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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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entsetztem Gemurmel aus einer eisverkrusteten Tür getragen, direkt dahinter ein zweiter. Sie hatten geholfen, die Netze und Stricke um den zweiten Wolf zu zurren. Ein junger Bursche stand fassungslos neben dem Stall, in dem die Leichen – wie auch Ailis’ toter Gemahl nur wenige Stunden zuvor – offenbar gewöhnlich aufgebahrt wurden, bis es der Schnee und der gefrorene Boden erlaubten, sie zu bestatten.
    »Man sagt, der Eisprinz rechnet jeden Wolf zu seinem Rudel. – Und er vergibt nicht.« Cassim schauderte. Die mit glitzerndem Eis und schillernden Reiffäden überzogenen Körper; die Gesichter mit den zu Fratzen verzerrten Mündern und den weit aufgerissenen Augen … dennoch war das Ende offenbar vollkommen lautlos gekommen, sodass jene, die neben ihnen geschlafen hatten, die die Kälte verschont hatte, nichts bemerkt hatten …
    Das hier war tatsächlich das Werk des Eisprinzen. Er hatte den Frost geschickt und das halbe Dorf ausgelöscht, um entsetzliche Rache zu nehmen.
    Ihr Blick zuckte zu dem Schuppen. Sie rannte hinüber, riss die Tür auf. Stille empfing sie, abrupt blieb sie stehen. Brec und die zweite Wache lagen mit herausgerissenen Kehlen verdreht am Boden. Das Schloss der Kette, die um die Eisenstangen der Käfigtür geschlungen gewesen war, hing aufgebrochen herab. Sauber zerschnittene Stricke und Netze bildeten ein höhnisches Knäuel in der Mitte des Bärenkäfigs. Der Firnwolf selbst war fort.
    Sie wich zurück, stolperte ins Freie. Rempelte jemand an, der sich an ihr vorbeidrängte. Ein Schrei erklang, rief noch mehr Menschen herbei, die sich unter entsetztem Gemurmel um die Leichen drängten. Bang ging Cassims Blick über den Laith zum Waldrand hinüber. Morgwen war die ganze Nacht dort draußen gewesen. Was hatte die grausame Macht des Eisprinzen
ihm angetan? Er hatte zwar nichts mit dem zu tun, was den Wölfen widerfahren war, aber er half ihr. War das Grund genug für den Eisprinzen, auch ihm etwas anzutun? Sie presste die Handflächen gegeneinander. Vermutlich brauchte der Eisprinz überhaupt keinen Grund für solche Grausamkeiten.
    Eine helle Gestalt im Schatten eines Hauses zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Morgwen! Ihr Herz schlug schneller, als sie ihn erkannte. Rasch ging sie zu ihm hinüber. Sie musste sich mit aller Kraft beherrschen, um ihm nicht um den Hals zu fallen.
    »Den Feuern sei Dank, du lebst! Ist alles in Ordnung mit dir? Wo warst du? – Jornas besteht darauf, dass wir sofort von hier verschwinden.«
    Der Blick, mit dem er sie streifte, jagte etwas auf kalten Beinen ihren Rücken hinab. Abgehackt nickte er, dann schaute er zurück zu den entsetzten Dorfbewohnern. »Ich habe nach Ernan und seinen Leuten gesucht, aber ich konnte sie nicht finden. – Der Faun hat recht. Wir sollten gehen, ehe diese Narren uns für ihre Dummheit verantwortlich machen. – Hol deine Sachen!«
    »Dummheit? Was …« Sie starrte ihn ungläubig an. »Du weißt, was geschehen ist? Woher?«
    »Ich habe es gesehen. – Menschennarren! Glauben, sie können ungestraft einen der Wölfe des Eisprinzen erschlagen.« In seinen Augen war nichts als Kälte. »Ich war da oben im Wald.« Er wies auf die andere Seite des Laith.
    »Und warum hast du nichts unternommen? Warum bist du nicht zurückgekommen, ich …« … hätte deine Hilfe gebraucht, um einen Wolf zu befreien. Cassim ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
    Sein Mund verzog sich. »Was hätte ich hier schon tun können? – Außerdem musste ich zuerst etwas besorgen.«
    »Besorgen? Was?«
    »Medizin, die Kavans Sohn das Leben retten kann. – Hol deine
Sachen! Und sag dem Faun, dass ich da bin. Ich treffe euch im Schankraum des Gasthofes.«
    Cassim starrte ihm nach, als er langsam und scheinbar vollkommen gelassen auf das Gasthaus zuging. Warum schien es ihr, als hätte Morgwen sich über Nacht in einen vollkommen Fremden verwandelt?

    Der Himmel war grau und trüb, sodass die Sonne nur ein heller Kreis hinter den Wolken war. Obwohl sie ihren Zenit beinah schon wieder erreicht hatte, nistete die Kälte zwischen den Bäumen. Seit Stunden ging es einen steil abfallenden Waldhang schräg bergan. Ihre Beine waren so schwer, als trüge sie Ketten, und ihre Muskeln brannten vor Anstrengung. Cassim stützte sich mit der Hand an einem reifüberzogenen, toten Baumstamm ab und beobachtete die fahlen Schwaden ihres Atems und lauschte. Außer dem Knirschen des Schnees unter ihren Schritten war es still. Kein Knacken im Unterholz, kein leises Rauschen

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