Der Spieler (German Edition)
»Sind alle Federn aufgezogen?«
Lalji nickte.
Creo nahm die Feder und stieg die schmale Bootstreppe in den Antriebsraum hinunter. Nachdem er sie in das Getriebe eingesetzt hatte, kehrte er zurück und sagte: »Ihre Federn taugen nichts, alle miteinander. Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie nicht größere mitgenommen haben. Wenn sie aufgezogen sind, halten sie gerade mal zwanzig Stunden. Mit ein paar von den großen hätten Sie es ohne Unterbrechung bis hierher schaffen können.«
Lalji machte ein finsteres Gesicht und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Wachmann, der noch immer oben am Ufer stand und zu ihnen herunter schaute. »Und was würde die MidWestern Authority dann sehen, während wir flussaufwärts fahren?«, fragte er leise. »Die Kontrolleure fragen sich eh schon, was wir so weit im Norden verloren haben. Wenn sie das nächste Mal das Boot durchsuchen und die großen Federn entdecken, was dann? Dann wundern sie sich, woher wir die vielen Joule haben. Und was wir hier oben treiben.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein. So ist es besser. Kleines Boot, kurze Strecken. Wer kümmert sich schon um Lalji und seinen dummen blonden Diener? Niemand. Nein, so ist es besser.«
»Sie waren schon immer ein Geizkragen!«
Lalji sah Creo von oben bis unten an. »Du kannst von Glück reden, dass es nicht mehr wie vor vierzig Jahren ist. Da würdest du jetzt den Fluss hinaufpaddeln, anstatt faul auf dem Rücken zu liegen und die schicken Spannfedern die Arbeit machen zu lassen. Und du könntest zeigen, wozu deine ganzen Muskeln gut sind.«
»Von wegen Glück! Am liebsten hätte ich während der Expansion gelebt, als es noch Benzin gab.«
Lalji wollte etwas entgegnen, aber ein Kontrollboot raste vorbei und schnitt eine tiefe Schneise ins Wasser. Creo wollte zu der Kiste stürzen, in der sie ihre Federpistolen versteckt hatten, aber Lalji konnte ihn gerade noch rechtzeitig daran hindern. »Die sind nicht hinter uns her!«
Creo starrte Lalji einen Moment lang verständnislos an. Dann entspannte er sich und wandte sich ab. Das Kontrollboot setzte seinen Weg den Fluss hinauf fort. Die Hälfte seiner Nutzlast wurde von gewaltigen Präzisionsspannfedern in Anspruch genommen und von den gespeicherten Joule, welche die Moleküle langsam freigaben. Laljis Nadelboot wurde von der Heckwelle hin- und hergeworfen. Lalji hielt sich an der Reling fest, während das Kontrollboot immer kleiner wurde und schließlich hinter einem Frachtkahn verschwand.
Creo blickte dem Boot wütend nach. »Mit denen wäre ich schon fertig geworden.«
Lalji atmete tief durch. »Die hätten uns umgebracht.« Er schaute zum Ufer hinauf, um zu sehen, ob dem Kontrolleur ihr seltsames Verhalten aufgefallen war, konnte ihn jedoch nirgendwo entdecken. Lautlos sprach er ein Dankgebet an Ganesha.
»Ich kann die einfach nicht leiden«, beschwerte sich Creo. »Die sind wie die Ameisen. Vierzehn waren es an der letzten Schleuse. Dann der da oben auf dem Hügel. Und jetzt noch das Boot.«
»Was hast du erwartet? Wir sind mitten im Kalorienanbaugebiet!«
»Verdienen Sie mit dieser Tour eigentlich viel Geld?«
»Was geht dich das an?«
»Früher sind Sie keine solchen Risiken eingegangen.« Creo machte eine Geste, die das Dorf, die bebauten Felder, den schlammigen Fluss und die großen Frachtschiffe umfasste. »Niemand fährt so weit flussaufwärts.«
»Ich verdiene genug Geld, um dich zu bezahlen. Mehr braucht dich nicht zu kümmern. Jetzt geh die übrigen Federn holen. Wenn du zu viel denkst, bringt dein Gehirn nur Stuss zustande.«
Creo schüttelte zweifelnd den Kopf, sprang aber gehorsam auf den Kai und marschierte in Richtung Dorf. Lalji wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Fluss zu und holte tief Luft.
Das mit dem Kontrollboot war gerade noch mal gut gegangen. Creo war viel zu sehr erpicht darauf, sich in einen Kampf zu stürzen. Sie hatten wirklich Glück gehabt, dass die Federpistolen der Kontrolleure sie nicht zu Hackfleisch verarbeitet hatten. Müde schüttelte er den Kopf – war er jemals ein solcher Draufgänger gewesen wie Creo? Wohl eher nicht. Nicht einmal als Junge. Vielleicht hatte Shriram recht. Creo mochte zuverlässig sein, aber er war auch gefährlich.
Eine Reihe von Frachtern, die Weizen von TotalNutrient geladen hatten, glitt vorbei. Die glücklichen Getreidegarben, die das Logo einrahmten, versprachen »Eine gesunde Zukunft« und außerdem den Vitamin B-Komplex und Schweineprotein. Ein weiteres Kontrollboot
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