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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Morgwens Blick sich in den des Kriegers. »Deine Befehle interessieren mich nicht.« Kalte Böen fuhren durch die vereisten Taue, ließen sie knirschen.
    Der Mann schluckte hart, hielt Morgwen aber fest, als der sich an ihm vorbeischieben wollte. »Ihr bleibt an Bord!«
    Der stieß seine Hand fort. »Nein!« Die Flocken wirbelten dichter.
    Entsetzt beobachtete Cassim, wie die Krieger in der Nähe der Planke auf ein Zeichen hin ihre Schwerter zogen. »Bringt ihn unter Deck!« Der Befehl galt zwei Männern hinter Morgwen.
    »Wagt es nicht …« Das böse Glitzern in seinen Augen jagte Cassim einen Schauer über den Rücken. Einen Atemzug lang zögerten die Krieger, dann packten sie ihn und wollten ihn zum Niedergang schleppen. Heftig versuchte er, sich loszureißen. Der Wind zerrte fauchend an den gerefften Segeln. Die Griffe der Männer verstärkten sich, sie drehten ihm die Arme auf den Rücken. Reif kroch über das Deck, verwandelte den Boden unter ihren Füßen Planke für Planke in Weiß. Morgwens schmaler, blau glitzernder Blick streifte Cassim, verengte sich noch mehr. Sie konnte sehen, wie er hart die Kiefer zusammenpresste. Das weiße Wirbeln verwandelte sich in einen sanften Tanz. Die Krieger versuchten, ihn mit Gewalt vorwärtszuzwingen. Er grub einem der Männer den Absatz in den Spann. Sein zorniges Knurren mischte sich mit Cassims erschrockenem »Das könnt Ihr nicht tun! Wir sind keine …« Ihre Worte endeten in einem Schrei, als eine Faust Morgwen in den Leib traf und er sich vornüberkrümmte. Die Schneeflocken peitschten auf, legten sich kalt brennend auf die Haut. Mit einem wütenden Heulen
bäumte er sich erneut auf, fletschte die Zähne, warf sich gegen einen der Krieger, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der Mann fing sich mit einem Schritt nach rechts. Ein zweiter Schlag, diesmal in die Rippen. Der Wind rüttelte an Tauen und Spieren. Wieder begegneten Morgwens Aquamarinaugen Cassims grünen. Ein weiterer Hieb bohrte sich in seine Seite. Die schweren Flocken trafen mit einem Zischen auf das weiß bewachsene Holz. Seine Beine knickten ein. Aus der Takelage prasselte ein Hagel aus Eissplittern herab. Einige der Männer schrien vor Schmerz.
    »Aufhören!« Ihre Stimme klang auch in ihren eigenen Ohren schrill. Jemand hielt sie fest, verhinderte, dass sie ihm half. Jornas! Sie stieß ihm die Hände vor die Brust, krallte mit den Fingern nach seinem Gesicht. Überrascht löste er seinen Griff, taumelte rückwärts. Cassim hastete über das Deck, duckte sich unter den Armen der Männer hindurch, die sie aufhalten wollten, und erreichte Morgwen im selben Atemzug, in dem er unter einem neuerlichen Schlag in die Knie brach.
    »Aufhören!« Sie warf sich über ihn. Die Kälte, die von ihm ausging, verbrannte ihre Knochen zu Eis, trieb ihr Tränen in die Augen. Ein qualvoller Laut kam aus ihrer Kehle. Sie schlang ihm die Arme um Kopf und Schultern, wartete auf den nächsten Hieb, der nun unweigerlich sie treffen würde.
    »Hört auf, ihm wehzutun! Bitte! Hört auf!« Die Worte waren nur ein halblautes Stammeln.
    Morgwen erstarrte unter ihr, selbst seine harten Atemzüge gefroren. Das Zischen der Schneeflocken sank zu einem Wispern herab. Cassim drückte ihr Gesicht gegen seine Halsbeuge, klammerte sich fester an ihn. »Aufhören! Bitte! Aufhören!«
    Das wütende Fauchen des Windes in der Takelage verwehte. Sacht tanzten die weißen Flocken auf sie nieder, schmolzen zu dünnen Rinnsalen auf ihrer Haut, versickerten unter ihren Kleidern. Herzschlag für Herzschlag wich die Kälte aus ihren Adern.

    »Fesselt den Mann und schafft ihn unter Deck!« Cassim schloss die Augen.
    Schritte näherten sich. Sie krampfte die Finger in Morgwens Hemd, als Hände sie packten und wegzerren wollten.
    »Was bei den Feuern ist hier los?«
    Ernans Stimme hallte scharf über das Deck. Vor Erleichterung musste sie beinah schluchzen.
    »Er wollte das Schiff verlassen …«
    »Loslassen!«
    Von Murren begleitet, verschwanden die Hände. Cassim wagte es, den Kopf zu heben.
    »Aber … Eure Befehle, Hauptmann, Ihr sagtet …«
    »Dummkopf!« Der Blick, mit dem Ernan seinen Stellvertreter zum Schweigen brachte, war voll mühsam beherrschter Wut. »Weg von dem Mann!« Er kam auf sie zu, stieß die Krieger grob beiseite, die ihm im Weg standen. »Lasst mich Euch aufhelfen, Freund.«
    Morgwen übersah Ernans ausgestreckte Hand kalt und stemmte sich ohne Hilfe steif auf die Beine, ehe er Cassim ebenfalls von den Planken emporzog.

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