »Woher soll ich das wissen?
Wenn er schon früher an Diebstählen beteiligt war, hat er doch sicher
Beziehungen, nicht? Oder vielleicht hat auch Alice B. jemanden

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