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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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schmiegte sich fester in Morgwens Arm, ignorierte seine zornige Stimme, die in ihren Sinnen widerhallte. Mit einem Seufzen hieß sie die Dunkelheit willkommen, die jenseits der Kälte lag. – Und dann war da Feuer!

    … ein Wunder …
    … Eissturm so plötzlich nachgelassen …
    … Mädchen … müsste erfroren sein …
    … nur geschafft …
    Die Stimmen trieben durch das Nichts. Eine Ohrfeige riss ihren Kopf herum und verwandelte ihre Wange in Flammen. Sie kämpfte noch gegen die Benommenheit, als irgendjemand sie ein zweites Mal schlug. Karnan! Karnan, der sie gleich packen und in die Werkstatt hinunterschleifen würde. Karnan, der wie jeden Tag von ihr verlangen würde, dass sie für nicht mehr als ein paar Bissen Brot für ihn schuftete. Der Gedanke erschien ihr falsch. Ein raues Krächzen erklang. Etwas hatte ihre Glieder in Eis verwandelt, das nun in dieser seltsam schmerzhaften Wärme zu Wasser schmolz und verrann. Hände packten ihre Schultern, verhinderten, dass sie umsank. Ihr Kopf fiel in den Nacken. Warum konnte sie die Augen nicht öffnen? Ganz in der Nähe erklang ein leises Knistern und Prasseln. Sie wurde gegen etwas Weiches, Kaltes und zugleich Heißes gelehnt. Nässe sickerte zwischen ihren Brüsten abwärts. Härte drückte gegen ihren Mund. Eine Flüssigkeit schwemmte hinein, floss zu tief. Sie verschluckte sich, musste husten. Ihre Lider flatterten auf. Um sie her waren nur Schatten und Schlieren. Blau glitzernde Sterne aus Frost und Feuer, die über ihr schwebten. Die Härte war wieder an ihren Lippen. Becher! Die Flüssigkeit rann über sie, füllte ihren Mund. Heiß! Bitter! – Tee!
    Cassim schluckte. Mehr Tee. Sie schluckte wieder. Aus den Schatten wurden Gestalten, wurden Männer und Frauen. Die Schlieren verwandelten sich in von Holzrauch geschwärzte Balken, die Wände und Decken eines niedrigen Raumes trugen. Sie schaffte es, den Kopf leicht zu drehen. In einem Kamin prasselte
ein Feuer. Ein Stück entfernt lag eine zweite Gestalt. Männer und Frauen scharten sich auch um sie. Cassim versuchte, sich aufzurichten, wenigstens ein kleines Stück weit, damit sie erkennen konnte, wer dort unter Decken begraben lag.
    »Schscht, Flammenkatze! Langsam!« Morgwens Stimme direkt neben ihrem Ohr zu hören, entlockte ihr ein erleichtertes Schluchzen. Es war seine Schulter, an der sie lehnte, seine Arme hielten sie umschlungen; seine Hände setzten den Becher an ihre Lippen und brachten sie dazu, das bittere Gebräu zu schlucken. Er lebt! Es geht ihm gut!
    »Das nächste Mal tust du, was ich dir sage!« Kalt und zugleich angenehm warm strich sein Atem über ihren Hals. Zart wischte er ihr die Tränen von den Wangen. Obwohl sie nicht verstand, was er von ihr wollte, warum diese Anspannung in seiner Stimme war, nickte sie und kuschelte sich fester gegen seine Brust. Während sie noch in träger Zufriedenheit überlegte, was sie tun konnte, damit er sie für immer so hielt, war sie eingeschlafen.

    »Verschwinde, habe ich gesagt.«
    »Bitte, Herr, ich will doch nur meinen Mann …«
    »Dein Mann war nie hier, Weib. Schon gestern habe ich dir das gesagt. Niemand hat ihn gesehen.«
    Cassim blieb auf der Treppe stehen, als die Stimmen aus der Schankstube des kleinen Gasthauses zu ihr heraufdrangen. Am vergangenen Nachmittag war sie hier in Morgwens Armen zu sich gekommen, nachdem sie mit knapper Not dem Wüten des Eissturmes entronnen waren. Vor zwei Stunden war sie dann in einem Bett aufgewacht, mit nicht mehr als einer vagen Erinnerung daran, wie sie hineingekommen war. Das Schelten einer Frau und ein unwilliges Knurren Morgwens spielten darin
eine Rolle, sehr viel mehr wusste sie nicht. Nun, nach einem heißen Bad und einem üppigen Mahl, vertrieben ihre Lebensgeister allmählich die Erschöpfung aus ihren Gliedern. Es ging schon wieder auf den Abend zu.
    »Lasst mich nur einen Augenblick mit den Fremden reden. Vielleicht haben sie …« Abermals die Stimme der Frau. Ihr Ton war voller Verzweiflung.
    »Du wirst meine Gäste nicht mit deiner Bettelei belästigen.«
    »Ich bin keine Bettlerin, Herr. Bitte, habt Erbarmen! Nur einen Augenblick …«
    »Nein! – Und jetzt nimm dein Balg und pack dich, bevor ich die Hunde auf euch hetze!«
    Cassim vernahm einen schwachen Schmerzenslaut, dann Schritte über einem Schleifen, das von einem leisen Schluchzen begleitet wurde. Rasch stieg sie die restlichen Treppenstufen hinunter.
    Sie erreichte die Schankstube, als der Wirt gerade die Tür zuwarf.
    »Wer war

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