Der Spieler (German Edition)
Spezies kreiert, und unsere Singvogelpopulation verschwindet fast genauso schnell. Ein fast vollkommenes Raubtier, aber was noch wichtiger ist: eines, das sich rasend schnell ausbreitet.
Bei SoyPRO oder U-Tex mögen die Kalorienkonzerne die Pflanzen patentieren und Lizenzkontrolleure und sensibilisierte Hunde einsetzen, um ihr Eigentum aufzuspüren, aber auf diese Art und Weise kann man nicht alle Ländereien überwachen. Viel effektiver ist, dass die Samen steril sind – eine verschlossene Box. Hin und wieder mag etwas gestohlen werden, wie Sie und Lalji das praktizieren, aber letztlich sind Sie nicht mehr als ein kleiner Kostenfaktor in einer Bilanz, die massive Gewinne aufweist, weil niemand außer den Kalorienkonzernen die Pflanzen anbauen kann. Aber was würde passieren, wenn wir SoyPRO ein anderes Merkmal unterjubeln würden, heimlich, still und leise, wie ein Mann, der mit der Frau seines besten Freundes ins Bett steigt?«
Mit ausladender Geste deutete er auf die Felder, die das Ufer des Flusses säumten. »Was wäre, wenn jemand Pollen ausbringt, die sich heimlich mit den Kronjuwelen auf all den Feldern kreuzen? Und zwar bevor die Kalorienkonzerne die daraus gewonnenen Samen ernten und an Bord ihrer mächtigen Klipperflotten in die Welt hinaus transportieren; bevor die lizenzierten Händler die patentierten Getreidesamen an ihre Kunden ausliefern. Was für Merkmale hätten diese Samen dann?«
Bowman begann, an seinen Fingern abzuzählen. »Resistent gegen Rüsselkäfer und Kräuselkrankheit, ja. Hoher Kaloriengehalt, ja, natürlich. Genetisch unterscheidbar und deshalb nicht patentierbar?« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Vielleicht. Aber vor allem fortpflanzungsfähig. Unglaublich fruchtbar! Mit einem gewaltigen Vermehrungspotenzial.« Er blickte mit leuchtenden Augen in die Runde. »Stellen Sie sich das mal vor! Samen, die über die ganze Welt verteilt werden, und zwar von genau den Betrügern, die ihr Geheimnis nicht aus der Hand geben wollten – Samen, die es nach Fortpflanzung gelüstet und danach, selbst massenhaft Nachkommen zu produzieren, die mit denselben Pollen vollgestopft sind, die die Kronjuwelen überhaupt erst verseucht haben!« Er klatschte in die Hände. »Ach, was wäre das für eine Infektion! Und wie schnell würde sie sich verbreiten!«
Creo starrte ihn an, sichtlich zwischen Entsetzen und Begeisterung hin und her gerissen. »Und das können Sie tun?«
Bowman lachte und klatschte erneut in die Hände. »Ich werde der nächste Johnny Appleseed sein.«
Lalji schreckte aus dem Schlaf. Der Fluss um ihn herum lag in fast völliger Finsternis. Auf Getreidefrachtern leuchteten, angetrieben von der Strömung, die an ihrem plumpen Rumpf zerrte, ein paar Aufzieh-LED-Lampen. Wellen plätscherten gegen das Nadelboot, schlugen an das Ufer, an dem sie festgemacht hatten. Seine Begleiter lagen, in Decken eingewickelt, neben ihm auf dem Deck.
Warum war er aufgewacht? Aus der Ferne hallte Hahnengeschrei zu ihm herüber. Ein Hund bellte. Lalji schloss die Augen und lauschte auf das sanfte Wogen des Flusses, die Geräusche des fernen Dorfes. Wenn er seine Einbildungskraft bemühte, konnte er sich fast vorstellen, er läge, weit fort, in einem ganz anderen Dorf – einem Dorf, das es wahrscheinlich gar nicht mehr gab.
Warum war er wach? Er öffnete die Augen und setzte sich auf. Angestrengt starrte er in die Dunkelheit. Auf dem schwarzen Fluss zeichnete sich ein Schatten ab, ein kaum wahrnehmbarer Fleck, der sich langsam bewegte.
Lalji legte Bowman die Hand auf den Mund und schüttelte ihn. »Verstecken Sie sich!«, flüsterte er.
Lichtkegel glitten über sie hinweg. Bowman riss die Augen auf. Er befreite sich von seinen Decken und kroch in Richtung Laderaum. Lalji zog Bowmans Decken zu sich heran, um die Anzahl der Schlafenden zu verschleiern. Weitere Lichter blitzten auf und nagelten sie fest wie Insekten auf einem Sammelbrett.
Das Kontrollboot verzichtete jetzt auf jegliche Heimlichtuerei, entriegelte seine Federn und kam herangerauscht. Mit Wucht krachte es gegen das Nadelboot und drückte es gegen das Ufer. Männer stürmten an Bord. Es waren drei, und mit ihnen kamen zwei Hunde.
»Alle schön ruhig bleiben! Wir wollen eure Hände sehen!«
Das grelle Licht von Handlampen glitt über das Deck. Creo und Tazi streiften ihre Decken ab und standen auf. Die Suchhunde knurrten und warfen sich gegen ihre Leinen. Creo wich vor ihnen zurück, die Hände abwehrend
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