Der Spieler (German Edition)
starrten zu der rostigen Konstruktion hinauf, einem Gitterwerk aus Stahl und Beton, das ganz langsam im Wasser versank.
»Was meinen Sie, wie viel würde der Stahl einbringen?«, fragte Creo.
Lalji stopfte sich eine Handvoll Sonnenblumensamen Marke PestResis in die Wangen und zermalmte sie nach und nach zwischen den Zähnen. Die Hülsen spuckte er einzeln in den Fluss. »Nicht viel. Es würde zu viel Energie kosten, ihn rauszureißen und einzuschmelzen.« Er schüttelte den Kopf und spuckte eine weitere Hülse aus. »Eine Riesenverschwendung, so was aus Stahl zu bauen. Hätten sie besser Hartholz von Fast-Gen oder WeatherAll verwendet!«
»Eine so lange Brücke bekäme man damit nicht hin. Heute wäre ein solches Projekt unmöglich. Außer in Des Moines vielleicht. Ich hab gehört, dass sie dort Kohle verbrennen.«
»Und sie haben die ganze Nacht elektrisches Licht und Computer so groß wie ein Haus.« Lalji wedelte wegwerfend mit der Hand und vertäute das Boot. »Wer braucht heute schon so eine Brücke? Reine Verschwendung. Eine Fähre und ein Muli erfüllen denselben Zweck.« Er sprang ans Ufer und stieg die Stufen der Böschung hinauf. Creo folgte ihm.
Nachdem sie den steilen Hang überwunden hatten, sahen sie vor sich die Trümmer einer kleinen Siedlung liegen. Sie war in einer Zeit errichtet worden, als Benzin noch billig und es völlig normal gewesen war, in die Städte auf der anderen Seite des Flusses zu pendeln. Jetzt war sie dem Verfall preisgegeben. Eine Billigstadt, aus billigen Materialien gebaut, so flüchtig wie Wasser und bereitwillig im Stich gelassen, als diese Lebensweise zu teuer wurde.
»Verdammt, was ist denn das?«, murmelte Creo.
Lalji lächelte zynisch. Mit einer Kopfbewegung wies er auf die grünen Felder auf der anderen Seite des Flusses, wo bis zum Horizont alles von SoyPRO und HiGro bedeckt war. »Die Wiege der Zivilisation! AgriGen, Midwestern Growers Group, PurCal – alle haben sie Felder hier.«
»Tatsächlich? Finden Sie das aufregend?«
Lalji wandte sich um und betrachtete eine lange Reihe von Frachtern, die unter ihnen auf dem Wasser trieben. Auf diese Entfernung wirkten die Flussriesen geradezu winzig. »Wenn wir all diese Kalorien in Joule verwandeln könnten, ohne eine Spur zu hinterlassen, wären wir reiche Leute.«
»Träumen Sie weiter.« Creo atmete tief durch und reckte sich. Sein Rückgrat knackte, und er verzog das Gesicht. »Wenn ich so lange mit Ihrem Boot fahre, komme ich aus der Form. Ich hätte in New Orleans bleiben sollen.«
Lalji zog eine Augenbraue hoch. »Du solltest froh sein, so bequem reisen zu können!« Er deutete über den Fluss. »Irgendwo dort drüben, vielleicht auf genau diesen Feldern, hat AgriGen SoyPRO kreiert. Und alle dachten, was sind das doch für großartige Leute.« Er runzelte die Stirn. »Und dann ist der Rüsselkäfer aufgetaucht, und plötzlich gab es nichts anderes mehr zu essen.«
Creo verzog das Gesicht. »An diese Verschwörungstheorien glaube ich nicht.«
»Als das passierte, warst du ja noch nicht mal geboren.« Lalji drehte sich um und machte sich auf den Weg zu den verfallenen Häusern. »SoyPRO ist eine Monokultur. PurCal ist eine Monokultur. Genfledderer produzieren Monokulturen.«
»Ganz wie Sie meinen, Lalji.«
Lalji sah Creo rasch an – wollte der Kerl sich wirklich mit ihm anlegen? Aber Creo ließ den Blick über die Trümmer schweifen, und Lalji beließ es dabei. Er fing an, die Straßen zu zählen, der Wegbeschreibung folgend, die er sich eingeprägt hatte.
Die Straßen waren alle lächerlich breit und völlig gleichförmig – hier hätte man ganze Herden von Megodonten entlangtreiben können! Mindestens zwanzig Rikschas hätten hier nebeneinander fahren können, und dabei war das nur eine Vorortsiedlung gewesen. Wenn Lalji sich vorstellte, in welchem Maßstab die Leute früher gedacht hatten, wurde ihm schwindlig.
Ein paar Kinder beobachteten sie aus dem Eingang eines eingestürzten Gebäudes heraus. Die Hälfte des Gebälks war entfernt worden, und die andere Hälfte erhob sich aus dem Fundament wie ein Skelett, von dem das Fleisch abgenagt worden war.
Creo zeigte den Kindern seine Federpistole, und sie rannten davon. Wütend starrte er ihnen nach. »Was zum Teufel suchen wir eigentlich? Hat Ihnen jemand erzählt, dass hier irgendwelche Antiquitäten rumliegen?«
Lalji zuckte mit den Achseln.
»Also wirklich! Ich werd das Zeug in ein paar Minuten eh durch die Gegend schleppen. Was soll also die
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