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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Ganz sacht zog Morgwen an den Zügeln. Das Jern blökte, tänzelte um ihn herum, versuchte erneut auszubrechen, ehe es abermals still stand. Behutsam fuhr seine Hand über die Stirn des Tieres, kehrte zu den Nüstern zurück, strich wieder über die Stirn hinauf. Es schüttelte seine Geweihhörner, dass sein Mähnenbart wehte, blieb stehen, scharrte mit den Hufen. Sein Wedel schlug unruhig hin und her. Dann, ganz langsam, wandte es den Kopf, starrte Morgwen an, der noch immer mit der Hand von den Nüstern über seine Stirn und zurück strich. Allmählich beruhigten seine Atemzüge sich. Unter seinem schweißnassen Fell zitterte immer wieder ein Muskel. Es rührte sich nicht, als Morgwen schließlich die Zügel lockerer ließ und zurücktrat. Seine Ohren zuckten, während es mit weit aufgerissenen Augen beobachtete, wie er rückwärts zu seinem im Schnee liegenden Bündel ging und es mit langsamen, leicht hölzernen Bewegungen aufhob. Angespannt stand es da, während er den Beutel hinter dem Sattel befestigte. Morgwen legte ihm die Zügel über den Hals. Der Muskel an seiner Flanke zuckte hektischer. Bedächtig stellte er den Fuß in den Steigbügel. Das Jern machte einen erschrockenen Schritt zur Seite. Morgwen folgte ihm, stieß sich vom Boden ab. Blökend brach das Tier zur Seite aus, schwang erschrocken seine Geweihhörner herum. Es keilte im selben Augenblick aus, als Morgwen endgültig in den Sattel glitt und die Zügel anzog. Keuchend und zitternd stand es von Neuem still. Den Kopf aufgeworfen, die Augen nach hinten verdreht, dass man das Weiße sehen konnte, schien es auf etwas zu warten. Doch als nichts geschah, war es Cassim beinah, als würde es sich langsam – wie gegen all seine Instinkte – ein klein wenig entspannen. Und nach weiteren zähen Momenten senkte es schließlich auch den Kopf und fügte sich.
    Cassim stieß die Luft aus, die sie unbewusst angehalten hatte.
Erst jetzt bemerkte sie, dass die Männer Morgwens Kampf mit dem Jern genauso verfolgt hatten wie sie selbst.
    »Wollt Ihr es jetzt versuchen?« Neben ihr wies Ernan auf das Tier, dessen Zügel er hielt. Einen Atemzug zögerte Cassim, doch dann nickte sie entschlossen. Ein anerkennendes Lächeln glitt über sein Gesicht, er bückte sich und hielt ihr die verschränkten Hände auf Kniehöhe entgegen. Verständnislos blickte sie auf ihn hinab.
    »Den linken Fuß in meine Hände und das rechte Bein mit ein bisschen Schwung über den Rücken des Jern«, erklärte er gelassen. Die Zähne zusammengebissen, gehorchte Cassim. Im nächsten Augenblick fand sie sich auf dem Rücken des Tieres wieder – und war dabei, auf der anderen Seite geradewegs wieder hinunterzurutschen. Mit einem erschrockenen Keuchen klammerte sie sich am vorderen Teil des Sattels fest, der wie ein Horn vornübergebogen war. Eine Hand schloss sich um ihren Knöchel, eine zweite packte sie beinah gleichzeitig an der Schulter. Ernan, der verhinderte, dass sie noch weiter abglitt, und Morgwen, der sie zurück in die Senkrechte schob. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ihr Herz sich wieder zu einer ruhigeren Schlagzahl entschließen konnte und sie ein »Danke!« hervorbrachte. Beide Männer quittierten das Wort mit einem Nicken. Sie sah, wie Morgwen die Hand auf die Seite presste und sich auf seinem Jern zurechtsetzte. Steif hielt das Tier den Kopf erhoben. Es witterte angespannt und seine Augen waren noch immer geweitet.
    Ernan schob Cassims Füße in die Steigbügel und stellte die Riemen auf die passende Länge für sie ein, ehe er ihr die Zügel reichte. Dann machte er ihr Bündel hinter ihr am Sattel fest. Mit einem Gefühl der Hilflosigkeit starrte sie auf die geflochtenen Lederschnüre in ihren Händen. Erde und Feuer, das kann nicht gut gehen. Sie schloss die Augen, versuchte zu verhindern, dass das Zittern sich einen Weg aus ihrem Magen bis in die Glieder suchte. Als sie sie wieder öffnete, begegnete sie Morgwens
Blick. In der Luft wirbelten schwere Schneeflocken, die sich träge auf Mäntel und Felle legten.
    »Es wird den anderen Tieren folgen«, beruhigte er sie mit einem leicht spöttischen Lächeln. Doch dann wurde er ernst. »Bleib in meiner Nähe, Flammenkatze.«
    Verwirrt sah sie ihn an, konnte ihn aber nicht mehr fragen, was er damit meinte. Ernan hatte sich inzwischen auf den Rücken eines Jern geschwungen und das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Seine Männer nahmen Morgwen, Cassim und Jornas – der es ebenfalls in den Sattel geschafft hatte – in ihre

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